Politischer Islam

Islam-Forscher warnen vor Ausbreitung von Salafismus

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Die Dokumentationsstelle Politischer Islam warnt vor dem Einfluss aus Drittstaaten. Gefährliche Organisation Hizb ut-Tahir auch in Österreich aktiv. "Hipster-Salafisten" fluten Social Media.

Die Dokumentationsstelle Politischer Islam (DPI) rechnet mit einer Ausbreitung von Salafisten und deren Gedankengut in Österreich. Einen wesentlichen Teil dazu beitragen würden "Hipster-Salafisten", die sich unter anderem auf Social Media modern geben und missionieren.

Auch Aktivitäten der in vielen Ländern verbotenen Hizb ut-Tahrir Bewegung und Einfluss aus der Türkei ortet die Dokumentationsstelle in ihrem am Mittwoch präsentierten Bericht.

Salafistisch gelebter Islam in Österreich hat zugenommen 

Bereits seit Anfang der Covid-Pandemie habe die Anhängerschaft eines salafistisch gelebten Islams in Österreich zugenommen. Insbesondere junge und teils auch jugendliche Anhänger zeichnen sich durch ein Zur-Schau-Stellen des salafistischen Habitus, etwa durch Kleidung oder besonders strenge Verhaltensregeln aus, die wohl auch der Provokation und der Abgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft dienen, so die Dokumentationsstelle.

Trügerischer "Hipster-Salafismus" 

Daneben sei in den vergangenen Jahren aber auch ein Wandel zum "Hipster-Salafismus" sichtbar. Diese treten unauffälliger und deutlich angepasster auf, vertreten aber dieselbe Denkschule: Eine ultrakonservative Auslegung des Islams. Strenge Salafisten lehnen andere Auslegungen des Islams ab, innerhalb des Salafismus gibt es aber mehrere Strömungen. Lisa Fellhofer, Direktorin der Dokumentationsstelle, sieht in diesem Wandel Parallelen zu den Identitären im rechtsextremen Milieu.

"FITRAH" und "IMAN" missionieren

In Österreich seien es vor allem die beiden Gruppierungen "FITRAH" und "IMAN", die besonders missionieren. Anders als noch vor einigen Jahren die "Lies!"-Bewegung, die vor allem auf Straßenmissionierungen und Koran-Verteilungen setzte und 2016 in Deutschland verboten wurde, setzen die beiden Gruppen auf das Internet: In Videos werden etwa Christen und Atheisten "vorgeführt" oder Passanten auf der Mariahilfer Straße abgepasst und gefragt, wie es um ihr Wissen über den Islam stehe.

Die beiden Gruppen würden dabei ein "rückwärtsgewandtes Gesellschaftsbild", etwa in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit oder den Umgang mit manchen Minderheiten, propagieren, betonte Fellhofer bei der Präsentation, und warnt davor, dass die beiden seit 2014 missionierenden Gruppen als Einstiegsprogramm in ein radikales Milieu dienen können.

FITRAH und IMAN seien in ein großes transnationales Netzwerk eingebunden, so Fellhofer. Insbesondere gibt es Verbindungen zur Islamic Education and Research Academy, einer in Großbritannien ansässigen karitativen Missionsgesellschaft. Die beiden Gruppierungen stehen außerdem mit publikumsträchtigen salafistischen Aktivisten in Deutschland, wie Marcel Krass oder Stef Keris, in Kontakt. In der Vergangenheit gab es Befürchtungen, dass salafistische Missionsbewegungen - auch durch ihre internationalen Kontakte - der erste Schritt für einzelne Radikalisierte am Weg in die dschihadistische Militanz sein könnten. Sowohl bei der "Lies!"-Kampagne als auch bei der hinter ihr stehenden Vereinigung "die wahre Religion" gab es Kontakte zu Akteuren aus der dschihadistischen Szene, woraufhin es zu Ausreisen einzelner jugendlicher Aktivisten in syrische Kriegsgebiete gekommen war.

Türkische Millî Görüş Bewegung sehr aktiv

Ein weiterer Fokus des Berichts liegt auf dem politischen Einfluss aus islamisch geprägten Drittstaaten. So stellt etwa die Millî Görüş Bewegung, die vom deutschen Verfassungsschutz als "antidemokratisch" eingestuft wird, in Österreich mit der Islamischen Föderation nach der ebenfalls türkischen ATIB den zweitgrößten Moscheeverband. Obwohl die Bewegung in Europa eigenständig organisiert wird, könne eine starke Einflussnahme seitens der Türkei festgestellt werden. Seit die türkische Regierungspartei AKP 2014 die Wahlbeteiligung von Türkeistämmigen im Ausland erleichtert hatte, hätten auch Wahlkampfaktivitäten wie ein Besuch des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu in Österreich zugenommen.

Besonders vor dem Hintergrund des Angriffs der radikalislamistischen Hamas auf Israel sieht die Dokumentationsstelle diesen Einfluss aus der Türkei problematisch. Sowohl der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan als auch Ali Erbaş, Präsident der türkischen Religionsbehörde Diyanet, als deren verlängerter Arm ATIB gilt, äußerten sich mehrmals antisemitisch. Letzterer nannte Israel etwa einen "rostigen Dolch im Herzen der muslimischen Welt".

Pro-Palästina-Demos

Ein "paradigmatisches Beispiel" dafür, wie gesellschaftliche Polarisierung erfolgen könne, seien die Pro-Palästina-Demos. Bei einigen wurde dem Staat Israel mehrfach die Existenzberechtigung abgesprochen und vonseiten der jüdischen Bevölkerung in Österreich zahlreiche islamistisch motivierte Drohungen und Übergriffe registriert - allerdings waren unter den Teilnehmern sowohl Menschen mit als auch ohne muslimischem Hintergrund.

Die Stelle dokumentierte im vergangenen Jahr auch Aktivitäten der in Deutschland verbotenen Hizb ut-Tahrir Bewegung, die die Errichtung eines globalen Kalifatstaates anstrebt. Obwohl Symbole der Gruppierung hierzulande seit 2021 verboten sind, wurde Österreich zum "neuen Zentrum im deutschsprachigen Raum". So betreibt etwa ihr deutscher "Mediensprecher" Shaker Assem von Österreich aus den deutschsprachigen Web-Auftritt. In seinen mittlerweile gelöschten Online-Predigten bezeichnete er Israel als "Krankheit" und rief zu Gewalt auf und dazu, "die Aggressoren zu töten, wo immer ihr sie trefft".

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Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) dankte der unter ihrer Ministerschaft ins Leben gerufenen Dokumentationsstelle. "Wir dürfen auf keinem Auge blind sein, wenn es um die Verteidigung unserer Grundrechte und Grundwerte geht. Die Dokumentationsstelle Politischer Islam leistet dazu einen wesentlichen Beitrag, indem sie demokratiefeindliche Netzwerke, Strukturen, Ideologien und Akteure auf Basis von Wissenschaft aufdeckt, sodass gegen sie vorgegangen werden kann", so die Ministerin in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

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