Sicherheitstage
Islamistischer Terrorismus im Focus von Europol
17.10.2007
Der islamistische Terrorismus befindet sich besonders im Focus der europäischen Polizeibehörde Europol.
Von 498 im Jahr 2006 in der EU durchgeführten Anschlägen ging kein einziger erfolgreicher auf das Konto von Islamisten. Dennoch ließ der Vertreter des Innenministeriums bei Europol, Peter Gridling, am Mittwochnachmittag bei den Sicherheitstagen im Salzburger Leogang keinen Zweifel: Die Bedrohung durch islamistischen Terrorismus wird größer.
Islamistischer Terror will viele Opfer
"Weil er auf weiche Ziele
fokussiert ist und auf große Opferzahlen abzielt", begründete Gridling die
auf den ersten Blick nicht durch die Statistik untermauerte
Schwerpunktsetzung in der EU. Er lieferte weitere Zahlen: Die Hälfte von 706
im Vorjahr in der EU festgenommenen Personen in Zusammenhang mit
Terroraktivitäten hatte einen islamistischen Hintergrund. Ein Drittel aller
Festgenommenen steckte mitten in den Vorbereitungen für Anschläge. Wiederum
die Hälfte der aus dem Verkehr gezogenen waren EU-Bürger. Zwei Drittel der
Festgenommenen waren zwischen 26 und 46 Jahre alt.
Seltsames "Spielzeug"
Bei den Festnahmen fiel laut
Gridling auch eines auf: "Die Radikalisierung beginnt oft in der Familie."
Bei einer Hausdurchsuchung bei einer Familie fand sich für die Kinder kein
Spielzeug außer Plastikwaffen. Bei einer anderen Hausdurchsuchung stellten
die Beamten einen Memorystick mit einem Kartenspiel fest. Darauf waren unter
anderem Karten mit einem A, einem J und einem M zu sehen. Das A sei für
Allah gestanden, das J für Jihad (Dschihad) und das M für Mudschaheddin, so
Gridling.
"Dschihad in Österreich angekommen"
"Der Dschihad
ist - in abgeschwächter Form - in Österreich angekommen", dieses Resümee zog
der scheidende Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und
Terrorismusbekämpfung (BVT), Gert Rene Polli, am Mittwoch bei den
Sicherheitstagen. Zwar gebe es weiterhin keinen Hinweis auf einen konkreten
Anschlagsplan, Polli warnte aber eindringlich davor, die Gefahrenlage zu
verharmlosen.
"Der Bedrohungsabstand zu anderen europäischen Ländern ist in den vergangenen Jahren viel kleiner geworden", sagte Polli. Wer versuche, diese Gefahrenslage "kleinzureden" oder "nicht sehen zu wollen", nimmt Opfer in Kauf", meinte der BVT-Chef. Polli rechnete damit, dass die Radikalisierung in islamistischen Kreisen weiterhin zunehmen wird.
Harter Kern: 20 Personen
Die "islamistische Speerspitze" besteht
in Österreich aus etwa 20 Personen. "Auf diese können wir im Gefahrenfall
sofort zugreifen", sagte Polli. Doch versuchen die Behörden zuvor, möglichst
viel über die oft internationalen Strukturen und Vernetzungen hinter den
Verdächtigen herauszufinden.
Relativ ratlos stehen die Behörden dem Phänomen des "homegrown terrorism" gegenüber. Auch in Österreich sei eine zunehmende Radikalisierung von Teilen der Gastarbeiter der zweiten oder dritten Generation erkennbar.
Für die Behörden sind diese radikalen Islamisten nur sehr schwer fassbar. Selbst aufwendige Fahndungsmethoden wie die Rasterfahndung helfen Polli zufolge wenig, da die Personen untereinander kaum Berührungspunkte und einander oft erst in "Terrorcamps" in arabischen Ländern kennengelernt haben. "Das einzige, was sie gemeinsam haben, ist, dass sie zwischen 16 und 35 Jahre alt sind", sagte Polli.
Auch das flächendeckende Überwachen von Moscheen hat nur wenig Sinn, da sich diese Islamisten vor allem in konspirativen Kleinstgruppen in Hinterhöfen oder privaten Wohnung treffen. Polli plädierte dafür, in Zukunft vermehrt mit Informanten zu arbeiten. Zudem begrüßte der Behördenleiter die Möglichkeit einer Online-Fahndung