Innenminister sieht keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Regierung denkt offenbar nicht daran, ihren Entwurf zum Islamgesetz noch grundsätzlich zu überarbeiten. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) stellte am Samstag klar, dass die von ihren Regierungskollegen Josef Ostermayer (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) vorgelegten Neuregelungen "klar" und "dringend notwendig" seien.
Das neue Islamgesetz zum Durchklicken
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RECHTSSTELLUNG
Der erste Abschnitt des Islamgesetzes definiert die organisierten Muslime in Österreich als Körperschaft öffentlichen Rechts. Dass sich die Muslime der heimischen Gesetzgebung unterzuordnen haben, ist ebenso geregelt wie die Anforderungen an eine Verfassung der einzelnen Religionsgesellschaften. Auch die "Darstellung der Lehre einschließlich eines Textes der wesentlichen Glaubensquellen, der den Inhalt in deutscher Sprache wiedergibt" ist bereits im Entwurf enthalten, angeführt sind der Koran und "allenfalls Hadithe".
AUFGABEN
Zu den Aufgaben einer Religionsgesellschaft zählen laut Gesetzesentwurf "die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder, soweit sie über den Wirkungsbereich einer Kultusgemeinde hinausreichen". Auch die Namen von islamischen Religionsgesellschaften sollen künftig besser geschützt sein. Bei Verstößen gegen diese Bestimmung erhält die Betroffene Gruppierung das Recht, ein Verfahren einzuleiten.
BEGUTACHTUNGSRECHT
Islamische Religionsgesellschaften sind offiziell berechtigt, den Organen der Gesetzgebung und Verwaltung Gutachten Stellungnahmen, Berichte und Vorschläge "über Angelegenheiten, die gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften im Allgemeinen und die Islamische, Religionsgesellschaften betreffen", zu übermitteln.
RELIGIÖSE BETREUUNG
Das Islamgesetz fixiert erstmals das Recht von Muslimen auf religiöse Betreuung - also auf Seelsorger - in Einrichtungen wie dem Bundesheer, in Justizanstalten sowie in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Diese müssen allerdings den gesetzlich anerkannten Glaubensgemeinschaften unterstehen. Der erforderliche Sach- und Personalaufwand ist vom Bund zu tragen.
Absatz zwei dieses Paragrafen hat bereits für Befürchtungen und Kritik von Beschneidungsgegnern gesorgt. Dort heißt es: "Islamische Religionsgesellschaften und ihre Mitglieder sind berechtigt, Kinder und Jugendliche durch alle traditionellen Bräuche zu führen und entsprechend den religiösen Geboten zu erziehen." Dieser Passus ist auch nicht im ebenso erst modernisierten Israelitengesetz zu finden, das als Blaupause für das Islamgesetz verwendet wurde.
SPEISEVORSCHRIFTEN
Auch dieser Paragraf sorgte für Aufregung bei Gegnern der umstrittenen Schlachtmethode des Schächtens. Muslime haben - ähnlich auch Juden laut Israelitengesetz - demnach das Recht, "in Österreich die Herstellung von Fleischprodukten und anderen Nahrungsmitteln gemäß ihren interreligionsgesellschaftlichen Vorschriften zu organisieren".
Auch bei der Verpflegung von Muslimen bei Bundesheer, in Haftanstalten, Krankenhäusern und öffentlichen Schulen soll mit dem Islamgesetz sichergestellt werden, dass auf religiöse Speisegebote und -verbote Rücksicht genommen wird.
FEIERTAGE
"Islamischen Feiertagen wird der Schutz des Staates gewährleistet", heißt es in dieser Passage. Arbeitsrechtlich hat dies zwar noch keine Auswirkungen, dennoch bietet die Aufzählung offizieller Feiertage eine Basis für Verhandlungen zur Verankerung im Feiertagsruhegesetz und den Kollektivverträgen. Die Islamische Glaubensgemeinschaft führt im Islamgesetz drei solcher Tage an (Ramadanfest, Pilger-Opferfest, Aschura), die Aleviten fünf.
ABBERUFUNG VON FUNKTIONSTRÄGERN
Die Islamischen Glaubensgemeinden sind laut Entwurf künftig dazu verpflichtet, Funktionsträger wie etwa Imame ihrer Funktion zu entheben, sollten diese von einem Gericht zu einer Freiheitsstrafe von ab einem Jahr verurteilt worden sein. Dies gilt auch, sollten diese die "öffentliche Sicherheit, Ordnung, Gesundheit und Moral oder die Rechte und Freiheiten anderer nachhaltig gefährden".
ISLAMISCH-THEOLOGISCHE STUDIEN
Auch der Fahrplan für ein islamisch-theologisches Studium an der Universität Wien ist im Entwurf zum Islamgesetz geregelt: Ab 1. Jänner 2016 hat demnach der Bund sechs Stellen für Lehrpersonal zu erhalten. Die Glaubensgemeinschaft hat bei der Besetzung insofern ein Wort mitzureden, als dass ihr die Personen vier Wochen vor Bestellung "zur Kenntnis zu bringen" sind und diese eine Stellungnahme abgeben darf.
ISLAMISCHE FRIEDHÖFE
Das Islamgesetz regelt den Bestand der Friedhöfe für Muslime in Österreich. Diese sind "auf Dauer angelegt". Ihre Auflösung und Schließung sind "unzulässig" bzw. bedürfen der Zustimmung der zuständigen Kultusgemeinden. Bestattungen auf islamischen Friedhöfen dürfen zudem nur mit Zustimmung der jeweiligen gemeinde vorgenommen werden.
ANZEIGE- UND MELDEVERPFLICHTUNGEN
Sollte gegen einen Funktionsträger der Religionsgesellschaft ein Verfahren eingeleitet oder Haft verhängt werden, muss diese umgehend von der Republik informiert werden. Auch umgekehrt soll diese Verpflichtung bestehen.
UNTERSAGUNG VON VERANSTALTUNGEN
Behörden können Versammlungen und Veranstaltungen zu Kultuszwecken untersagen, "von denen unmittelbar eine Gefahr für die Interessen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit, der nationalen Sicherheit oder die Rechte und Freiheiten anderer ausgeht".
WAHLEN
Das neue Islamgesetz regelt erstmals Wahlen etwa in der IGGiÖ. Diese müssen in der jeweiligen Verfassung verankert sein, sodass eine Überprüfung möglich ist. Sollte die Dauer einer Funktionsperiode der gewählten Organe überschritten, darf die Behörde eine Frist setzen. Ansonsten muss - notfalls via Gericht durch Antrag durch den Bundeskanzler - ein Kurator bestellt werden.
InterpretationEs könne nicht so sein, dass jeder, der wolle, seine Interpretation der islamischen Glaubenslehre verbreiten dürfe. Das solle nur noch mit offizieller Genehmigung einer anerkannten Religionsgesellschaft möglich sein: "Dem müssen sich die islamische Vereine entweder unterordnen oder ihren Vereinszweck ändern. Andernfalls werden sie von uns umgehend aufgelöst", erklärte die für das Vereinswesen zuständige Innenministerin in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA.
Diese Regelung ist für Mikl-Leitner die "Grundlage für einen Islam österreichischer Prägung". Dabei sei auch klar, dass dieser nicht vom Ausland "finanziert und importiert werden soll, sondern selbstbewusst auf eigenständigen Beinen in Österreich stehen soll".
Verfassungsbedenken, wie sie auch am Samstag wieder in mehreren Medien von Juristen geäußert wurden, erkennt die Innenministerin nicht. Der Entwurf sei vom Verfassungsdienst im Kanzleramt geprüft worden.