Heute startet Wintersemester. Tausende Plätze fehlen, das totale Chaos droht.
284.030 Studenten und fast fünf Mal so viele Anfänger wie vorhandene Kapazitäten – Österreichs Universitäten droht ein heißer Herbst. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (VP) stellte den völlig überlaufenen Universitäten zwar die geforderte „Uni-Milliarde“ in Aussicht. Mehr als ein erster Schritt zu einem modernen Hochschulkonzept ist das aber nicht: „Das Geld würde zumindest die befürchtete Katastrophe vermeiden“, sagt Christoph Badelt, Rektor der Wiener Wirtschaftsuniversität (siehe Interview). Zumindest die gravierendsten Mängel könnten damit in Zukunft behobenen werden.
Langfristig muss das österreichische Hochschulkonzept gänzlich überdacht werden. Hörsäle, die teilweise in extrem desolatem Zustand sind, gehören erneuert. Laborplätze und Bibliotheken sind längst nicht mehr auf modernstem Stand, die Zahl der Professoren und Assistenten muss erhöht werden.
Zusätzlich zu den Mängeln blockiert der politische Dauerstreit über Studiengebühren und Zugangsregelungen jeden Schritt in eine einheitliche Richtung. Wissenschaftsminister Töchterle will es den Unis überlassen, Studienbeiträge einzuheben. Maximal 500 Euro pro Semester. Und: Studierende aus Nicht-EU-Staaten (allein 24.100 Deutsche studieren in Österreich) sollen die tatsächlichen Kosten ihres Studiums zahlen.
Die SPÖ lehnt das ab: „Wir wollen keine finanziellen Hürden zu höherer Bildung“, sagt Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl. Rektor Badelt zum Dauerzank: „Leider wird nicht mehr konstruktiv diskutiert – wir brauchen aber eine Lösung.“
„Heuer wird’s eng – Budget um zwei Drittel zu gering“
WU-Rektor Christoph Badelt im Interview
ÖSTERREICH: Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für das kommende Semester?
Christoph Badelt: Finanzierung der Unis und Kapazitätsfragen müssen gelöst werden. Wir brauchen mehr erfolgreiche Studenten, das heißt mehr Absolventen. Mit diesen Kapazitäten ist das nicht möglich.
ÖSTERREICH: Wie viel mehr Studenten als Kapazitäten haben Sie an der WU?
Badelt: Wir haben etwa fünf Mal so viele Anfänger wie Kapazitäten.
ÖSTERREICH: Sie versuchen gerade, mehr Mittel zu bekommen. Wie viel Geld fehlt?
Badelt: Unser Budget ist um zwei Drittel zu gering. Wenn die Republik den Zugang nicht regelt, muss sie uns das Geld geben, um jeden Studenten erfolgreich ausbilden zu können.
ÖSTERREICH: Was geschieht, wenn es nicht mehr gibt?
Badelt: Spekulationen wären jetzt nicht produktiv.
ÖSTERREICH: Würde die Uni-Milliarde helfen?
Badelt: Ja, sie würde die befürchtete Katastrophe vermeiden. Zumindest müssen wir dann nicht mehr massiv kürzen.
ÖSTERREICH: Wird es heuer besonders eng an den Unis?
Badelt: Ja, durch den Zuwachs von deutschen Studenten wird es an einigen Unis und in einigen Studienrichtungen zu großen Problemen kommen. Bei uns betrifft das vor allem die Masterprogramme.
ÖSTERREICH: Wie sehen Sie die Diskussion um die Studiengebühren?
Badelt: Die wird nicht sehr konstruktiv geführt. Alle Seiten haben sich eingemauert. Zugangsregelungen wären viel dringender als Studiengebühren.
ÖSTERREICH: Wie sollen die konkret aussehen?
Badelt: Ich bin mittlerweile schon weichgeklopft, mir ist jede Regelung lieber als der Status Quo. Ich weiß, dass ein entsprechender Test vor Beginn des Studiums das bessere Modell ist, weil keiner ein Semester verliert. Andererseits würde sich bei Tests vor Beginn des Studiums die Herkunft der Studenten stärker auswirken.
Text: wek, Interview: Deborah Knob