Zug mit zwei Verdachtsfällen gestoppt

Innenministerium gibt Entwarnung – Kein Coronavirus

23.02.2020

oe24-EXKLUSIV: An der Brenner-Grenze wurde laut Sicherheitskreisen ein Zug mit zwei Coronavirus-Verdachtsfällen an Bord gestoppt – Kurz darauf wurde der Zugverkehr zwischen Österreich und Italien eingestellt.

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Wien/Brenner. Wegen dem Verdacht auf zwei Fälle von Coronavirus in einem Zug von Venedig nach München ist der Personenverkehr zwischen Österreich und Italien über die Brennergrenze einige Stunden eingestellt worden. Nach oe24-EXKLUSIV-Berichten bestätigten sowohl Landessanitätsdienst & Innenministerium, dass 500 Passagiere am späten Sonntagabend auf dem italienischen Grenzbahnhof am Brenner in zwei Personenzügen zeitweilig fest saßen. Um 23.30 ging die Reise weiter, teilte die italienische Bahn mit.
 
 

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Innenministerium gab Entwarnung

Kurz davor hatte das österreichische Innenministerium Entwarnung gegeben. "Die beiden coronaverdächtigen Personen wurden negativ getestet. Der Zug fährt daher in Kürze weiter", teilte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in einer Stellungnahme mit. Bei allen Passagieren, die in Österreich aussteigen, werden Identitätsfeststellungen vorgenommen, hieß es.
 
Ein Zug aus Italien war am Brenner vor der Staatsgrenze angehalten worden, weil gemeldet worden war, dass sich zwei Personen mit Verdacht auf den Coronavirus im Zug befänden. Nach der Meldung von zwei Personen mit Fiebersymptomen durch die italienische Bahn informierte die ÖBB das Einsatz- und Koordinierungscenter des Innenministeriums. Der zuständige Bezirkshauptmann aus dem Bezirk Innsbruck-Land stoppte daraufhin den Zug per Bescheid – oe24 berichtete.
 
An Bord des Zuges, der auf dem Weg von Venedig nach München war, befanden sich rund 300 Personen, mehrheitlich Österreicher und Deutsche. Der Südtiroler Zivilschutz sei eingeschaltet worden, um den Passagieren - zum Großteil Österreicher und Deutsche - Unterstützung zu leisten, berichtete die Polizei in Bozen.
 
Der Eurocity 86 war am Sonntagnachmittag von Venedig abgefahren und hatte in Verona gehalten, nachdem zwei deutsche Fahrgäste mit Fiebersymptomen und schwerem Husten aufgefallen waren. Die beiden Frauen wurden daraufhin in einem Krankenhaus in Verona auf den Coronavirus untersucht, das Testergebnis war jedoch negativ. Der Zug fuhr daraufhin weiter, wurde jedoch am Brenner erneut gestoppt.
 

Zugverkehr zwischen Österreich und Italien komplett eingestellt

Daraufhin stellte die Tiroler Landeswarnzentrale den Personenzugverkehr von Italien über den Brenner vorerst ein, wie die ÖBB mitteilten. Betroffen waren am Sonntagabend laut ÖBB die Züge EC86, EC1288, den REX1828 sowie den Express Nizza-Moskau D408. "Die für solche Situationen vorgesehene Prozess- und Einsatzkette ist voll angelaufen", teilten die ÖBB mit. "Wir stehen mit den zuständigen Behörden in Kontakt und warten die weiteren Schritte und Anweisungen ab". Regionalzüge zwischen Innsbruck und Brenner blieben eine Station vorher stehen und kehrten um, erklärte ÖBB-Sprecher Robert Lechner.
 
 
Laut italienischer Polizei in Bozen saßen am späten Abend insgesamt rund 500 Passagiere in zwei Zügen am Bahnhof Brenner fest. Die Passagiere konnten aussteigen, da keine Bewegungsbeschränkung seitens der italienischen Gesundheitsbehörden erteilt worden sei, berichtete die Polizei.
 

Anschober: Grenzkontrollen derzeit nicht notwendig

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) meinte in der ORF-Sendung "Zeit im Bild 2" Grenzkontrollen gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus seien "derzeit nicht erforderlich". Aber wir sind sehr, sehr in Sorge, wir sind vorsichtig und aufmerksam und werden morgen den Sachverhalt noch einmal mit allen Experten überprüfen", verwies er auf den für Montag angesetzten Einsatzstab.
 
 
Man könne derzeit nicht prognostizieren, wie sich die Lage bei der vom Virus SARS-CoV-2 ausgelösten Epidemie entwickeln werde, in etwa drei Wochen werde man womöglich wissen, ob es zu einer globalen Ausbreitung kommt. "Die Gesundheitsbehörden tun alles, damit das nicht der Fall ist", betonte Anschober. Er verwies auf den "hervorragend" aufgestellten österreichischen Gesundheitsbereich und die gute internationale Vernetzung der Behörden. Sollte es bei Verdachtsfällen Spuren nach Österreich geben, werde dies umgehend gemeldet und untersucht.
 
