Der indische Premierminister Narendra Modi hält sich am Dienstag und Mittwoch zu einem Besuch in Österreich auf.
Auf dem Programm in Wien stehen Gespräche mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), ein Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen sowie eine Begegnung mit führenden österreichischen Unternehmern. Thematisch stehen die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen sowie der Ukraine-Krieg im Mittelpunkt, zumal Indien gute Beziehungen zum Kreml unterhält.
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Modi kommt am Dienstag mit dem Flugzeug von einem zweitägigen Besuch in Moskau an. In der russischen Hauptstadt absolviert Modi Gespräche mit Präsident Wladimir Putin. Indien und Russland pflegen enge Verbindungen. Beide Länder gehören sowohl den BRICS-Staaten an (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika u. a.) als auch der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) an. Beim Ukraine-Krieg wie auch den wirtschaftlichen Konflikten des Westens mit Russland und China nimmt Indien in der Regel eine Position der Äquidistanz ein. Dafür bekommt das Land etwa russisches Erdöl zu einem günstigen Preis geliefert.
Modis guter Draht zu Putin
Vor dem Hintergrund des guten Drahtes Modis zu Putin will Nehammer gleich am Dienstagabend bei einem Abendessen unter vier Augen mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine "die gemeinsame Verantwortung für Frieden und Stabilität in der Welt" ausloten, wie es aus dem Bundeskanzleramt hieß.
Nehammer sei "wichtig, mit den BRICS-Staaten auf Augenhöhe zu sprechen". Sie spielten im Ukraine-Krieg "eine besondere Rolle. Putin hört ihnen zu", so der Kanzler. "Die USA sind eine militärische und wirtschaftliche Supermacht und immer ein wichtiger Player, wenn es um Krieg oder Frieden geht." Aber auch die BRICS-Staaten seien wichtige Partner. "Und ich baue sehr stark auf Indien." Zudem will Nehammer die wirtschaftlichen Beziehungen zum bevölkerungsreichsten Land der Welt intensivieren. Das ist aus österreichischer Sicht der zweite Schwerpunkt des Besuchs.
Mit militärischen Ehren empfangen
Offiziell mit militärischen Ehren empfangen wird Modi am Mittwochvormittag. Danach kommt es zu einem Arbeitsgespräch der beiden Regierungschefs im Bundeskanzleramt, gefolgt von Pressestatements. Um 14.00 Uhr trifft Modi laut Plan dann bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen gegenüber in der Hofburg ein. Auch für das Staatsoberhaupt ist "die Intensivierung der bilateralen Beziehungen, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft und Technologie" vorrangig, hieß es im Vorfeld aus der Präsidentschaftskanzlei.
Mit einem bilateralen Handelsvolumen von rund 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 zählt Indien zu den wichtigsten Handelspartnern Österreichs außerhalb der EU, teilte das Bundeskanzleramt mit. Österreichische Exporte nach Indien steigen kontinuierlich. Gemäß Angaben der Österreichischen Nationalbank (OeNB) beliefen sich die österreichischen Direktinvestitionen in Indien Ende 2023 auf 733 Millionen Euro, während indische Direktinvestitionen in Österreich 1,6 Milliarden Euro erreichten. Rund 150 österreichischen Firmen haben Niederlassungen in Indien.
Wirtschaftsdelegation
Der indische Regierungschef wird von einer Wirtschaftsdelegation nach Wien begleitet. Die Wirtschaftskammer (WKÖ) richtet laut Ankündigung zwischen den Begegnungen mit Nehammer und Van der Bellen ein Treffen Modis mit österreichischen Unternehmern und Unternehmerinnen sowie der Delegation aus Indien aus. Dieses Wirtschaftsforum findet in der Hofburg statt, wobei Modi und Nehammer zum Abschluss Reden halten sollen.
"Indien ist ein komplexer Markt, der aber gewaltiges Potenzial für unsere Exportwirtschaft birgt. Wir sprechen von der derzeit am stärksten wachsenden Volkswirtschaft unter den G20-Staaten. Schon heute stellt Indien mit 1,4 Milliarden Menschen 18 Prozent der Weltbevölkerung, erwirtschaftet aber bislang nur 3 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Wir sehen hier noch beträchtliche Chancen für Österreichs Wirtschaft", erklärte WKÖ-Vizepräsident Wolfgang Hesoun im Vorfeld. Als wichtige Bereiche für den Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen nennt die WKO "Nachhaltigkeit, neu entstehende Technologien und Lieferketten-Resilienz".
Modi ist seit zehn Jahren Regierungschef
Der Hindu-Nationalist Modi, der seit zehn Jahren Regierungschef ist, will das bevölkerungsreichste Land der Welt international als politisches und wirtschaftliches Schwergewicht etablieren. Modis Bharatiya Janata Party (BJP) gewann heuer zwar die dritte Parlamentswahl in Folge, musste aber einen innenpolitischen Dämpfer hinnehmen: Die BJP verlor ihre absolute Mehrheit und ist nunmehr auf einen Koalitionspartner angewiesen.
Kritik erntet Modi im Inland von jenen Gegnern, die eine immer stärker werdende Bevorzugung der Hindus und damit eine Benachteiligung anderer Volksgruppen und Minderheiten feststellen. Vor allem viele indische Muslime werfen der Regierung vor, eine Politik zu betreiben, die ihren Interessen zuwiderläuft. So weihte Modi persönlich in der Pilgerstadt Ayodhya einen umstrittenen Hindu-Tempel an einem Ort ein, an dem einst eine jahrhundertealte Moschee stand. Außerdem wurde ein umstrittenes Staatsbürgerschaftsgesetz verabschiedet, das Einbürgerungen beschleunigt, aber muslimische Migranten aus Nachbarländern ausschließt. Gescheitert ist Modi im Inland mit einer Liberalisierung des Agrarmarktes, gegen die die indischen Bauern 2020 und 2021 erfolgreich protestierten.
Vordergründiger Anlass des Modi-Besuches ist ein historisches Datum. 1949 noch während der Besatzungszeit nahmen die Republik Österreich und Indien diplomatische Beziehungen auf. Es gibt also ein 75-jähriges Jubiläum zu feiern.