Eurofighter-Skandal
Heer: Zwei Notlandungen verheimlicht
17.02.2010
Sowohl im Mai als auch im Oktober 2009 gab es dramatische Notlandungen der Eurofighter. Das Heer vertuschte beide Vorfälle – bis jetzt.
Im Bundesheer gibt man sich – noch – betont cool. „Es war reine Routine, praktisch gar nichts ist passiert“, meint etwa Gerhard Schweiger vom Militärkommando Steiermark. In seinem Wirkungsbereich, genauer: am Flughafen Zeltweg, sorgen aber gleich zwei dramatische Vorfälle mit Eurofightern binnen weniger Monate für internen Wirbel.
Top-Gun-Notlandung wie auf einem Flugzeugträger
Wie das
Bundesheer erst jetzt zugibt, waren die Vorfälle nämlich alles andere als
„cool“. Im Mai und im Oktober 2009 gab es zwei Mal Großalarm am Flughafen
Zeltweg. Und beide Male war es der gleiche Vorfall. Während Routineflügen
blinkten im Cockpit der Jäger die Alarmlämpchen: Ausfahrbarkeit des
Tragwerks ist „questionable“ – zweifelhaft. Der Experte für militärische
Luftfahrt Georg Mader, selbst mehrfach als Copilot im Eurofighter
mitgeflogen, erklärt, was dann passiert: „Es läuft eine genau vorgegebene
Routine ab – der Flug wird abgebrochen, es wird eine Notlandung vorbereitet.“
Dabei wird wie bei Landungen auf Flugzeugträgern die „Turkey Feather“, ein Landehaken an einem Seil, ausgefahren. „Das Seil dieses Landehakens, der übrigens optimal funktioniert hat, hat beim Abbremsen mehrfach ausgeschlagen – und dabei den Nachbrenner beschädigt“, bestätigt Schweiger.
Skandal: Heer verschweigt gleich zwei Fast-Abstürze
Auf die
ÖSTERREICH-Frage, warum dann beide Fast-Abstürze der Öffentlichkeit
verheimlicht wurden, haben Heer und Experte zwei völlig unterschiedliche
Antworten parat: Gerhard Schweiger sagt hoch offiziell, dass „sich in beiden
Fällen zeigte, dass die Kontrollsysteme des Fliegers einen Fehlalarm
auslösten. Passiert ist nichts, weil die Schäden an den Nachbrennern einfach
zu beheben waren.“
Experte Mader wiederum nennt das Kind beim Namen: „Es gibt in der Öffentlichkeit ohnehin schon so viel Kritik daran, dass nur mehr fünf von 15 gekauften Fliegern einsatzfähig sind, dass man sich offenbar nicht getraut hat, das zu vermelden. In anderen Ländern hätte man sich für die reibungslos ablaufende Notfall-Routine medial selbst bejubelt. Hierzulande wollte man wohl lieber schweigen.“
Mader, an sich Anhänger einer effektiven Luftraumverteidigung durch Abfangjäger, entwickelte sich mittlerweile zu einem der fundiertesten Kritiker des Eurofighter-Deals. Jetzt sagt er: „Schuld am Chaos ist die Politik, die sich etwa Millionen dafür verrechnen ließ, dass Tausende Zeilen Software gelöscht werden mussten, weil wir scheinbar billigere, aber notgedrungen schlechtere Eurofighter kauften. Und die Herstellerfirma, die bei Ersatzteilen lahmarschig agiert – und monatelang nicht auf Bestellungen antwortet.“
Groß-Aufstand gegen Darabos
Unfälle, desolate Kasernen und
Probleme bei Eurofightern sorgen jetzt für zunehmend heftigere Kritik an
Minister Norbert Darabos.
- Die 2004 beschlossene Heeresreform ist nur lückenhaft umgesetzt worden, zeigt jetzt der Entwurf eines Berichts des zuständigen Evaluierungsbeirats. Von 120 Empfehlungen sind bisher nur 12 umgesetzt.
- Auch die Offiziere machen nun ihren Unmut lauthals Gehör: Nachdem Generalstabschef Edmund Entacher am Freitag in einem offenen Brief die Kritik am Zustand des Bundesheers zurückgewiesen hatte, wurden jetzt neuerlich Unfreundlichkeiten ausgetauscht. Die Offiziersgesellschaft, die in letzter Zeit immer wieder Missstände angeprangert hatte, bekräftigte in einem offenen Brief ihren Standpunkt und wies dessen diesbezügliche Rüge zurück.
- Und die Opposition will jetzt die Einberufung des nationalen Sicherheitsrates. Vorsitzender Peter Fichtenbauer (FP) und Grüne-Sicherheitssprecher Peter Pilz fordern Aufklärung über den „Schrottplatz Bundesheer“.