NGO-Kritik

Hitzige Debatte um Kinderrechte

18.01.2011

Der Gesetzesentwurf geht vielen Organisationen zu wenig weit.

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© APA/HANS KLAUS TECHT
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Fast 30 Organisationen haben am Dienstag anlässlich der bevorstehenden Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung mit einer Medienaktion gegen den derzeitigen Gesetzesentwurf protestiert. Das Netzwerk Kinderrechte wies in einer Aussendung darauf hin, dass etwa die Rechte auf Gesundheit oder Bildung fehlten. Auch für die Initiative "Gegen Unrecht" von Caritas, Diakonie, SOS-Kinderdorf und Amnesty International ist der derzeitige Entwurf "kein Meilenstein".

Kinderrechte in Verfassung
Die Kinderrechte sollen in der Nationalratssitzung am Donnerstag in der Verfassung verankert werden. Im Verfassungsausschuss vergangene Woche war der Entwurf mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ beschlossen worden.

Unmut
Das Netzwerk Kinderrechte, dem 32 Organisationen angehören, machte Dienstagvormittag seinem Unmut in zahlreichen Presseaussendungen Luft. Man fordere alle 183 Abgeordneten dazu auf, der Diskussion über eine "adäquate Verankerung der Kinderrechtskonvention" in der Verfassung "mehr Zeit und Raum zu geben" und dem vorliegenden Entwurf am Donnerstag nicht zuzustimmen, so das Netzwerk. In dem Entwurf fehlten etwa die Rechte auf Gesundheit, Bildung, Freizeit und Spiel oder Kinderarmutsbekämpfung. Auch der geplante Gesetzesvorbehalt - damit können etwa straf- oder fremdenrechtliche Maßnahmen einzelne Rechte eines Kindes beschränken - müsse ersatzlos gestrichen werden.

"Problematische Umsetzung"
Für das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte stellt der Entwurf "keine adäquate, weil unvollständige und rechtlich teilweise problematische Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention" dar. Auch die Bundesjugendvertretung hält den Entwurf für unzureichend - "einzelne Rechte aus der Konvention herauszupicken gleicht einem Lotteriespiel - so eine Vorgangsweise ist eindeutig abzulehnen", meinte Vorsitzender Wolfgang Moitzi. Angekündigt wurde auch eine Medienaktion am Donnerstag vor dem Parlament. UNICEF Österreich lehnt den Entwurf "strikt" ab und fordert die Verankerung der gesamten Konvention. Kritik kam u.a. auch von den Kinder- und Jugendanwälten in Wien und Tirol.

Die Roten Falken, eine sozialdemokratische Organisation, nahm die SPÖ in die Pflicht: Diese vergebe "eine historische Chance, wenn sie diesen faulen Kompromiss mit beschließt". Seit über 20 Jahren kämpfe man um die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung - "vor diesem Hintergrund ist der Gesetzesentwurf und die geplante Zustimmung der SPÖ für uns besonders enttäuschend". Nicht umfassend genug ist der Entwurf auch für die Kinderfreunde: "Prinzipiell freuen wir uns natürlich, wenn unsere Forderungen umgesetzt werden, aber aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament ist das nur in Form eines schwer zu ertragenden Kompromisses gelungen", erklärte Bundesvorsitzender Josef Ackerl, der auch Chef der oberösterreichischen SPÖ ist.

Protestiert haben am Dienstag aber nicht nur Mitgliedorganisationen des Netzwerks Kinderrechte, sondern etwa auch die Katholische Aktion oder das Jugendrotkreuz. Christoph Pin0ter vom UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) kritisierte, dass vor allem Flüchtlings- und Migrantenkinder sowie asylsuchende Kinder durch die aktuelle Gesetzesvorlage potenziell "massiv benachteiligt" würden.

Diakonie-Direktor Michael Chalupka appellierte an die Abgeordneten, dem Entwurf nicht zuzustimmen. "Nach dem überwältigenden Erfolg der Petition 'Kinder gehören nicht ins Gefängnis' mit über 115.000 Unterstützenden wäre es ein Schlag ins Gesicht der Zivilgesellschaft, nun lediglich einen kleinen Teil der UN-Kinderrechtskonvention in die Verfassung aufzunehmen." Die Initiative "Gegen Unrecht", der auch die Diakonie angehört, meinte, der derzeitige Entwurf könne nur ein Anfang sein. Es brauche "weitere Schritte und Maßnahmen um zu garantieren, dass schon bald für alle Kinder die gleichen Rechte gelten".

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