Klimawandel

Hitzige Klima-Diskussion im Nationalrat - FPÖ und ÖVP gegen Grüne

03.07.2024

Grüne forderten, auf die Wissenschaft zu hören. Die FPÖ konterte: Im Sommer war es immer schon heiß. ÖVP-Ministerin Edstadler feuerte gegen die grüne Klimaministerin Gewessler.

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© Julian Stratenschulte/dpa
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Die letzte Sitzungswoche des Arbeitsjahres im Nationalrat hat am Mittwoch mit einer hitzigen Diskussion über den Klimawandel begonnen. Die Grünen appellierten in der von ihnen gestalteten "Aktuellen Stunde" zum Thema "Hitze, Unwetter und Klimakrise gefährden unsere Gesundheit - aktiver Klimaschutz schützt die Bevölkerung", den Empfehlungen der Wissenschaft zu folgen und Klimaschutz zu forcieren. Angelobt wurde Kerstin Fladerer (ÖVP), die auf Reinhold Lopatka folgt.

Die Grünen kritisierten ÖVP-Ministerin Edtstadler, die wehrte sich.  Vor der Sitzung traten ÖVP und Grüne aber noch geeint auf.

Maurer: "Heißeste Jahr der Messgeschichte"

Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer machte in ihrem Eingangsstatement darauf aufmerksam, dass 2023 das heißeste Jahr der Messgeschichte war und es zuletzt bis zu 500 Hitzetoten pro Jahr in Österreich gab. Die Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen würden vor größer werdenden Aufgaben stehen, zudem komme es immer wieder zu Extremwetterereignissen.

Eigenlob  

Eigenlob gab es für Regierungsmaßnahmen wie Klimabonus und -ticket sowie die Ökosoziale Steuerreform. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) betonte Investitionen in das Gesundheitssystem und lobte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), die "fünf Jahre hart gearbeitet" habe. Gegen sie soll es einen Misstrauensantrag der FPÖ geben.

Zorn der FPÖ

Der FPÖ-Abgeordneten Dagmar Belakowitsch, die immer wieder dazwischenrief, warf Maurer Zynismus vor. Diese bezeichnete Maurers Rede später als "Kabarettvorstellung". Die Warnung vor dem Klimawandel entstamme "grüner Ideologie", im Sommer sei es immer schon heiß gewesen. Wenn man Leuten etwas "aufs Auge drücken" wolle, argumentiere man mit der Wissenschaft, meinte Belakowitsch - das sei auch während der Coronapandemie passiert.

Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) war zumindest insofern mit dem Koalitionspartner seiner Partei einverstanden, als dass der Klimawandel eine große Belastung in vielen Bereichen sei. Gleichzeitig kritisierte er alarmistische Kommunikation mit Weltuntergangsszenarien, die von NGOs, aber auch politischen Parteien betrieben werde. Nochmals betonte er, dass die ÖVP das EU-Renaturierungsgesetz, dem Gewessler zugestimmt hat, ablehne. Das Erneuerbare-Gase-Gesetz wolle man aber am Donnerstag beschließen, appellierte er an die Zustimmung durch FPÖ und SPÖ für die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Verteilungspolitischen Frage 

Die SPÖ machte den Klimawandel zu einer verteilungspolitischen Frage. Gewisse Gruppen müsse man besonders in den Blick nehmen, nannte Julia Herr etwa jene mit weniger Einkommen sowie Arbeiter und Angestellte. So brauche es u.a. aufgrund der Hitze bei Baustellen ein "Recht auf Hitzefrei". Mit Verweis auf notwendige Klimaschutzmaßnahmen kritisierte sie, dass die Regierung ein Budgetloch von 10 Mrd. Euro hinterlasse.

