Zivildienst
Hundstorfer stellt Modell für "Sozialjahr" vor
15.11.2012
8.000 Plätze pro Jahr sollen 211 Millionen Euro kosten.
Sollte sich der SPÖ-Wunsch nach einer Abschaffung der Wehrpflicht erfüllen, gäbe es nun auch eine Alternative für den damit wegfallenden Zivildienst. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) stellte am Donnerstag nach einer letzten Gesprächsrunde sein mit den Trägerorganisationen ausverhandeltes Modell für ein freiwilliges soziales Jahr vor. Er könnte "mit gutem Gewissen für die österreichische Bevölkerung" sagen, dass eine Aufrechterhaltung der Dienstleistungen auf hohem Niveau mit diesem Modell garantiert werden könne, betonte Hundstorfer.
Die schon zuvor wochenlang diskutierten Eckpunkte sind im fertigen Modell teilweise noch verändert worden. Gleich geblieben ist, dass das Sozialjahr allen Männern und Frauen ab 18 Jahren offen stehen soll, Pensionsbezieher ausgenommen. Dafür werden sie 14 Mal im Jahr mit 1.386 Euro brutto entlohnt.
Neu ist, dass das Modell nun Plätze für 8.000 Personen jährlich vorsieht, nicht wie ursprünglich angedacht 6.500. Auch die Kosten haben sich gegenüber den anfänglichen Schätzungen von 147 Millionen Euro erhöht - und zwar auf 211 Millionen Euro im Jahr. Die errechneten Kosten von 211 Millionen Euro pro Jahr für das Sozialjahr überschreiten jene des jetzigen Zivildienstes laut Sozialministerium nur geringfügig. Das trifft allerdings nur zu, wenn man zu den direkten Kosten für die Zivildiener die volkswirtschaftlichen Kosten addiert, die durch den Beschäftigungsentfall am Arbeitsmarkt entstehen. Laut Ministerium sind das 66 Millionen Euro. Der Anteil, der durch die Trägerorganistionen finanziert wird - insgesamt rund 40 Mio. Euro - bleibe gleich.
Abgewickelt werden sollte das freiwillige soziale Jahr über die schon bestehende Zivildienstagentur, erklärte der Sozialminister.
Für Ausbildung anrechenbar
Wie schon im Vorfeld angekündigt, würde die Absolvierung des Sozialen Jahres auch für die Ausbildung anrechenbar sein. Neben verpflichtenden, qualitativ hochwertigen Ausbildungen im Umfang von 180 Stunden sollte der Dienst auch etwa für bei Berufsausbildungen geforderte Praxiszeiten anrechenbar sein und Zusatzpunkte bei Aufnahmetests in Schulen, Fachhochschulen und auf Universitäten bringen. Auch eine Anrechnung als Vordienstzeit im öffentlichen Dienst wäre nach Meinung Hundstorfers vorstellbar.
Der Schwerpunkt der Tätigkeiten im Sozialjahr sollte nach Vorstellung des Sozialressorts im Bereich Sozial- und Gesundheitswesen liegen. Die Abwicklung - von der Lohnverrechnung bis hin zur Zertifizierung des Dienstes - soll die Zivildienstagentur übernehmen, die somit auch eine Art Qualitätskontrolle durchführen würde. Nach wie vor soll auch eine Rekrutierung der Teilnehmer direkt über die Trägerorganisationen möglich sein. Eine spezielle Bewerbung über das AMS, wie vorübergehend überlegt worden war, dürfte es aber nicht geben.
Eine Verlängerung des freiwilligen Sozialjahrs soll nicht möglich sein, sagte der Sozialminister. "Einmal im Leben soll man das machen können." Die 8.000 Freiwilligen pro Jahr hält der Minister für "aufstellbar", weil es so schon jährlich 90.000 Eintritte in Sozial-und Gesundheitsberufe gebe, viele davon aus anderen Sparten. Im Idealfall, malte sich der Minister aus, werde das soziale Jahr für viele als Einstiegsjahr in die Branche dienen.
ÖVP kritisch
Die ÖVP steht auch dem adaptierten Sozialjahr-Modell äußerst kritisch gegenüber. ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch sprach am Donnerstag in einer Aussendung von einem "Hüftschuss, der unausgegoren und unabgesprochen vorgelegt" worden sei. Die Trägerorganisationen waren teils zufrieden, teils aber weiterhin skeptisch. Für die Caritas etwa ist Hundstorfers Modell ein "brauchbarer Kompromiss", die Lebenshilfe sieht hingegen noch viele offene Fragen.