Um 9 Uhr setzen sich Bildungsministerin und Gewerkschafter noch einmal zusammen. Wenn die Verhandlungen wieder scheitern, sind Kanzler und Vizekanzler am Zug.
Heute um Punkt neun Uhr früh findet das finale Duell zwischen SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied und den Lehrer-Gewerkschaften statt. Es ist der Auftakt für einen Verhandlungsmarathon, der bis morgen früh dauern könnte.
Letztes Duell
Neun Uhr, Bildungsministerium, im festlichen
Audienzsaal: Schmied und die Gewerkschafter unter Führung von Walter Riegler
starten den letzten Rettungsversuch. Die Chancen auf eine Einigung stehen
schlecht: Die Ressortchefin hatte den Direktoren bei einer Verletzung der
Aufsichtspflicht im Zuge des Streiks sogar mit Kündigungen gedroht. Die
Gewerkschafter haben jeden Kompromiss abgeschmettert, streikbrechende Lehrer
sollen in Schulen eingesperrt werden.
"Nicht ewig sitzen"
Wie lange das zähe Ringen im
Ministerium dauern wird, ist völlig offen. Klar ist aber, dass die Geduld
der Gewerkschafter um Riegler begrenzt ist. „Ich werde nicht ewig sitzen
bleiben.“
Streit wird Chefsache
Sobald die Gespräche platzen und die
Lehrervertreter ohne Lösung das Ministerium verlassen, wird Ministerin
Schmied zum Telefonhörer greifen. Jetzt beginnt der eigentliche
Verhandlungsmarathon: Schmied wird SPÖ-Kanzler Werner Faymann und
ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll über die Lage informieren. Damit ist der
Lehrerstreit Chefsache. Faymann und Pröll sind am Zug. Für Faymann gibt es
zwei Alternativen:
2 Wege möglich
Entweder Pröll unterstützt gegen den Willen
der schwarzen Lehrergewerkschaft Schmieds Plan: eine Stunde Mehrarbeit,
Altersteilzeit, weniger Zulagen. Oder der Finanzminister erhöht entgegen
aller Erwartungen doch noch das Bildungsbudget.
Schwarzer Peter
Um diese Fragen zu klären, wird es zu einem
Gipfeltreffen der Parteichefs kommen. Auf Wunsch Prölls wird zu diesem
Treffen auch ÖGB-Chef Erich Foglar geladen. Hintergrund: Falls alle
Gespräche scheitern, kann der ÖVP-Chef auch den obersten Gewerkschafter
dafür verantwortlich machen.
Coup: Spätere Mietzahlungen
Auch an kreativen Auswegen wird
hinter den Kulissen eifrig gebastelt. Möglichkeit: Pröll und Faymann
verschieben Finanzressourcen über Umwege in den Bildungssektor, um so doch
noch genug Geld für die nötigen Strukturreformen frei zu machen – ohne ins
Budget einzugreifen. Beispielsweise könnten Mietzahlungen für Schulgebäude
an die Bundesimmobiliengesellschaft BIG in der Höhe von 400 Millionen Euro
im Jahr verschoben werden.
Der Streik wäre vom Tisch – und die Regierungsspitze könnte sich als Retter in der Not feiern lassen.
Schüler streiken
Parallel zu den Verhandlungen zwischen
Schmied und den Lehrervertretern gehen die Schüler auf die Straße. Tausende
Jugendliche in ganz Österreich wollen bei einem "Schulstreik" gegen Schmieds
Pläne und für ein höhere Bildungsbudget demonstrieren. Die linken
Jugendorganisationen Revolution, Funke und die Sozialistische Linkspartei
(SLP) protestieren "gegen die Schmied-Angriffe", gegen Mehrarbeit für Lehrer
und fordern "Geld für Bildung statt für Banken und Konzerne". Die SPÖ-nahen
Organisationen Aktion Kritischer Schüler und Verband Sozialistischer
StudentInnen sowie die Sozialistische Jugend wollen für eine massive
Aufstockung des Bildungsbudgets demonstrieren. Die Organisatoren erwarten
5.000 bis 6.000 Teilnehmer.