Der Historiker Stefan Karner hält im Zusammenhang mit den Spionage-Vorwürfen gegen den früheren Wiener Bürgermeister Helmut Zilk die schnellstmögliche Einsetzung einer Expertengruppe aus Tschechien, Österreich und den USA für unbedingt notwendig.
Karner geht davon aus, dass sich Akten zu den Spionage-Vorwürfen gegen den verstorbenen Altbürgermeister und einstigen ORF-Journalisten Helmut Zilk in Österreich befinden. Dabei handle es sich seiner Einschätzung nach um "Informationen, die das Innenministerium hatte, von der CIA erlangte sowie Unterlagen aus dem Parlament", sagte Karner am Montag.
"Mehr versachlichte Informationen statt medialer Beschuldigungen"
Der
Professor für Geschichte an der Universität Graz, Leiter des Ludwig
Boltzmann-Institutes für Kriegsfolgenforschung und Herausgeber des
umfassenden Recherche-Werkes "Prager Frühling" wünscht sich
mehr versachlichte Informationen statt medialer Beschuldigungen in der
Spitzelaffäre. Es sei im Sinne einer inneren Quellenkritik "wichtig
zu untersuchen, ob die Informationen in den Akten überhaupt richtig sind",
betonte Karner.
Dazu fordert er ein "Beweiswürdigungsverfahren", in dem einander die Akten aus Tschechien, Österreich, den USA und eventuell aus Moskau gegenübergestellt werden. Auch durch Zeitzeugen-Befragungen könne Licht in die Angelegenheit gebracht werden. Den tschechischen Zilk-Akt an sich beurteilt er zwar als "in sich stringenten Akt, der äußerlich den Gepflogenheiten östlicher Geheimdienste entspricht". Dies gebe jedoch nur Aufschluss über die "äußere Quellenkritik", die Wahrheit über den Fall sei mit der Echtheit des Aktes noch nicht bewiesen.
Das Nachrichtenmagazin "profil" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass von Zilk unterschriebene Quittungen an den Geheimdienst der früheren kommunistischen Tschechoslowakei vorlägen. Diese würden beweisen, dass Zilk zwischen 1965 und 1968 als damaliger TV-Journalist bezahlte Spitzeldienste geleistet habe.
Zilk-Akten vernichtet
Innenministerin Maria Fekter (V) erklärte
dazu im Ö1-Mittagsjournal, dass "die Zilk-Akten vernichtet"
worden seien. Dies sei bereits "Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre"
geschehen. Dass der damals amtierende ÖVP-Innenminister Franz Soronics die
Unterlagen mitgenommen und dem Archiv der Politischen Akademie der ÖVP zur
Verfügung gestellt habe, sei ihr "so nicht bekannt", so
Fekter: "Aber das arbeiten wir auf."
Führungsoffizier dementiert Zahlungen
Dafür meldet sich
einer seiner vermeintlicher Führungsoffizier, Ladislav Bittmann, zur
Verteidigung des früheren Wiener Bürgermeisters zu Wort. In "Kurier"
und "ZiB2" betont er, Zilk nie für einen Agenten gehalten und ihm
nie Geld gegeben zu haben. Auch den früheren Innenministern Franz Soronics
(V) und Franz Löschnak (S) ist nichts über eine Spionagetätigkeit des
SPÖ-Politikers bekannt, wie sie am Montag betonten.