Michael Bernhard (NEOS) kritisierte, dass die Grünen keine Lösungen anbieten würden. Man müsse auch darüber reden, wie Menschen trotz höheren Temperaturen ein gutes Leben führen können. Es gehe auch nicht darum, im Zuge des Klimawandels eine Ideologie durchzusetzen, sagte er in Richtung der SPÖ. Er kündigte an, dass Wien im Laufe dieses Jahres ein Klimaschutzgesetz erarbeiten werde.

Sein Nationalratsmandat zurückgelegt hat der ÖVP-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Reinhold Lopatka. Zu Beginn der Sitzung wurde deshalb mit Kerstin Fladerer eine neue ÖVP-Abgeordnete angelobt. Sie ist Rauchfangkehrermeisterin und Gemeinderätin in Fürstenfeld. Lopatka leitet seinerseits als EU-Mandatar die Delegation der Volkspartei in Brüssel und Straßburg, wie die ÖVP am Mittwoch mitteilte.

60 Gesetze auf der Tagesordnung

Zu beschließen sind bis Freitag insgesamt rund 60 Gesetze. Zu jenen am Mittwoch gehören ein neues Hilfspaket für die Gemeinden, mehr Mittel für die Feuerwehr, das Aus für die Corona-Finanzierungsagentur Cofag sowie ein Digitalisierungspaket für die Schulen und eine Cooling-Off-Phase für angehende Verfassungsrichter. Außerdem behandeln die Abgeordneten diese Woche die Abschlussberichte für die beiden Untersuchungsausschüsse des heurigen Jahres, jenen zur Cofag und jenen zu vermeintlichem rot-blauen Machtmissbrauch.

Streit zwischen ÖVP und Grünen

Die Stimmung in der Koalition bleibt schlecht, speziell was die Klimapolitik angeht. Grünen-Mandatarin Astrid Rössler übte am Mittwoch im Nationalrat scharfe Kritik speziell an Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), der sie unter anderem "faktenbefreite" Kritik am EU-Renaturierungsgesetz vorhielt. Die attackierte Ressortchefin wiederum tadelte, ohne sie namentlich zu nennen, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne).

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Die Auseinandersetzung ereignete sich in einer Debatte, bei der eine emotionale Auseinandersetzung nicht zu erwarten war. Es ging um den zweiten nationalen Bericht zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele. Rössler fand den inhaltlich durchaus gut. Ihr kämen nur "sehr große Zweifel", ob Edtstadler auch hinter den Inhalten des Reports stehe. Denn sie blockiere und bekämpfe die Umsetzung: "Schöne Fotos sind zu wenig."

Rössler erinnerte daran, dass Edtstadler den nationalen Klimaplan bei der EU zurückgezogen habe. Zudem bekämpfe sie die Biodiversität mit dem Nein zum Renaturierungsgesetz. Dazu käme noch die Strafanzeige gegen Gewessler, obwohl diese ganze korrekt und verantwortungsbewusst gehandelt habe: "Wir brauchen intakte Natur."

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Edtstadler geiselt grüne "Ideologie"

Das wollte die Verfassungsministerin dann doch nicht auf sich sitzen lassen. Man müsse in einem Rechtsstaat halt schon Form und Inhalt auseinanderhalten: "Es ist im Rechtsstaat nicht egal, was in der Verfassung steht", spielte sie auf die Rechtsposition der ÖVP (und des Verfassungsdiensts) an, wonach Gewessler dem Renaturierungsgesetz nicht im Alleingang zustimmen hätte dürfen. In Sachen Klimaplan betonte Edtstadler, dass ein nationaler Plan auch national abgestimmt sein müsse. Dabei seien auch Bedenken einzuholen, statt Ideologie voranzustellen und etwas ohne Rücksicht auf Verluste umzusetzen. 

Edstadler sagte weiters: "Der Nationale Energie- und Klimaplan muss national abgestimmt sein". Dann geiselte sie Gewesslers Vorgehen: Man dürfe "nicht die Ideologie als erstes vorzustellen und ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen zu versuchen." So äußerte sich Edtstadler mit zwei Spitzen gegen Gewessler.  

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