Alle drei Oppositionsparteien sind gegen die Erhöhung der Geschwindigkeit.
Ab nächsten Mittwoch darf auf zwei Testabschnitten auf der Westautobahn (A1) in Nieder- und Österreich 140 km/h gefahren werden. Kritik am Pilotprojekt des Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ), das am 1. August startet, gab es am Dienstag von allen drei Oppositionsparteien und auch den oberösterreichischen Grünen. Der ÖAMTC kann sich eine Anhebung des Limits prinzipiell vorstellen.
"Tempo 140 schadet der Umwelt und ist eine Gefahr für die Verkehrsteilnehmer", kritisierte Hofers Vorgänger Jörg Leichtfried (SPÖ). "Bei Tempo 140 ist mit 20 Prozent mehr Schadstoffemissionen als bei Tempo 130 zu rechnen. Vergleicht man den Schadstoffausstoß mit Tempo 100, erhöhen sich die Emissionen sogar um 50 Prozent", rechnete der ehemalige Verkehrsminister in einer Aussendung vor. Schnellfahren würde außerdem "kaum Zeitersparnis" bringen, dafür aber eine "viel größere Unfallgefahr", warnte der SPÖ-Nationalratsabgeordnete. Leidtragende seien aufgrund der höheren Lärmbelästigung die Anrainer.
"Noch schneller in den Klimakollaps"
"Österreich hat einen Verkehrsminister, der sich nicht um die Sicherheit im Verkehr kümmert und eine Umweltministerin, die sich nicht um die Umwelt schert", kritisierte der Klubobmann der Liste Pilz, Bruno Rossmann. "Es liegt ja wohl klar auf der Hand, dass ein höheres Tempo auch einen höheren Schadstoff-Ausstoß bedeutet. Wir rasen also mit Tempo 140 noch schneller in den Klimakollaps." Auch er betonte, dass neben der Umweltbelastung auch Spritverbrauch, Lärmpegel und Unfallrisiko steigen. Rossmann sieht im Pilotprojekt ein "populistisches Ablenkmanöver" der Regierung.
"Puren Populismus" konstatierte auch der Verkehrssprecher der oberösterreichischen Grünen, Severin Mayr. "Eine Maßnahme, die kaum Zeit, aber mehr Umweltbelastung bringt. Mit dieser Retropolitik will Hofer offenbar von den wirklichen Problemen in der Verkehrspolitik ablenken. Mit mehr Gas auf der Autobahn sind diese sicher nicht zu lösen", sagte Mayr in einer Aussendung. Wenn der Minister etwas beschleunigen solle, "dann den Öffi-Ausbau", forderte er.
Die NEOS kritisierten in einer Aussendung, dass Tempo 140 den Steuerzahlern teuer zu stehen komme. Denn es bringe "zusätzliche Emissionen und macht zusätzliche Klimainvestitionen notwendig", meinte Umweltsprecher Michael Bernhard. "Der Verkehrsminister greift hier die Lebensqualität der Österreicherinnen und Österreicher an und schämt sich nicht einmal dafür. Haltung sieht anders aus."
ÖAMTC nicht abgeneigt
Dem künftigen Tempo 140 nicht abgeneigt ist der ÖAMTC. Immerhin entspreche das höhere Limit dem Wunsch der Österreicher, wie auch eine Umfrage im Jänner ergab. Der Mobilitätsclub ist auf die Ergebnisse des Pilotprojekts, das ein Jahr dauern soll, jedenfalls "gespannt". "Der seinerzeitige 160 km/h-Versuch hat gezeigt, dass die Rechtsfahrordnung besser eingehalten wird und die Unfallzahlen sogar etwas zurückgegangen sind", erinnerte Chefjurist Martin Hoffer an die 160er-Teststrecke des FPÖ-Verkehrsministers Hubert Gorbach 2006 in Kärnten. "Das deutet mitunter auf ein höheres Gefahrenbewusstsein hin."
Prinzipiell kann sich der ÖAMTC eine Anhebung des Tempolimits vorstellen, hätte das aber lieber mit einer elektronisch angezeigten Flexibilisierung von Geschwindigkeitsbeschränkungen, also via Überkopfanzeige. So war das Projekt auch ursprünglich angekündigt gewesen. Mit den Überkopfanzeigen kann das Tempolimit bei ungünstigen Verkehrs- oder Witterungsverhältnissen gesenkt werden.