RWE neuer Dienstherr
Heftige Kritik an Schüssels Atom-Job
24.02.2010
Wolfgang Schüssel soll RWE-Aufsichtsrat werden. Jetzt hagelt's Kritik. Der Energieriese produziert Atomstrom. Vor allem die Grünen gehen auf die Barrikaden.
Ex-Bundeskanzler und aktueller Nationalratsabgeordneter Wolfgang Schüssel (V) zieht in den Aufsichtsrat des deutschen Energieriesen RWE ein. Er soll in der nächsten Hauptversammlung am 22. April zur Wahl vorgeschlagen werden, so er Essener Konzern.
Schüssel solle zunächst aber gerichtlich in das Kontrollgremium bestellt werden. Dort ersetzt der in der Europäischen Union bestens verdrahtete Politiker den ehemaligen WestLB-Chef Thomas Fischer, der sich zum 31. Jänner 2010 aus dem RWE-Aufsichtsrat verabschiedet hat. Fischer hatte anhaltende Indiskretionen im Aufsichtsrat beklagt.
Luxus-Gagen
Die Gagen der RWE-Aufsichtsräte können sich sehen
lassen: Insgesamt erhielten die 20 Mitglieder des Kontrollgremiums 2008 4,2
Mio. Euro. Aufsichtsratsvorsitzender Ex-WestLB-Chef Thomas R. Fischer, der
den Aufsichtsrat per Ende Jänner 2010 verlassen hat, kam auf 417.000 Euro,
davon waren 120.000 Euro fix.
Der stellvertretende Vorsitzende Franz Bsirske kam auf 278.000 Euro, davon 80.000 fix. Ein einfaches Aufsichtsratsmitglied erhält eine Festvergütung von 40.000 Euro im Jahr, mit variablen Anteilen und Ausschussvergütungen können es bis zu 218.000 Euro werden. Allerdings verdient auch der Vorstandsvorsitzende mehr als in Österreich für solche Posten üblich: Jürgen Großmann kam 2008 auf rund 9 Mio. Euro. Ein Verbund-Aufsichtsrat erhält im Durchschnitt 22.400 Euro im Jahr.
Jetzt hagelt's Kritik
Heftige Kritik am neuen Job bei dem
Energie-Riesen RWE kommt von den Grünen und dem Anti-Atom-Beauftragten des
Landes Oberösterreich. "Diese Besetzung beweist wieder einmal,
warum wir in Österreich immer noch vergeblich auf eine Wende in der
Energiepolitik hin zu Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Green Jobs
warten: Die Verquickungen zwischen ÖVP und der fossilen und atomaren
Energiewirtschaft sind einfach zu eng", kritisiert die Umweltsprecherin
der Grünen, Christiane Brunner, in einer Aussendung.
"Schaden für Österreich"
Mit dem Einzug von
Schüssel in den RWE-Aufsichtsrat drohe ein schwerer Schaden für die
Glaubwürdigkeit der österreichischen Anti-Atom-Politik, so Radko Pavlovec,
Anti-Atom-Beauftragter des Landes Oberösterreich. Schüssel trage nämlich die
Hauptverantwortung für die bisher gescheiterte Beseitigung von
schwerwiegenden Sicherheitsmängeln des AKW Temelin.
"Es ist unvorstellbar, dass ein hochrangiger österreichischer Politiker einen Aufsichtsratsposten in einem führenden Atomkonzern annimmt, dessen Aktivitäten sich gegen die Sicherheitsinteressen der österreichischen Bevölkerung richten", so Pavlovec. Schüssel sollte sein Engagement im Interesse der Glaubwürdigkeit der österreichischen Anti-Atom-Politik dringend überdenken und auf diesen lukrativen Posten verzichten, fordert der Anti-Atom-Beauftragte.
RWE erzielte 2008 mit rund 66.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 49 Mrd. Euro und einen Gewinn von 2,6 Mrd. Euro. In Deutschland ist der Energiekonzern mit Sitz in Essen nach eigenen Angaben die Nummer zwei am Markt bei Strom und die Nummer drei bei Gas. In Europa ist man den Angaben zufolge bei Strom die Nummer drei und bei Gas die Nummer sechs. Bei der Stromerzeugung liegt RWE in Europa an zweiter Stelle, hinter der französischen EdF und knapp vor der italienischen Enel und der deutschen E.ON. Beim Stromverkauf führt E.ON vor EdF und RWE. |