Konnte die ÖVP beim ersten Antreten von Johanna Mikl-Leitner als Spitzenkandidatin bei der niederösterreichischen Landtagswahl 2018 mit 49,63 Prozent die absolute Mandatsmehrheit noch verteidigen, so hat sie am Sonntag das historisch schlechteste Ergebnis verzeichnet.
Als Wahlziel hatte die Landesparteichefin "40 plus" ausgegeben. Die erste Landeshauptfrau im größten Bundesland hat seit ihrem Amtsantritt immer wieder das "Miteinander" im Land unterstrichen.
Als Ziel hatte die Landesparteiobfrau vorgegeben, "Koalitionen gegen das Miteinander" und "Blau-Rot" zu verhindern. Das dürfte aufgegangen sein: Eine Mandatsmehrheit von SPÖ und FPÖ im Landtag geht sich laut Hochrechnungen nicht aus. Mikl-Leitner will auch nach dem Wahltag beim Modell der Zusammenarbeit bleiben.
"Es steht viel auf dem Spiel", hatte Mikl-Leitner beim ÖVP-Wahlkampfauftakt erklärt. In den vergangenen Wochen verwies sie immer wieder auf die aus ihrer Sicht gute Zusammenarbeit in der Landesregierung und schloss auch eine Kooperation mit FPÖ-Landesparteichef und -Spitzenkandidat Udo Landbauer nicht aus. Auf dem Stimmzettel setzte die Partei auf ihre "Hanni" als Zugpferd und trat unter der Bezeichnung "LH Johanna Mikl-Leitner - VP Niederösterreich" an.
In Bezug auf den ORF sah sich die ÖVP-Landesparteichefin zuletzt mit Vorwürfen der Einflussnahme konfrontiert, die sie bestritt. Dass ORF-NÖ-Landesdirektor Ziegler sich in seiner Zeit als Chefredakteur laut internen Chats und E-Mails aus dem Landesstudio immer wieder für TV-Präsenz von Mikl-Leitner eingesetzt und eine Art Message Control zugunsten der Volkspartei betrieben haben soll, bezeichnete die Landeshauptfrau mehrmals als "interne Angelegenheit des ORF". In den TV-Elefantenrunden gab sie sich zum Teil angriffig - vor allem in Richtung der Spitzenkandidaten und Parteichefs von SPÖ und FPÖ, LHStv. Franz Schnabl und Landbauer, die ebenfalls den Landeshauptmann-Anspruch gestellt haben.
Mikl-Leitner gilt als wichtige Stimme in der Bundes-ÖVP. Im Jänner regte die 58-Jährige einen Entwurf für härtere Strafen bei Klima-Blockaden oder für Reifenstecher an. Im Sommer 2022 hatte sie etwa die Forderung nach einem Strompreisdeckel an die türkis-grüne Bundesregierung gerichtet.
Ihre politische Karriere begann die Weinviertlerin mit der Organisation der "Initiative für Erwin Pröll" für die Wahl 1993. Im Jahr 1995 wurde die studierte Wirtschaftspädagogin Marketingleiterin der Volkspartei Niederösterreich, 1998 Landesgeschäftsführerin und ein Jahr später Abgeordnete im Nationalrat. 2003 wurde Mikl-Leitner Landesrätin für Soziales, EU-Regionalpolitik, Arbeit und Familie.
2011 wechselte die ÖVP-Politikerin ins Innenministerium, wo es u.a. die Flüchtlingskrise 2015 zu bewältigen galt. 2016 kehrte sie nach Niederösterreich zurück - zunächst als LH-Stellvertreterin. "In einigen Tagen habe ich wohl den schwierigsten Job dieser Republik hinter mir und die schönste Aufgabe in Österreich vor mir", sagte Mikl-Leitner im April 2016 zum Wechsel in ihr Heimatbundesland.
Am 25. März 2017 folgte sie Erwin Pröll, von dem sie das politische Handwerk gelernt hat, an der Spitze der Landespartei nach, am 9. April 2017 auch an der Landesspitze. Im persönlichen Umgang gilt Mikl-Leitner als herzlich, offen und unkompliziert. Als ihre beste Eigenschaft nennt die ÖVP-Politikerin Verlässlichkeit.
Mikl-Leitner wurde am 9. Februar 1964 geboren und lebt in Klosterneuburg. Sie ist verheiratet und hat zwei Töchter.