FPÖ und Grüne kritisieren Innenministerium - Bundeskriminalamt auf Ursachenforschung.
Nach der Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl durch den Verfassungsgerichtshof droht nun die nächste Blamage: Angesichts der Produktionsfehler bei bereits ausgelieferten Wahlkarten wackelt der Termin für die Wahlwiederholung am 2. Oktober. Offiziell will Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) erst nächste Woche entscheiden. Doch dem Vernehmen nach deutet alles auf eine Verschiebung des Termins.
Wie die APA aus Regierungs- und Parlamentskreisen erfahren hat, deutet derzeit alles auf eine Verschiebung des Wahltermins. Die Stichwahl könnte demnach frühestens Mitte bis Ende November stattfinden. Der Grüne Kandidat Alexander Van der Bellen, der die aufgehobene Wahl am 22. Mai knapp gewonnen hatte, hat seinen für Freitag geplanten Wahlkampfauftakt bereits kurzfristig abgesagt.
Zuvor hatte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) angesichts der sich häufenden Berichte über schadhafte Wahlkarten angekündigt, die Verschiebung des Wahltermins prüfen zu lassen. "Wenn eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl auf Grund eines augenscheinlichen Produktionsfehlers nicht möglich ist, dann ist es meine Aufgabe als oberster Leiter der Wahlbehörde eine Verschiebung umgehend zu prüfen", sagte Sobotka und entschuldigte sich bei der Bevölkerung.
Gesetzesänderung soll Verschiebung legitimieren
Überraschend kam dies deshalb, weil sowohl der Minister als auch der Leiter seiner Wahlabteilung am Donnerstag noch gemeint hatten, eine Verschiebung wäre rechtlich nicht möglich. Tatsächlich sieht das Gesetz eine Verschiebung nur vor, wenn ein Kandidat vor dem ersten Wahlgang stirbt. Nun wird dem Vernehmen nach eine Gesetzesänderung angedacht, um keine neuerliche Wahlanfechtung zu riskieren. Die Novelle könnte laut dem früheren ÖVP-Klubdirektor und Parlaments-Experten Werner Zögernitz im Schnellverfahren beschlossen werden: "Man kann das innerhalb einer guten Woche absichern."
Klar für eine Verschiebung sind angesichts des neuerlichen Wahlkarten-Debakels die Grünen und die NEOS. Letztere fordern allerdings, dass Wahlen nur einmal aus triftigem Grund verschoben werden dürfen. Für die SPÖ zeigte sich Kanzler Christian Kern für eine Verschiebung offen und betonte, "dass jeder Österreicher die Möglichkeit haben muss, sein Wahlrecht auszuüben". Auch FP-Verfassungssprecher Harald Stefan meinte, wenn das Innenministerium eine ordnungsgemäße Wahl nicht anders gewährleisten könne, werde man verschieben müssen. Das Team Stronach ist gegen die Verschiebung.
Grüne und FPÖ kritisieren Innenministerium
Gleichzeitig übten die hinter den beiden Stichwahl-Kandidaten stehenden Parteien am Freitag scharfe Kritik am Vorgehen des Innenministeriums. Grünen-Chefin Eva Glawischnig reagierte "verärgert" und "fassungslos". "Das muss Konsequenzen haben", forderte sie. FP-Wahlkampfleiter Herbert Kickl kritisierte das Krisenmanagement als "chaotisch" und forderte das Ministerium auf, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den 2. Oktober halten zu können. Seinen für Samstag geplanten Wahlkampfauftakt will FP-Kandidat Norbert Hofer daher - anders als Van der Bellen - nicht verschieben. Er forderte allerdings den "Verzicht" auf die Briefwahl.
Die Ursache für die neuerliche Wahlpanne ist indessen immer noch ungeklärt. Klar ist nur, dass sich der Klebstoff an den Wahlkarten in vielen Fällen löst. Bereits ausgefüllte Wahlkarten werden in diesem Fall ungültig. Das Innenministerium hat nun das Bundeskriminalamt (BK) sowie eine externe Firma mit der Ursachenforschung beauftragt. Die zuständige Druckerei kbprintcom.at wollte auf APA-Anfrage keine Stellungnahme abgeben.
Hofer für einvernehmlichen Verzicht auf Briefwahl
FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer fordert angesichts der aktuellen Klebstoff-Turbulenzen, bei der Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl die Briefwahl wegzulassen. Dafür sei ein Schulterschluss aller Parteien notwendig, meinte er am Freitag in einer Aussendung. Ohne Briefwahlstimmen wäre Hofer als Sieger aus der - vom VfGH aufgehobenen - Stichwahl am 22. Mai hervorgegangen.
"Jeder Österreicher hat ein Recht darauf, dass seine Stimme bei der Wahl gezählt wird", so Hofer: "Sollte das aufgrund der bekannten Pannen bei den Briefwahlkuverts nicht gewährleistet sein, so muss man überlegen, diesmal einvernehmlich auf die Briefwahl zu verzichten."
Es sei zudem höchste Zeit, dass der für das Debakel verantwortliche Beamte im Innenministerium abgelöst werde, so Hofer über Wahlleiter Robert Stein. Es stelle sich die Frage, inwieweit ein bekennender Parteifunktionär der SPÖ prinzipiell für den Job als oberster Wahlleiter der Republik geeignet sei, oder ob es nicht besser wäre, diesen heiklen Job mit einem neutralen Beamten zu besetzen, meinte der freiheitliche Präsidentschaftskandidat.