Außenminister hält Truppeneinsatz Österreichs im Rahmen von EU-Battlegroups für möglich.
Außenminister Michael Spindelegger (V) verwies in der ORF-"Pressestunde" darauf, dass die beiden Regierungsparteien einen "Prozess des Miteinanders" aufgesetzt haben. Am Ende werde dann zu entscheiden sein, ob es eine neues Modell einer Wehrpflicht geben werden, für das die ÖVP eintrete, oder das von der SPÖ befürwortete Berufsheer. Er glaube zwar nicht, dass die Antwort auf die Bedrohungen ein Berufsheer sein könne, aber jetzt werde einmal eine Diskussion geführt, sagte der Außenminister.
"Dritter Weg"
Spindelegger macht sich Sorgen, wie in einem Katastrophenfall die nötige Mannstärke aufgebracht werden soll. Wenn eine Katastrophe für die Feuerwehren zu groß sei, dann seien eben die Bundesheersoldaten die strategische Reserve. Der Außenminister geht von etwa 15.000 Mann aus, die nötig seien. Beim Hochwasser 2002 seien rund 14.500 Mann - 12.000 Soldaten und 2.500 Mann des Grenzschutzes - im Einsatz gewesen. "Das muss die Messlatte sein." Neben dem klassischen Militärdienst und dem Zivildienst will Spindelegger mit einer "Ausbildung zum Katastrophenschützer" einen "dritten Weg" eröffnen.
Einsatz in Libyen
Angesichts der Kämpfe in Libyen kann sich Spindelegger einen humanitären Einsatz österreichischer Truppen im Rahmen der EU-Battlegroups vorstellen. Da Flüchtlingsströme aus Libyen an die Grenzen seiner Nachbarstaaten drängten, sei ein Hilfseinsatz der Battlegroups vorstellbar, um zu "schützen und zu bewahren". "Es kann sein, dass die Battlegroups gefragt sind", sagte Spindelegger in der "Pressestunde" des ORF am Sonntag.
Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Kämpfe in Libyen hätten sich leider zerschlagen, so Spindelegger. Mit einer Anerkennung der Rebellenregierung in Benghazi (Bengasi) werde Österreich noch warten. "Es ist nicht klar, ob der gebildete Nationalrat für alle Aufständischen sprechen kann", sagte Spindelegger. Zuerst brauche es mehr Informationen aus dem umkämpften Gebiet.
Österreichische Firmen
Thema waren auch Beteiligungen österreichischen Firmen in Libyen, darunter die Ölgeschäfte der OMV. Auf die Frage, ob Wirtschaftsbeziehungen in der österreichischen Außenpolitik eine größere Rolle spielten als die Menschenrechte, sagte Spindelegger: "Die Wirtschaftsbeziehungen sind nicht wichtiger, aber sie sind auch wichtig."
AKWs in Europa
Angesichts der Atomkatastrophe in Japan will Spindelegger sich bei den europäischen Nachbarstaaten für eine Schließung von Atomkraftwerken einsetzen. "Atomkraft steht bei einem Besuch in jedem Nachbarland ganz oben auf der Tagesordnung." Die Initiative der SPÖ und ihrer deutschen Schwesterpartei SPD für ein europaweites Volksbegehren für einen Ausstieg aus der Kernenergie will Spindelegger nicht unterstützten. Es sei "nicht die Zeit, um Parteipolitik" zu betreiben. Spindelegger kann sich aber vorstellen, europaweit AKW-Betreiber für die Schäden von Unfällen wirtschaftlich haften zu lassen.