Finanzierungs-Debatte
Hundstorfer will Steuer für Pflegefonds
27.09.2010
Im Parlament fand eine Enquete zum Thema Pflegefinanzierung statt.
Eine Enquete zur Pflegefinanzierung hat am Montag im Parlament in Wien stattgefunden. Gefordert wurde bei der vom Seniorenrat organisierten Veranstaltung vor allem die rasche Umsetzung eines Pflegefonds. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) spricht sich dafür aus, den Mehraufwand in den kommenden Jahren über einen steuerfinanzierten Pflegefonds zweckgebunden an die Länder aufzuteilen, die das Geld wiederum den Gemeinden zur Verfügung stellen sollen.
Mehraufwand
Der Mehraufwand betreffe vor allem die Sachleistungen - die Ausgaben dafür sollen von derzeit 1,5 Mrd. Euro auf 2,1 Mrd. Euro im Jahr 2020 steigen. Zusätzliche Geldmittel sollen nach Hundstorfers persönlicher Vorstellung steuerfinanziert eingenommen werden und in einen Pflegefonds fließen. Dieses Geld soll dann zweckgebunden auf die Länder aufgeteilt werden, die es an die Gemeinden weitergeben. Es gebe zwar Überlegungen, das gesamte Geldvolumen in den Fonds zu packen, doch er stehe für eine Abschaffung des siebenstufigen Pflegegeldsystems nicht zur Verfügung, auch wenn er über gewisse "Streuverluste" bei diesem System Bescheid wisse, so Hundstorfer. Auf die Frage, wie hoch der Fonds dotiert sein soll, verwies der Sozialminister darauf, dass der Mehrbedarf bis 2020 etwa 600 Mio. Euro betrage. In den nächsten Monaten solle man die Grundstruktur des Fonds beschließen.
Finanzieller Zusatzbedarf
Auch Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (V) betonte, es gebe im Bereich der Pflege finanziellen Zusatzbedarf. Lopatka sprach sich für Geld- vor Sachleistungen aus, das Pflegegeldsystem habe sich bewährt. Ziel sei es, in Sachen Fonds möglichst bald in eine Umsetzungsphase zu kommen. Es dürfe aber keine weiteren Erhöhungen der Lohnnebenkosten, etwa durch eine Pflegeversicherung, geben.
Silvia Huber vom Österreichischen Städtebund erklärte, in Sachen Pflegefonds gebe es genug Argumente, ihn aus vermögensbezogenen Steuern zu speisen. Eine Pflegeversicherung brächte hingegen Mehrbelastungen für die Menschen. Wichtig sei, dass der Fonds gemeinsam durch Vertreter des Bundes, der Länder und der Gemeinden gesteuert werde, es gemeinsame Kriterien für die Verteilung und einheitliche Qualitäts- und Mindeststandards gebe. Nicolaus Drimmel vom Gemeindebund forderte, dass alle Gebietskörperschaften in entsprechende Verhandlungen eingebunden werden.
Heimbetreuung
Die Vorarlberger Landesrätin Greti Schmid (V) betonte, dass die meisten Pflegebedürftigen daheim betreut werden möchten. Die Herausforderung für die Politik sei, diesem Wunsch zu entsprechen. Das Pflegegeld sei gerade in den unteren Pflegegeldstufen eine wichtige Basis, um autonom entscheiden zu können. Neben einer Stärkung von Entlastungsangeboten für Angehörige sei eine rasche Umsetzung des Pflegefonds notwendig. Die Wiener Stadträtin Sonja Wehsely (S) pochte auf einen aus vermögensbezogenen Steuern gespeisten Pflegefonds. Für einen Pflegefonds nach dem Vorbild des Familienlastenausgleichsfonds inklusive sozial gestaffelten Selbstbehalten sprach sich die Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) aus. Es brauche auch einen garantierten Anspruch auf bestimmte Sachleistungen. August Österle von der Wirtschaftsuniversität Wien plädierte für einen Ausbau der sozialpolitischen Leistungen und insbesondere der Sachleistungen.
Die Finanzierung der Pflege und Betreuung in einer alternden Gesellschaft sei nicht gesichert, kritisierte Seniorenrats-Präsident Karl Blecha (S). Die Finanzierung sei aber leistbar, wenn Gesellschaft und Politik dies wollten. Ein Pflegefonds solle "unverzüglich" geschaffen werden. Seniorenrats-Präsident Andreas Khol (V) hatte zuvor in seiner Begrüßungsrede gefordert, auch im Hinblick auf den nächsten Finanzausgleich "richtige" Zahlen zum Thema Pflege zu erheben und vergleichbar zu machen. Weiters betonte er, dass die Seniorenvertreter nicht reformunwillig seien, sondern eine Reform des Pflegesystems unterstützen.