Wegen Desinteresse geschlossen? Der Bundespräsidentenwahl droht nach Ansicht von Politexperten ein Beteiligungsdesaster.
Knapp 72 Prozent konnten Benita Ferrero- Waldner und Heinz Fischer mit ihrem Duell vor sechs Jahren in die Wahllokale locken. Davon kann Heinz Fischer nur träumen, am kommenden Sonntag droht der Wahl wegen Desinteresses die niedrigste Beteiligung aller Zeiten. Laut einer ÖSTERREICH-Gallup-Umfrage beteuern zwar 66 %, zur Wahl zu gehen. Nur: Gutes Wetter am Wahltag und weitere Fadesse im Wahlkampf könnten die Beteiligung locker weiter drücken. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer rechnet fix damit, dass „weniger als 50 Prozent der Wahlberechtigten auch wirklich eine gültige Stimme angeben werden“. Tatsächlich haben auch in der brandaktuellen ÖSTERREICH-Umfrage 17 Prozent angegeben, weder Fischer noch seine beiden Herausforderer Barbara Rosenkranz und Rudolf Gehring wählen zu wollen. Auch Politik-Berater Thomas Hofer sagt, dass es am Sonntag „sicher mehr Weißwähler geben wird als die knapp sieben Prozent, die Rudolf Kirchschläger im Jahr 1980 hatte“.
Fischer war zu zahm.
Doch warum das Desaster? Fischer, der sich
als Bundespräsident keinen Lapsus leistete und als überwältigender Sieger
schon feststeht, hat im Wahlkampf auf Zurückhaltung gesetzt. Erst am Sonntag
dramatisierte er mit Angriffen gegen FPÖ-Kandidatin Barbara Rosenkranz. „Zu
spät“, wie Experte Thomas Hofer analysiert. Und: Fischers Angriffe wurden
mangels Quote kaum bemerkt.
Duell-Verweigerung war Fehler.
Dafür feierten Rosenkranz und
Gehring bei ihrer spätabendlichen TV-Duell mit Ingrid Thurnher einen
Quoten-Triumph: Deutlich mehr als eine halbe Million sahen zu. Hofer sieht
es deshalb als Fehler an, dass Fischer sich dem Duell verweigerte: „Er hätte
seine Kontrahenten in aller Höflichkeit attackieren und so für die nötige
Emotion sorgen können.“ Das hätte der sonst so professionelle
Präsidenten-Wahlkampf dringend brauchen können, glaubt Hofer. Und auch
Bachmayer ist sicher: Das TV-Duell habe Gehring und Rosenkranz sicher
genutzt.
Nur 132.000 sahen Fischer, 548.000 Außenseiter.
Bundespräsident Heinz Fischer erlebte am Sonntag ein Quotendebakel.
Seine Auftritte waren nicht unsouverän: Zwar konnte Bundespräsident Heinz Fischer im neuen ATV-Format Meine Wahl am Sonntagabend von den 30 erklärten Nicht-Wählern nur zwei bis drei zur Teilnahme an der Bundespräsidentenwahl überreden. Doch der Präsident wirkte über weite Strecken den harten Frage der beiden Moderatoren Manuela Saringer und Meinrad Knapp gewachsen. Nur: Es sahen im Schnitt lediglich 132.000 zu.
Auch die ORF-Pressestunde am Vormittag, in der Fischer in den Wahlkampf nochmals „hineinblies“ und seine FPÖ-Kontrahentin Barbara Rosenkranz attackierte, wurde kaum verfolgt: Nur 169.000 sahen zu – den Pressestunden-Auftritt von Rosenkranz sahen vor einer Woche immerhin 251.000 Zuschauer.
Dafür feierten Rosenkranz und Christen-Chef Rudolf Gehring einen Quoten-Triumph. Die heftige Debatte über die Frage, ob Rosenkranz eine Karrierefrau sei und ob den Menschen ein Chip unter die Haut transplantiert werde, sahen 548.000! Und das, obwohl die beiden Außenseiter erst um 22 Uhr starteten.