ÖSTERREICH-Interview
Hannes Androsch für höhere Massensteuern
01.03.2010
Der Ex-Finanzminister will das Budget über höhere Massensteuern und harte Sparpakete sanieren – Reichensteuer seien da nur Symbole.
ÖSTERREICH: Kann das Budget nur durch Sparen saniert werden
oder braucht es neue Steuern?
Hannes Androsch: Die Regierung
braucht angesichts der steigenden
Arbeitslosigkeit einen Hochseilakt: Man muss gleichzeitig bei den
Investitionen Gas geben und bei den Ausgaben voll bremsen. Es geht vor allem
um massive Einsparungen: Wir haben viel zu viele Spitalsbetten,
Schein-Invalide in Frühpension und eine Hackler-Rente, die Milliarden
kostet, obwohl die wenigsten der Bezieher Hackler sind.
ÖSTERREICH: Also sind Sie für Sparen statt neue Steuern?
Androsch:
Der Sozialstaat hält es nicht mehr aus, wenn man den legalisierten
Missbrauch so weiter führt wie bisher. Und eine Steuerquote von 43 Prozent
ist im Vergleich zur Schweiz mit 30 Prozent wirklich extrem hoch.
ÖSTERREICH: Wäre eine Bankensteuer nicht gerecht?
Androsch:
Das ist schon der nächste Hochseilakt: Die Banken haben sich nicht gerade
mit Ruhm bekleckert. Aber wir wollen, dass sie weiter Kredite vergeben und
ihr Eigenkapital stärken. Was bleibt dann noch, was sich zu besteuern lohnt?
ÖSTERREICH: Wirklich viel Geld würden höhere
Sprit-Steuern bringen. Wäre das sozial ungerecht?
Androsch:
Verteilungsgerechtigkeit entsteht über die Transferleistungen, nicht über
die Steuern. 20 Cent weniger Mineralölsteuer als in Deutschland sind nicht
einzusehen. Das gilt es zu korrigieren. Dazu ist eine CO2-Steuer in Erwägung
zu ziehen. In einem Land der Masseneinkommen haben eben nur Massensteuern
einen echten Einnahmeeffekt.
ÖSTERREICH: Das sehen viele in der SPÖ anders – sie sind für
Reichensteuern.
Androsch: Die haben nur in einem Land Sinn,
wo viele reich sind. Symbolisch verstehe ich das, fiskalisch bringt es
wenig, außer der Gefahr, dass die Wohlhabenden schnell nach Bratislava
übersiedeln.
ÖSTERREICH: Bleibt also nur eine höhere Mehrwertsteuer?
Androsch:
Das brächte rasch viel Geld und könnte durch höhere Sozialtransfers für
sozial Schwache gemildert werden. Aber mir geht es vor allem um Einsparungen.
ÖSTERREICH: Wo sollen diese stattfinden?
Androsch:
Das ist das größte Problem. Wir reden uns leicht, die Regierung kämpft da
mit schwersten Blockaden durch Funktionäre. Spitäler, Krankenkassen,
organisierter Pensionsmissbrauch – da muss die Koalition rein. Interview: