Halbe Million?

IGGiÖ erhebt Zahl der Muslime in Ö

06.12.2009

Der IGGiÖ-Präsident spricht sich gegen Sonderregelungen bei Bau von Moscheen aus.

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© APA/HANS KLAUS TECHT
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Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) will die Zahl der heimischen Muslime erheben. Möglich macht das die neue Verfassung, die nach langem Hin und Her vor einer Woche vom Kultusamt genehmigt wurde. IGGiÖ-Präsident Anas Schakfeh glaubt, dass man dadurch "einige 100.000" Anhänger des Islam erfassen wird. Im Interview stellte er sich zudem gegen ein "Minarett-Verbot" beim Bau von Moscheen und wehrte sich gegen eine "Kollektivschuld" von Muslimen für Terroranschläge.

400.000 bis 500.000
Derzeit wird die Zahl der bekennenden Muslime auf etwas mehr als 400.000 geschätzt, Schätzungen des Innenministeriums sprechen laut Schakfeh von knapp 500.000. Mit der neuen Verfassung sollen nun vor der anstehenden Neuwahl in der Glaubensgemeinschaft die Muslime durch die IGGiÖ registriert werden - und das "vom ersten Lebensjahr" an, sagt Schakfeh. Bisher habe man nur die Zahl der in der Glaubensgemeinschaft aktiven Mitglieder gekannt. Bei der Zählung geht es auch um die Registrierung für die Wahl selbst, die voraussichtlich im Laufe des kommenden Jahres stattfinden wird. Formulare dazu sollen per Internet erhältlich sein und in den verschiedenen Vereinen ausgeteilt werden.

Verfassungsentwurf
Für den IGGiÖ-Präsidenten ist die Erleichterung groß, dass der Verfassungsentwurf endgültig vom Kultusamt im Unterrichtsministerium abgesegnet worden ist. "Diese Verfassung gründet die Glaubensgemeinschaft neu." Er selbst will nicht mehr als Präsident kandidieren, bereits vor zwei Jahren hat er seinen Rückzug ins Privatleben angekündigt. Als Herausforderung für seinen Nachfolger sieht der noch amtierende Präsident, mit Hilfe der neuen Strukturen den internen Dialog zu stärken. Was er dem neuen Präsidenten mit auf dem Weg gibt: "Dass er für alle Muslime in diesem Land in erster Linie stehen soll und muss, dann für die Muslime in Europa und dann für die Muslime in der Welt. Es gibt Prioritäten."

Neuwahl
Dass es bei der Neuwahl in der Islamischen Glaubensgemeinschaft zu einem Kampf der unterschiedlichen Ethnien unter den Muslimen kommen könnte, schließt der Syrer Schakfeh nicht aus: "Selbstverständlich wird es auch bei der Wahlüberlegung eine Rolle spielen aber nicht die Hauptrolle." Und auch jenen Organisationen, die immer wieder die Legitimation der Glaubensgemeinschaft bezweifeln, solle die neue Verfassung dienen. "Wenn diese Kritik wirklich ehrlich gemeint ist, dann sind jetzt auch die Kritiker dazu eingeladen, sich an den Wahlen zu beteiligen. Die Wahlen werden geheim und selbstverständlich auch öffentlich und allgemein geführt."

FPÖ-Wahlkampf
Den Anti-Islam-Wahlkämpfen der FPÖ begegnet Schakfeh ohne Panik. "Populistische Politiker betreiben Missbrauch der demokratischen Möglichkeiten, indem sie sich Entgleisungen insbesondere in Richtung Minderheiten erlauben", spricht er auf Aussagen in FPÖ-Wahlkämpfen an. "Die Demokratie kann nur eine wirkliche Demokratie sein, wenn die Rechte der Minderheiten geschützt bleiben." Trotzdem werde man sich gegen jede "Entgleisung" äußern - "und wir haben gute Verbündete, angefangen vom Herrn Bundespräsidenten bis zu den Großparteien. Eigentlich habe ich keine großen Befürchtungen". Auch die Mehrheit der Wähler werde immun gegen solche Aussagen bleiben und Erdrutschsiege der Populisten verhindern, hofft Schakfeh.

Minarettverbot
Was das in der Schweiz beschlossene Minarettverbot betrifft, ist der IGGiÖ-Präsident gegen klare gesetzliche Regelungen zum Bau von Moscheen, wie sie etwa das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte gefordert hatte. "Ich bin nicht für eine 'Lex Minarett'. Ein Spezialrecht bedeutet eine Ausgrenzung. Wir wollen im Rahmen der bestehenden Gesetze genauso wie alle anderen behandelt werden. Beim Bau eines Wohnhauses, einer Moschee oder einer Kirche sollen die gleichen Kriterien gelten."

Insgesamt sieht der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft eine "Schieflage für die Muslime in der Welt". "Seit dem 11. September 2001 haben wir eine andere Welt als vor diesem Datum. Natürlich ist das für uns Muslime schwierig und nicht zufriedenstellend, dass die Menschen nicht unterscheiden können und wollen zwischen einer kleinen Gruppe, die das alles gemacht und verursacht hat - das ist kriminell und verrückt - und zwischen der absoluten Mehrheit der Muslime, die das alles abgelehnt und verurteilt hat." Vonseiten der IGGiÖ versuche man aufzuklären, so Schakfeh. "Wenn jemand eine strafbare Handlung begeht, dann ist er der Schuldige und nicht seine Glaubensgenossen." Denn: "Kollektivschuld gibt es nicht."

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