Der ORF-Redakteursausschuss warnt eindringlich davor, dass Regierungsparteien versuchen, über Gesetzesänderungen stärkeren Einfluss auf den ORF zu nehmen.
Angesichts der Diskussionen um ein neues ORF-Gesetz haben sich die Journalisten des öffentlich-rechtlichen Senders am Freitag gegen alle Versuche verwahrt, die finanzielle Krise des ORF zum Anlass zu nehmen, das Unternehmen einer stärkeren Kontrolle der parteipolitischen Macht zu unterwerfen. Der ORF-Redakteursausschuss warnt eindringlich davor, dass Regierungsparteien versuchen, über Gesetzesänderungen stärkeren Einfluss auf den ORF zu nehmen.
Rahmenbedingungen
Die Redakteurssprecher aus allen ORF-Bereichen
forderten die Politik auf, sich nicht in Personalentscheidungen und die
journalistische Arbeit des ORF einzumischen. Stattdessen sollte die Politik
ordentliche gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen - nicht "nur" für den
ORF, sondern für die gesamte österreichische Medienlandschaft. Die
ORF-Journalisten schließen sich den Alarmrufen gegen wachsenden politischen
Druck auf öffentlich-rechtliche Medien in ganz Europa an und warnen vor
einer "Berlusconisierung" der europäischen Medienlandschaft.
Privatisierungsideen "unsinnig"
Der
öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF ist für die Redakteurssprecher
"unteilbar" und daher seien Ideen, wesentliche ORF-Teile zu privatisieren,
"unsinnig". Ein klares Bekenntnis zum Kerngeschäft des ORF sei
unverzichtbar. Dazu gehöre vor allem das Informationsangebot im Fernsehen,
im Radio, online, national wie regional. Würden hier - wie geplant - weitere
personelle und finanzielle Einschränkungen erzwungen, verursache das
"zwangsläufig Leistungskürzungen, kaum wieder umkehrbare Beschädigungen des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dessen demokratiepolitischer Bedeutung und
eine weitere Schwächung der journalistischen Qualität in diesem Land".
Die Forderungen:
- Die ORF-Journalisten fordern eine völlig neue Konstruktion des Aufsichtgremiums. Dieses sollte - analog zu Aufsichtsräten anderer Großunternehmen - deutlich verkleinert werden, ein Drittel der Mitglieder sollten Belegschaftsvertreter sein, die allerdings bei der Wahl der Geschäftsführung nur in der im Aktiengesetz vorgesehenen Form mitwirken. Wer als "Eigentümervertreter" ins Aufsichtsgremium entsandt wird, müsse öffentlich kontrollierbar und nachvollziehbar gemacht werden - etwa durch öffentliche Ausschreibung.
- Die von der EU geforderte ex-post-Kontrolle des ORF dem Rechnungshof zu übertragen, könnte nach Ansicht des Redakteursausschusses durchaus sinnvoll sein. Die Zuständigkeit für die ORF-Gebühren könnte einer Art "paritätischen Kommission" übertragen werden.
- Weiters verlangen die Redakteure eine Abwahlmöglichkeit von Chefredakteuren, Hauptabteilungsleitern, Ressortleitern mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Redakteursversammlung. Mit solcher Mehrheit sollte auch möglich sein, die Geschäftsführung daran zu hindern, leitende Redakteure abzuberufen.
- An Einsparungsmaßnahmen schlagen die ORF-Redakteure u.a. die Abschaffung überflüssiger Direktionen und Hauptabteilungen vor. Darüber hinaus fordern sie Maßnahmen des Gesetzgebers, wie etwa die Refundierung der Gebührenbefreiungen.