Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat seine für Donnerstag geplante Reise nach Syrien mit seiner deutschen Amtskollegin Nancy Faeser (SPD) wegen konkreter Warnhinweise auf eine terroristische Bedrohung abgebrochen.
"Die mögliche Bedrohung für die Delegationen sowie die eingesetzten Sicherheitskräfte war nicht verantwortbar", teilte das Innenministerium am Donnerstag in der Früh mit. Die Entscheidung sei von beiden Ministerien gemeinsam getroffen worden.
Karner und Faeser befinden sich derzeit in der jordanischen Hauptstadt Amman. Die für den Vormittag geplante Weiterreise in die syrische Hauptstadt Damaskus wurde abgesagt. Im Mittelpunkt der Gespräche wären Sicherheitsfragen und Perspektiven zur Rückkehr syrischer Flüchtlinge im Falle einer Stabilisierung Syriens gestanden. Die Reise war im Vorfeld nicht angekündigt worden und sei unter hohen Sicherheitsvorkehrungen geplant gewesen, so das Ministerium.

Geplant waren Gespräche zwischen Faeser und Karner sowie Vertretern der Vereinten Nationen, des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR), von UNICEF und des Welternährungsprogramms. Ebenso wären Treffen mit dem Innen- und dem Außenminister der syrischen Übergangsregierung am Programm gewesen.
280.000 Syrer zurückgekehrt
Seit dem Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad im vergangenen Dezember sind nach jüngsten Schätzungen der Vereinten Nationen insgesamt 280.000 Syrer aus dem Ausland in ihre Heimat zurückgekehrt. Fast 30 Prozent der Millionen syrischer Flüchtlinge im Nahen Osten wollen nach UNO-Angaben im nächsten Jahr zurückkehren.
In Österreich leben laut Statistik Austria 104.699 Syrer (Stand 11.2.). Nach dem Fall des Assad-Regimes wurden Asylentscheidungen für Syrerinnen und Syrer ausgesetzt und mehr als 2.400 Aberkennungsverfahren eingeleitet. Am Mittwoch beschloss die Regierung zudem eine Pause beim Familiennachzug für Flüchtlinge. Im heurigen Jahr erhielten nur 39 Syrer einen Asylstatus.
In Deutschland lebten zu Jahresbeginn rund 975.000 syrische Staatsangehörige, berichtet die deutsche Nachrichtenagentur dpa. Darunter waren rund 10.200 Ausreisepflichtige. Etwa 9.100 von ihnen besaßen eine Duldung. Seit mehr als zwei Monaten arbeitet das deutsche Innenministerium an einer Regelung, die es Geflüchteten aus Syrien erlauben soll, für kurze Zeit in die alte Heimat zu reisen, ohne dadurch ihren Schutzstatus in Deutschland zu riskieren.
500.000 Tote im Bürgerkrieg
Seit dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs, der 2011 mit der brutalen Niederschlagung von Protesten gegen die Assad-Regierung begann, wurden mehr als 500.000 Menschen getötet. Millionen Menschen flohen vor dem Krieg, wirtschaftlicher und humanitärer Not in benachbarte und andere Länder. Allein in der Türkei, die eine 900 Kilometer lange Grenze mit Syrien teilt, leben rund 2,9 Millionen syrische Flüchtlinge.
Assad war am 8. Dezember von einer Rebellenallianz unter Führung der Islamistengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) gestürzt worden. Assad flüchtete nach Russland. Das Land wird seither von einer Übergangsregierung um den Präsidenten Ahmed al-Sharaa geführt. Vor drei Wochen hatte ein Überraschungsangriff alawitischer Assad-Anhänger eine Militäraktion in der Küstenregion im Nordwesten ausgelöst mit Hunderten Toten - darunter viele alawitische Zivilisten. Demgegenüber stehen positive Entwicklungen wie die Vereinbarung eines Abkommens zwischen der Übergangsregierung und den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) am 10. März.