Skinhead-Doku im ORF
Harte SPÖ-Kritik an Bandion-Ortner
15.04.2010
Justizsprecher Jarolim ortet eine "bedenkliche Schieflage der Justiz".
Die SPÖ hat im Zusammenhang mit den gerichtlichen Ermittlungen zur "Am Schauplatz "-Reportage über jugendliche Skinheads scharfe Kritik an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) geübt. Justizsprecher Hannes Jarolim sprach am Donnerstag auf einer Pressekonferenz von einer "bedenklichen Schieflage im Vorgehen der Justiz". Während etwa einerseits Ermittlungen nur schleppend vorangehen würden - etwa bei einer Reihe von Wirtschaftsverfahren -, ortet Jarolim beim Vorgehen der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt im Fall der ORF-Skinhead-Reportage "ein massives Problem der Wahrung bestehender Grundrechte" und sieht das Redaktionsgeheimnis in Gefahr.
Ermittlungen
Der SP-Justizsprecher stößt sich daran, dass die
Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt "aufgrund eines behaupteten Vorfalls"
überhaupt ermittelt. Auch die geforderte Herausgabe des gesamten
Bandmaterials des ORF lehnt Jarolim mit Verweis auf das Redaktionsgeheimnis
strikt ab. Denn jenes Bandmaterial, welches die Szenen während der
öffentlichen Veranstaltung in Wiener Neustadt zeigt, sei der
Staatsanwaltschaft ohnehin bereits übergeben worden. Das weitere
Bandmaterial - welches laut Jarolim nicht im öffentlichen Raum gedreht
worden ist - sei "richtigerweise nach dem bestehenden Redaktionsgeheimnis"
nicht übergeben worden und sollte auch nicht übergeben werden.
"Desinteresse"
Hier sieht der Justizsprecher die
Ministerin gefordert einzugreifen, diese sei aber "desinteressiert".
Bandion-Ortner habe dafür zu sorgen, dass in allen Fällen nach "gleichen
Maßgaben" vorgegangen werde. Der Schutz der Journalisten und deren
Informanten sei sicherzustellen.
Wirtschaftsfälle
Gefordert sieht er Bandion-Ortner aber auch
in einer Reihe von Wirtschaftsfällen. Konkret nannte Jarolim die "Causa
Meinl", Buwog-Immofinanz sowie die "Causen Mag. Grasser", in welchen in
"völlig unnachvollziehbarer Weise" bis dato noch keine Öffnung von
Bankkonten durchgeführt worden sei. Ebenfalls genannt wurden von Jarolim die
Fälle Mensdorff-Poully und Hypo Alpe Adria. Gerade wenn man in Betracht
ziehe, wie "tough" die Ex-Richterin im BAWAG-Verfahren vorgegangen sei, so
verstehe man ihre Zurückhaltung in den genannten Fällen nicht. Es sei
jedenfalls unvertretbar, wenn Bandion-Ortner meint, sich nicht in die Justiz
einmischen zu wollen. "Es ist nämlich ihre Verpflichtung, dass sie sicher
stellt, dass die Staatsanwaltschaft nach den gleichen Grundlagen vorgeht".
Den Fall der Skinhead-Reportage will Jarolim zum Anlass nehmen, über einen Ausbau des Redaktionsgeheimnis zu diskutieren. Die SPÖ will daher eine Experten-Kommission einberufen, die sich mit dieser Frage befassen soll. Die Ermittlungen selbst will der Justizsprecher an die StA Wien übertragen, "weil wir von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wissen, dass hier mit einer Vehemenz vorgegangen wird, die nicht nachvollziehbar ist", so Jarolim. Einmal mehr wiederholte er auch die SP-Forderung nach Einrichtung eines unabhängigen Bundesstaatsanwaltes.
Skinhead-Doku
FPÖ-Chef Heinz Christian Strache wirft dem ORF vor,
für die "Am Schauplatz"-Reportage "Am
rechten Rand " "bezahlte Nazi-Statisten" zu einer FPÖ-Veranstaltung nach
Wiener Neustadt mitgenommen zu haben. Er will dort auch gehört haben, wie
Redakteur Eduard Moschitz die zwei Rechtsradikalen dazu angestiftet habe,
neonazistische Parolen zu rufen. Beweise gibt es für diese Behauptung bis
dato nicht, auch auf dem vom ORF veröffentlichten Rohmaterial lassen sich
die Anschuldigungen nicht nachvollziehen. Der ORF hat die Vorwürfe
wiederholt zurückgewiesen. Die Kassette mit dem Rohmaterial der Aufnahmen
ist von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden, die Herausgabe anderer
Bänder aus den mehrwöchigen Dreharbeiten mit den Skinheads lehnt der ORF mit
Verweis auf das Redaktionsgeheimnis ab.