Die Misstrauensanträge der Opposition lehnte die ÖVP erwartungsgemäß ab.
Neben der Opposition hat am Freitag auch Koalitionspartner ÖVP ordentlich gegen Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) vom Leder gezogen. Der als Erstredner vorgeschickte Wehrsprecher Norbert Kapeller attestierte dem SP-Minister eine "unseriöse Vorgangsweise" und warf ihm vor, mit der Wehrpflicht auch die Neutralität abschaffen zu wollen und den Katastrophenschutz zu gefährden. "Persönlich haben Sie Ihr Vertrauen bei mir verwirkt", wetterte Kapeller.
"Sozialer Sprengstoff"
"Die Welt gerät aus den Fugen und Sie, Herr Bundesminister, entwaffnen unser Bundesheer", kritisierte Kapeller: "Sie verunsichern Ihre Soldaten und brüskieren Ihre Offiziere." Außerdem warf der VP-Abgeordnete dem Verteidigungsminister vor, die Militärkommanden abschaffen zu wollen ("Generalangriff auf den Föderalismus") und mit den geplanten Kasernenschließungen "sozialen Sprengstoff" zu legen. Abschließend forderte Kapeller von Darabos eine Rückkehr zur "seriösen Debatte".
Misstrauensanträge abgelehnt
Die Misstrauensanträge von FPÖ und Grünen gegen Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) sowie jener des BZÖ gegen die gesamte Regierung sind am Freitagnachmittag hingegen erwartungsgemäß abgelehnt worden. Die ÖVP stimmte - fast - geschlossen gegen die Oppositions-Initiativen. Seinen Unmut über Darabos demonstrierte der ÖVP-Abgeordnete Peter Michael Ikrath, der unmittelbar vor der Abstimmung über den blauen Antrag aufsprang und flugs den Sitzungssaal verließ, nur um wenige Sekunden nach dem Votum wieder zu seinem Platz zurückzukehren.
Somit wurden die drei Misstrauensanträge lediglich von den drei Oppositionsparteien unterstützt und scheiterten. Auch der Dringliche Antrag der Grünen auf Abhaltung einer Volksbefragung über die Wehrpflicht blieb mit den Stimmen von Blauen, Orangen und Grünen in der Minderheit.
Strache verteidigt Wehrpflicht
Zur Verteidigung der Wehrpflicht ausgerückt ist auch FP-Obmann Heinz-Christian Strache, der scharfe Kritik an SPÖ und Grünen übte. "Sie wollen, nachdem Sie schon die Familien kaputt gemacht haben, in unserem Land, nachdem Sie das Bildungssystem kaputt gemacht haben, jetzt auch das Bundesheer kaputt machen", schimpfte der FP-Klubchef. Als "Frechheit" wertet er die Behauptung, Grundwehrdiener würden nur sinnlose Tätigkeiten verrichten, gebe es doch auch Sanitäter und Krankenpfleger beim Bundesheer.
Den Verteidigungsminister verglich Strache mit einem um sich schlagenden Ertrinkenden. "Sie sind ein Sicherheitsrisiko für unser Land und auch eine Schande für das österreichische Bundesheer", so Strache: "Sie sollten von sich aus das Prinzip Freiwilligkeit erfüllen und freiwillig zurücktreten."
Grüne sehen Dilettantismus
Mit Kritik an beiden Koalitionsparteien meldete sich Grünen-Chefin Eva Glawischnig zu Wort: Darabos habe die von den Grünen inhaltlich begrüßte Abschaffung der Wehrpflicht "dilettantisch vorbereitet", aber auch die ÖVP schaffe es nicht, bei dem Thema mit einer Stimme zu sprechen und erweise sich als "Betonfraktion". "Alles, was vernünftig ist, niederbügeln" sei das Motto der ÖVP sowohl bei der Bildungs- als auch bei der Bundesheerreform, kritisierte die Grünen-Chefin.
Dass die ÖVP zur Unterstützung des SP-Ministers lediglich Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka auf die Regierungsbank geschickt hatte, wertete Glawischnig als Sinnbild für den Zustand der Koalition. "Auf der einen Seite ein sichtlich lustloser delegierter Staatssekretär, auf der anderen Seite die Ministerriege der SPÖ fast vollständig versammelt - dazwischen passt mindestens ein Panzer hinein. Wo das gemeinsame Regierungsarbeiten geblieben ist, ist rätselhaft."
Misstrauensantrag
Für das BZÖ brachte Vizeklubchef Herbert Scheibner einen Misstrauensantrag nicht nur gegen Darabos, sondern gegen das gesamte Kabinett ein: Es brauche eine neue Regierung, der die Sicherheit Österreichs ein Anliegen sei. Er forderte ein Mischsystem aus Berufssoldaten und Freiwilligenmiliz und ein klares Bekenntnis zu Auslandseinsätzen. Das aktuelle System sei "nicht mehr tauglich für die Zukunft". "Es ist eine Reform notwendig, nur müssen die Grundvoraussetzungen stimmen", so Scheibner.
Dass Österreich noch als "dauerhaft neutral" angesehen werden kann, glaubt Scheibner übrigens nicht und verwies darauf, dass auch der Lissabon-Vertrag eine Solidaritätsklausel und damit "ein Element eines Sicherheitsbündnisses" enthalte. Das sei auch ein Vorteil für Österreich, denn zur Bekämpfung von internationalem Terrorismus und "Cyberwar" brauche es eben internationale Kooperation.
Schüssel als Vordenker
In Schutz genommen wurde Darabos am Freitag von SP-Klubchef Josef Cap. Er erinnerte den Koalitionspartner daran, dass der damalige ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel schon 1999 die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht gefordert hatte - damals mit dem Argument, jungen Männern ein "zusätzliches Jahr für Ausbildung und Studium" zu "schenken".
Nur noch drei Länder in Europa würden auf die Wehrpflicht setzen, von einem riskanten Alleingang könne daher keine Rede sein, verteidigte Cap das Vorgehen seiner Partei. Die Gegner der Reform würden "ein Bild der Apokalypse" zeichnen, damit werde ein "gescheites Reformarbeiten" unmöglich gemacht, kritisierte Cap.