Die schweren Vorwürfe richten sich gegen das Innenministerium.
Schwere Vorwürfe werden gegen das Innenministerium in Zusammenhang mit Abschiebungen erhoben: NGOs vermuteten schon länger, dass sich das Ressort die Heimreisedokumente bei den Heimatländern der Abzuschiebenden widerrechtlich besorgt, indem man Informationen wie Strafregisterauskünfte und Daten aus den Asylverfahren an die diplomatischen Vertretungen weitergibt. Rechtsberater des Vereins Ute Bock haben nun einen Brief einer Sachbearbeiterin des Ministeriums an die Konsularabteilung der nigerianischen Botschaft in Händen, der diesen Verdacht erhärtet. Von diesen Praktiken sollen demnach auch Personen betroffen sein, die am Dienstag per Flieger nach Nigeria bzw. Gambia abgeschoben werden sollten. Das Innenministerium wies die Vorwürfe zurück.
Brief
Die NGO-Vertreter bestätigten damit einen Bericht des für
Radio Orange tätigen Journalisten Herbert Loitsch. In dem anonymisiert
vorliegenden und offenbar vorgefertigten Schreiben heißt es unter anderem
wörtlich: "The above named person had been sentenced by Austrian criminal
courts and his/her further residence constitutes a threat to public order
and security (Die oben genannte Person ist von österreichischen
Strafgerichten verurteilt worden und sein/ihr weiterer Aufenthalt stellt
eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar). (...) A
residence prohibition had been imposed on the above named person because of
his/her criminal record (Ein Aufenthaltsverbot wurde über die oben genannte
Person wegen seines/ihres Strafregisters verhängt)."
Strafregisterauszug
Etwas weiter unten finden sich unter den
Anlagen neben Fotos auch "records": Laut Klaric handelt es sich dabei eben
um einen Strafregisterauszug des Abzuschiebenden. Die Rechtsberaterin ging
in einem Interview mit Loitsch noch weiter: Es werde massiver Druck auf die
Botschaften ausgeübt, es würden "ganz bewusst Lügen über Asylwerber in die
Welt gesetzt". Man könne auch belegen, dass Botschaftsvertretern und sogar
Vertretern des Heimatlandes persönlich Einblick in Asyl-
und Strafakten gewährt worden sei.
Formblätter
Laut Innenministeriums-Sprecher Rudolf Gollia
gab es bis vor einigen Wochen zwei Formblätter, die den diplomatischen
Vertretungen zugeschickt wurden, um einerseits die Identitäten von
Abzuschiebenden festzustellen, andererseits die Heimreisezertifikate zu
erlangen. In dem einen stand, dass die betreffende Person gerichtlich
verurteilt sei, im zweiten ausschließlich, dass sich die Person illegal im
Lande aufhalte, so Gollia. "Seit ein paar Wochen ist es so, dass nur mehr
das zweite Formblatt verschickt wird."
Klaric erklärt weiter: "Wir hatten im Sommer sogar einen Fall, wo ein Asylwerber, der in Österreich nie eine Verurteilung hatte, einem Vertreter seiner Botschaft vorgeführt wurde. Der Botschaftsangehörige sagte ihm, dass er abgeschoben werde, man habe ein Dokument in der Hand, er habe Probleme gemacht, 'du hast ja eine Verurteilung'. Unser Mandant sagte daraufhin, dass er in Österreich nie etwas angestellt habe und nie verurteilt worden sei. Daraufhin der Botschaftsvertreter: 'Wir haben das ja, dass du verurteilt worden bist'."
Gollia wies das zurück: Es seien "weder Akteninhalte aus Asyl-noch aus fremdenpolizeilichen Verfahren und schon gar nicht aus Strafverfahren weitergegeben worden", sagte er.