124 Anträge der Opposition

Schlacht ums Budget bis ins Morgengrauen

21.12.2010

Das „größte Sparpaket der Zweiten Republik“ sorgte für eine Marathonsitzung.

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© TZ Österreich/Hochmuth
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Günstig, dass der Nationalrat mit dem Vollmond einen Muntermacher zur Seite hatte. Nicht weniger als 18 Stunden und 17 Minuten nahmen sich die Abgeordneten von Montagvormittag bis Dienstag früh Zeit für den Auftakt zu den Budgetberatungen. Beschlossen wurde dabei mit Koalitionsmehrheit das Budgetbegleitgesetz, das sämtliche Steuer- und Sparmaßnahmen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung enthält. Erst andiskutiert wurde das Budget selbst, dessen erste fünf Kapitel bis nach vier Uhr früh durchgenommen wurden.



Streit um Inneres
Allzu hoch her ging es dabei nicht mehr, was angesichts des Debattenbeginns um 0.16 Uhr nicht wirklich wunderte. Am meisten gestritten wurde noch zum Kapitel Inneres, wo sich Ressortchefin Maria Fekter (V) deftiger Angriffe erwehren musste. Sie habe die Ahnungslosigkeit zum Prinzip erhoben, wetterte etwa BZÖ-Sicherheitssprecher Peter Westenthaler, seine Kollegen von den Grünen und der FPÖ, Peter Pilz bzw. Leopold Mayerhofer hielten Fekter vor, die Polizei im Stich zu lassen.

Auch dass die Kriminalität gestiegen sei, prangerte die Opposition entschlossen an, was die Innenministerin so richtig wach rüttelte. Es müsse wohl an der Uhrzeit und am Vollmond liegen, dass solche Fehlinformationen verbreitet würden, spottete Fekter.

Zähe Debatten
Nicht wirklich von den Sitzen rissen die Debatten zu den übrigen Kapiteln. Beim Bereich Äußeres ärgerten sich die Grünen über die Kürzung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit, bei der Justiz forderte die Opposition geschlossen mehr Personal, bei der Debatte zum Kanzleramt bemängelten FPÖ und BZÖ die fehlende Verwaltungsreform und bei der Verteidigung warben Grüne und BZÖ für ein Ende der Wehrpflicht, während die FPÖ genau davor warnte, ehe um 4 Uhr 17 die Aussprache plangemäß bis 9 Uhr unterbrochen wurde.

Dass es überhaupt so lange dauerte, verdankten die Mandatare den Grünen, die beim Budgetbegleitgesetz rund zwei Dutzend Abänderungsanträge namentlich - also mit Gang zur Wahlurne - abstimmen ließen. Das kostete inklusive stundenlanger Pausen, die zur Erstellung des Abstimmungsprogramms benötigt wurden, neun Stunden.

Minimal-Besetzung
Wer vermutet hätte, dass die Grünen dann der Debatte in der Nacht besonders interessiert gelauscht hätten, wurde enttäuscht. Teilweise waren nur noch vier ihrer Mandatare im Plenarsaal anwesend. Freilich war auch die Disziplin der anderen Fraktionen nicht viel besser. Kaum einmal saß während der vier Stunden Budgetdebatte viel mehr als die Hälfte der Abgeordneten im Saal. Diejenigen, die durchhielten, stärkten sich mit Kaffee im Häferl bzw. Kaffee-Pralinen, die in den freiheitlichen Reihen verteilt wurden.

Nötig war der Koffeinschub allemal - nicht nur ein Abgeordneter nickte während des nächtlichen Marathons das ein oder andere Mal ein. Den Vollmond ganz erwischt haben die Abgeordneten trotz aller Mühen übrigens nicht. Denn den gibt es erst um 9.13 Uhr zu bestaunen. Kleiner Trost: Da sitzen die Mandatare schon wieder im Hohen Haus, um den zweiten Tag der Budgetberatungen mit dem Kapitel Soziales einzuleiten.

Sparpaket ist 2,6 Milliarden schwer

1,4 Milliarden Euro Sozialkürzungen, 1,2 Milliarden Euro neue Steuern: So sieht das Sparpaket der Regierung aus.

Die wichtigsten Details des Sparpakets:

Familien: 270 Mio. Euro. Die Familienbeihilfe für Studenten wird nur mehr bis 24 Jahre ausbezahlt, nicht mehr bis 26. Ausnahmen: längere Studien, Präsenz- und Zivildiener, Mütter und nach einem freiwilligen sozialen Jahr. Die 13. Familienbeihilfe wird nur mehr als Fixbetrag von 100 Euro für 6- bis 15-Jährige ausbezahlt.
Der Mehrkindzuschlag ab dem dritten Kind wird von 36,40 Euro auf 20 Euro gekürzt.
Der Alleinverdienerabsetzbetrag für kinderlose Ehepaare fällt. Ausnahme: Pensionen unter 1.155 Euro.

Pflege: 17 Mio. Euro. Für Neufälle wird der Zugang zur ersten und zweiten Pflegestufe erschwert. Bis 2014 steigen die Einsparung auf 140 Millionen Euro.

Pensionisten: 250 Mio. Euro. Ein Jahr Wartefrist bis zum ersten Pensionsplus, 13. und 14. Bezug wird aliquotiert.
Bundesbeitrag für Bauern und Gewerbetreibende sinkt.
Nachkauf von Versicherungszeiten wird teurer.

Bankenabgabe: 500 Mio. Euro. Höhe der Steuer ist nach Größe der Bank gestaffelt.
MÖSt: 483 Mio. Euro. Steuer auf Benzin steigt um 4 Cent je Liter, auf Diesel: 5 Cent.

Stiftungen: 50 Mio. Euro. Steuer auf Zinsgewinne wird auf 25 Prozent verdoppelt.

Aktien: 30 Mio. Euro. Spekulationsfrist fällt, Steuer auf Kursgewinne fällt auch bei Verkauf nach einem Jahr an.

Tabak: 150 Mio. Euro. Plus 25 bis 35 Cent je Packung.

Flüge: 60 Mio. Euro. Für alle Ticketkäufe ab 1. Jänner und Flüge ab 1. April 2011.

Autos: 25 Mio. Euro. Höhere NoVA für Wagen mit höherem Schadstoffausstoß.

Betrug: 100 Mio. Euro. Steuerhinterziehung soll schärfer geahndet werden.

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