Koalition

Jetzt fix: ÖVP verhandelt mit Kickl

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Die ÖVP tritt offiziell in Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ ein. Das sei am Donnerstag bei einem Gespräch der Parteispitzen vereinbart worden, teilten beide Seiten am Abend mit.  

Am Freitag sollen Verhandlungen über das Budget starten. Die ÖVP habe sich damit einverstanden gezeigt, dass für Österreich vor dem Hintergrund des bestehenden Milliarden-Budgetlochs ein EU-Defizitverfahren abgewendet werden soll, hieß es in einer FPÖ-Aussendung.

"In dieser ersten Runde wurde Einigkeit darüber erzielt, dass in einem ersten gemeinsamen Schritt die budgetären Rahmenbedingungen und Weichenstellungen geklärt werden müssen", so FPÖ-Obmann Herbert Kickl: "Es wäre unlogisch und ineffizient, politische Details inhaltlich zu verhandeln, ohne klare budgetäre Leitlinien als Fundament dafür zu haben." Ein EU-Defizitverfahren will man abwenden. Ein solches Verfahren würde die ohnedies notwendige wirtschaftliche Wiederaufbauarbeit für Österreich "politisch und maßgeblich erschweren", wurde seitens der Freiheitlichen erklärt. 

Budgetgruppe in Permanenz

Es sei daher ab sofort eine Budget-Verhandlungsgruppe mit Vertretern beider Parteien eingerichtet worden. Diese tage in Permanenz, um bis Anfang kommender Woche diese Grundsatzfrage einer Klärung zuzuführen, so die Freiheitlichen, die am 29. September 2024 erstmals als stimmenstärkste Partei aus der Nationalratswahl hervorgegangen waren.

Kickl legte nach eigenen Angaben Wert darauf festzuhalten, dass "gemeinsame Verhandlungen von Anfang an auf einem festen und soliden budgetären Fundament stehen müssen. Die Bevölkerung muss wissen, woran sie ist. Die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht auf Planbarkeit, Verlässlichkeit und Klarheit. Das ist unsere Herangehensweise an dieses Projekt ab dem ersten Tag. Wir wollen Österreich ehrlich regieren."

Stocker pocht auf Demokratie

Auch vom geschäftsführenden ÖVP-Obmann Christian Stocker, der Karl Nehammer nach dem Scheitern der Koalitionsgespräche mit SPÖ und NEOS nachgefolgt war und bis dahin klarer Gegner einer Koalition mit der Kickl-FPÖ war, kamen Festlegungen. "Für uns sind die wichtigsten Eckpfeiler die Souveränität Österreichs gegenüber Einflussnahmen aus dem Ausland, insbesondere Russlands, Österreich als verlässlicher Partner in der EU sowie unsere westliche liberale, rechtsstaatliche Demokratie", erklärte er.

Größer als zunächst erwartet sind die Verhandlerteams. Jenes der ÖVP setzt sich neben Stocker aus Klubobmann August Wöginger, Generalsekretär Alexander Pröll, Wirtschaftskammer-Präsident (und Wirtschaftsbund-Obmann) Harald Mahrer, der bisherigen Staatssekretärin und Junge-ÖVP-Obfrau Claudia Plakolm sowie Bauernbund-Präsident Georg Strasser zusammen.

Auf FPÖ-Seite verhandelt jenes Team, das bereits am 2. Oktober im Parteipräsidium bestellt und zuletzt bestätigt worden war: Angeführt wird es von Kickl, weitere Mitglieder sind die beiden Generalsekretäre Michael Schnedlitz und Christian Hafenecker, Klubdirektor Norbert Nemeth, Außenpolitik- und Neutralitätssprecherin Susanne Fürst, Arnold Schiefer als Wirtschaftsexperte sowie FPÖ-Niederösterreich-Klubobmann Reinhard Teufel.

Kritik aus der Kultur

Die heimischen Schriftstellerverbände und die Plattform "Der Wert der Demokratie" äußerten sich kritisch zu den Regierungsverhandlungen und stellten die Glaubwürdigkeit beider Parteien in Frage. Diese Situation spiele nur jenen in die Hände, "die an einer über die bereits bestehende Zerrüttung demokratischer Politik und Verhältnisse hinausgehenden dauerhaften Ausschaltung demokratischer Prozesse und Institutionen interessiert sind". Schriftsteller Michael Köhlmeier bezeichnete einen möglichen Kanzler Kickl gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten" als "politischen Supergau". Er stelle in seiner Person die charakterliche Verwahrlosung der Politik dar wie kein anderer. Die ÖVP betreibe eine "absolute Selbstaufgabe in jeder Hinsicht". Die politische Zukunft Österreichs sehe er "im Augenblick sehr düster".

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