Amtsgeheimnis-Aus

Regierung: ''Revolution'' bei der Informationsfreiheit

05.10.2023

Vizekanzler Kogler spricht von einer Revolution und sagt: "95% von dem, was zu erreichen war, haben wir erreicht."  Verfassungsministerin Edtstadler: "Transparenter Staat ist da."  

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© APA/ Jäger
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Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) verkündeten am Donnerstag die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und einen Durchbruch bei der Informationsfreiheit. Sowohl auf Landesebene als auch auf Gemeindebene könne man schneller zu Informationen kommen, etwa zur Raumordnung. 

Kogler jubelte: "Bye Bye, Amtsgeheimnis, welcome Informationsfreiheit."

Edtstadler sagte: "Wir wollten immer einen transparenten Staat schaffen. Jetzt haben wir das 100 Jahre alte Amtsgeheimnis abgeschafft und ein verfassungsgesetzlich gesichertes Recht auf Information in Österreich."  

Die Ministerin erklärte: "Die Geheimhaltung wird in Zukunft die Ausnahme sein. Wir drehen unser bisheriges System um 180 Grad."

Informationen von allgemeinem Interesse müssen "proaktiv kundgemacht werden" von Organen der Verwaltung und der Gerichtbarkeit, sowie dem Parlament. Für die die Landtage ist eine Ausnahme vorgesehen. Sie verweisen darauf, ohnehin schon sehr transparent zu sein. 

Ausgenommen sind weiterhin Informationen, die der Geheimhaltung unterliegen. Medizinische Informationen etc. blieben geschützt.

"Selbstverständlich sind auch Gemeinden von der Informationspflicht erfasst", betonte Edtstadler.

Nur Gemeinden über 5.000 Einwohner müssen Infos "proaktiv" zur Verfügung stellen. Kleinere Gemeinden können dies freiwillig tun. Wichtig: "Passiv" kann überall angefragt werden und auch kleinere Gemeinden sind dann zur Beantwortung von Anfragen verpflichtet. 

Grundrecht auf Zugang zu Informationen gilt für alle Organe der Verwaltung 

Edtstadler stellte klar: "Das Grundrecht auf Zugang zu Informationen gilt für alle Organe der Verwaltung. Aber nur die Informationen können abgefragt werden, die bereits stehen." Beamte sollen nicht mit Recherche-Aufträgen überlastet werden. Die Bürgermeister würden unterstützt werden.

Die einzigen Kosten würden bei großen Anfragen mit enormen Datenmengen anfallen, sagte Edtstadler: "Wenn tausende Seiten ausgedruckt werden müssen oder via Datenträger übergeben werden müssen, dann Druckkosten oder Datenträger zu bezahlen."

Informationen gebührenfrei, schriftlich oder telefonisch anfragen
 

Informationen anzufragen ist kostenlos. Innerhalb von vier Wochen muss die Behörde antworten.

Tut sie es nicht, kann ein schriftlicher Bescheid über die Nicht-Erteilung der Information verlangt werden. Der muss in 2 Monaten ausgestellt werden und gegen diesen kann dann Beschwerde erhoben werden.

"Die Regierungsvorlage, die wir beschließen, ist ein Meilenstein. Die wird jetzt dem Parlament übermittelt", sagte Edtstadler. Dort braucht es auch die Opposition für eine Zwei-Drittel-Mehrheit sowohl im Nationalrat wie auch im Bundesrat.

Die Bundesregierung erklärt: "Wir setzen es uns zum Ziel, dass die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und das Grundrecht auf Information– nach geplanter Beschlussfassung im Parlament und folgender Legisvakanz von 18 Monaten – 2025 endgültig in Kraft tritt."

Die Eckpunkte der geplanten Reform  

  • Das Amtsgeheimnis (eingeführt mit der B-VG-Novelle 1925) wird in seiner bisherigen Form nach rund 100 Jahren abgeschafft. 
  • Jede und jeder verfügt künftig über ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu Information.
  • Von einer informationspflichtigen Stelle kann binnen einer Frist von 4 Wochen (Aufschub um weitere 4 Wochen möglich) bereits vorhandene Information verlangt werden.
  • Bei Nicht-Auskunft kann das Recht auf Information vor Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden
  • Hiervon sind alle Organe der Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen erfasst.
  • Die Verpflichtung betrifft Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie allen Gemeinden.

Diese Infos müssen nicht veröffentlicht werden

  • Informationen müssen nicht erteilt werden, wenn der Antrag missbräuchlich erfolgt. Darüber hinaus gelten Geheimhaltungsgründe und es ist auf Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Datenschutz, Rücksicht zu nehmen. 

 

Bei Rechnungshof-geprüften Unternehmen: Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtigen

  • Informationen sind auch von nicht hoheitlich tätigen Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegen, zu erteilen – wobei die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht beeinträchtigt werden darf. 

Das bedeutet die proaktive Veröffentlichungspflicht

  • Info-Register: „Information von allgemeinem Interesse“ (nunmehr zusätzliche Beispiele im Gesetz aufgezählt, z. B. Geschäftseinteilung, Tätigkeitsberichte, Amtsblätter etc., neben bereits angeführten Studien, Gutachten, Verträge,…) müssen proaktiv in einem Informationsregister auf www.data.gv.at ehestmöglich veröffentlicht werden.
     
  • Von der proaktiven Veröffentlichungspflicht sind in erster Linie die Organe der Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organe umfasst.
  • Vom Info-Register ausgenommen: Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind ausgenommen , können aber selbstverständlich solche Informationen freiwillig veröffentlichen.
  • Ausgenommen von der proaktiven Veröffentlichungspflicht sind Informationen, soweit und solange sie beispielsweise im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Geheimhaltung unterliegen.  
     
  • Eigene Info-Seiten: Die proaktive Veröffentlichungspflicht gilt auch für Nationalrat und Bundesrat mitsamt des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft, sowie für die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichte, den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof. Sie müssen allerdings nicht in das Info-Register einspeisen, weil sie eigene Seiten haben, wie etwa parlament.gv.at oder ris.bka.gv.at (für Urteile/Erkenntnisse der (Verwaltungs-)Gerichte. 
  • Informationen müssen von jenen Stellen veröffentlicht werden, welche diese auch erstellt haben.
  • Von der proaktiven Informationspflicht umfasst sind Informationen, welche ab Inkrafttreten des Gesetzes entstehen.
  • Die im Zuge der Reform des Parteiengesetzes geschaffene Norm des Art. 20 Abs. 5 B-VG wird durch die neue Regelung des Informationsregisters ersetzt.

Informationspflichtige Stellen haben im Rahmen der Legisvakanz, dem Zeitraum zwischen der Verkündung der Rechtsnorm und ihrem Inkrafttreten, also nach der Beschlussfassung des Infofreiheit-Gesetzes bis zu dessen Inkrafttreten, insgesamt 1,5 Jahre Zeit, um sich auf die effektive Umsetzung vorzubereiten.
Das Bundeskanzleramt will umfassende Informationsmaterialien für informationspflichtige Stellen zur Verfügung stellen.
Auch die Datenschutzbehörde wird Leitfäden zur Verfügung stellen und Fortbildungen für Datenschutzbeauftrage veranstalten.
 

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