Die Rechtsanwälte warnen vor einem "Rückschritt" beim Familienpaket. Ihrer Ansicht nach wird die eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle zu Grabe getragen.
Die Rechtsanwälte warnen vor einem "Rückschritt" beim Eherecht. Sie kritisieren insbesondere, dass das Familienpaket keine Rechtsberatung für Eheverträge und Scheidungen vorsieht und warnen, dass damit die schwächeren Partner unter die Räder kommen könnten. Unzufrieden ist Rechtsanwaltskammer-Präsident Gerhard Benn-Ibler auch, dass die vorgesehene eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle wieder aus dem Gesetzeskonvolut gestrichen wurde.
Notar nur teuer
Benn-Ibler kritisiert insbesondere, dass Ehepaare
künftig ohne vorherige Rechtsberatung über die spätere Aufteilung von
Ersparnissen, Ehewohnung und sonstigem "Gebrauchsvermögen" entscheiden
können sollen. Dass über Erspartes und Wohnung ein Notariatsakt angefertigt
werden muss, ist aus seiner Sicht keine Hilfe. Ein Notariatsakt sei nur ein
"teures und unnotwendiges Formalelement". Außerdem könne ein einzelner Notar
wohl kaum zwei Partner mit unterschiedlichen Interessen beraten: "Der kann
sich nicht auf zwei Sessel setzen."
Beratung wäre wichtiger
Die Rechtsanwälte schlagen daher den
Verzicht auf den Notariatsakt und stattdessen eine verpflichtende Beratung
der Partner bei Ehepakten vor. "Ein Notariatsakt ist nicht billig. Wenn ich
die gleichen Kosten, die ich bei einem Notariatsakt habe, aufwende, um die
zukünftigen Ehepartner beraten zu lassen, dann ist das besser angelegt",
betont Benn-Ibler. Er kritisiert daher auch die wieder aus dem Gesetz
gestrichene Beratungspflicht bei Scheidungen. Eine Rechtsberatung müsse ja
nicht unbedingt durch einen Anwalt erfolgen, sondern wäre auch in einer
Familienberatungsstelle möglich: "Mir ist nicht wichtig, wer das macht,
sondern dass es geschieht."
Homo-Ehe wieder verschoben
Unzufrieden ist Benn-Ibler auch, dass
die eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle wieder verschoben wurde. "Es
wäre an und für sich einfach gewesen, das mitzuerledigen. Dazu gibt es enen
ausgefeilten Entwurf, den man nur hätte anhängen müssen", kritisiert der
Anwaltskammer-Präsident. Er befürchtet, dass das Thema damit "zu Grabe
getragen" wird.
Keine Begutachtung geplant
Wünschen würde sich Benn-Ibler
außerdem die Streichung des Verschuldensprinzips bei Scheidungen: "Die Frage
des Verschuldens ist nicht mehr von Bedeutung, in meinen Augen. Aber das
wäre natürlich eine mutige Änderung gewesen, die man sich noch immer nicht
anzugehen getraut hat." Als "rechtsstaatlich bedenklich" wertet Benn-Ibler,
dass das Familienpaket noch vor der Sommerpause ohne Begutachtung
beschlossen werden soll. Diese Eile "macht keinen schlanken Fuß".
Gegen Anti-Korruptionsnovelle
Änderungen wünscht sich Benn-Ibler
auch bei der Entschärfung des Korruptionsstrafrechtes. Zwar ist auch ihm das
derzeitige Gesetz "zu hart", die Rücknahme der Antikorruptionsbestimmungen
geht ihm aber zu weit. Der Rechtsanwaltskammer-Präsident kritisiert, wie
auch Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler, dass insbesondere die
Erläuterungen des Justizministeriums zum Gesetzestext zu viel Spielraum
lassen: "Es gibt Leute, die sagen, jetzt gibt es keine Korruption im
Kleinbereich mehr."
Interventionen nachgegeben
"Zuerst haben wir alles verboten und
jetzt sind wir offenbar vielen, vielen Interventionen nachgekommen und haben
diese in den erläuternden Bemerkungen festgeschrieben", ärgert sich
Benn-Ibler. Und die Bestimmung, dass "sozialadäquates Verhalten" künftig
straffrei sein soll, ist aus seiner Sicht überhaupt zu allgemein gehalten:
"Das ist in so weitem Maße unbestimmt, dass man damit nichts anfangen kann."