Der Beschluss Österreichs, die Züge zu stoppen, löste am Sonntag Unmut unter den italienischen Behörden aus. Es gebe keinen Grund dafür, da kein Coronavirus-Verdachtsfall an Bord bestätigt worden sei, hieß es. Die beiden deutschen Passagierinnen mit Fiebersymptomen liegen im Krankenhaus von Verona, es gebe jedoch keine Hinweise einer Coronavirus-Erkrankung.
 
Unterdessen wurden am Sonntag erstmals auch bestätigte Coronavirus-Fälle im Trentino, der italienischen Provinz südlich von Südtirol gemeldet. Dabei handelt es sich um drei Touristen aus der Lombardei. Die Familie, die aus der lombardischen Provinz Cremona stammt, befindet sich in einem Krankenhaus in Bergamo. In Italien gibt es mehr als 150 bestätigte Infizierte mit dem Coronavirus.
 
 
 

Bundeskanzler Kurz nimmt an Einsatzstab teil

Die Sicherheitsbehörden nehmen die Lage in Italien "sehr ernst", sagte Ressortchef Karl Nehammer (ÖVP), nachdem er sich im Einsatz- und Koordinationscenter (EKC) im Innenministerium von den Experten informieren hat lassen. Auffällig sei dabei der rasche Anstieg bei den Fallzahlen, die Lage im Nachbarland entwickle sich "dynamisch".
 
Zur von Italien von verschiedenen Stellen bereits erhobenen Forderung nach Schließung der Grenzen im Stiefelstaat verwies der Innenminister auf die Einschätzung der Experten, die auch am Montag, wieder unter Beteiligung des Gesundheitsministeriums im BMI zum Einsatzstab zusammentreten und die neuesten Entwicklungen abwägen werden. Wie ÖSTERREICH erfuhr wird auch Bundeskanzler Sebastian Kurz dem einberufenen Einsatzstab beiwohnen.
 
© APA/ROLAND SCHLAGER
 
Grundsätzlich wäre ein solcher Schritt "sehr rasch umzusetzen". Binnen Minuten bzw. binnen einer Stunde könnten Grenzkontrollen "hochgefahren werden", erläuterte Franz Lang, Leiter des Bundeskriminalamts (BK) - abhängig davon, welche Maßnahmen, vor allem gesundheitsspezifischer Natur, man durchführen wolle.
 
Nehammer gab überdies bekannt, dass am Sonntag ein Transportflieger mit Hilfsgütern vom Flughafen Wien in Schwechat gestartet ist. Die Maschine soll rund 50 Tonnen medizinisches Material in die von der SARS-CoV-2-Epidemie hauptbetroffene chinesische Stadt Wuhan bringen.
 
© APA
 

FPÖ-Klubobmann Kickl fordert Grenzkontrollen

FPÖ-Klubobmann Hebert Kickl spricht sich im Interview mit oe24 für Grenzkontrollen an der italienischen Grenze aus, sollte sich die Lage in Italien weiter verschärfen: "Das Wichtigste ist jetzt, das Einschleppen des Virus nach Österreich zu verhindern. Dazu bedarf es einer offensiven, systematischen und konkreten Kommunikation durch die Verantwortlichen in der Regierung. Was wir aber hören, ist völlig nebulös und unbestimmt. Sowohl Innenminister Nehammer als auch Gesundheitsminister Anschober betonen, dass Österreich auf den Ausbruch des Coronavirus bestens vorbereitet sei. Ich will aber verhindern, dass es überhaupt soweit kommt. Eine Corona-App mit Reisewarnungen, aktuellen Infektionsberichten und Informationen zu produktivem Verhalten, um eine Infektion zu verhindern – das wäre zeitgemäß und nicht die unaktuellen und nichtssagenden Infos auf der Webseite des Gesundheitsministeriums. Und wenn sich die Lage in Italien weiter verschärft, werden Grenzkontrollen nötig sein, aber auch dazu vermisse ich jede Vorbereitung."

Auf die Frage, wie diese Grenzkontrollen konkret aussehen sollten, antwortet Kickl: "Wesentlich ist, dass man den Grenzverkehr auf ein Minimum beschränkt. Dazu sollte zunächst einmal die italienische Politik aufrufen.Und dann müsste man eben bei den Grenzübergängen in der Nähe von Krisengebieten und auch bei Flügen aus diesen Regionen kontrollieren. Dazu braucht man Polizei und die Experten des Bundesheeres und der Gesundheitsbehörden."

Ob es auch an den Grenzen Fiebertests geben solle, so wie an den Flughäfen? Kickl dazu: "Ja, um effizient zu sein, muss bei massiver Verschärfung der Lage im Grenzgebiet zu Österreich und nach entsprechender Einschätzung der medizinischen Experten bei den Kontrollen auch Fieber gemessen und mit Erhebungsbögen gearbeitet werden, um im Fall der Fälle den Ausbreitungsweg nachvollziehen zu können."

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