Todestag

Jörg Haider: Tod eines Grenzgängers

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Alkohol, Partys, Nebel und Tempo 142 beendeten das Leben Jörg Haiders vor fünf Jahren.

Er polarisierte das Land, ORF-Doku und ein runder Tisch waren Quotenrenner. Viele Kärntner gedenken heute seines Todes, Hunderte Kerzen brennen an der Unfallstelle: Heute vor 5 Jahren raste Jörg Haider in den Tod – um 1.15 Uhr geriet sein VW Phaeton bei Lambichl ins Schleudern. Das waren seine letzten Stunden:

10.-Oktober-Feier. Es ist der 10. Oktober 2008. Landesfeiertag in Kärnten, an dem der Volksabstimmung von 1920 gedacht wird. Jörg Haider, der Landeshauptmann, legt am Ehrengrab der Abwehrkämpfer am Friedhof Annabichl einen Kranz nieder. Es geht weiter zum Landhaushof, wo Militär und Chöre feiern. Es wird reichlich Schnaps gereicht. Das geht den ganzen Tag so weiter.

Haider fährt – mit Chauffeur – nach Klagenfurt zurück. Dort gibt er zunächst in der Bar des Hotels Moser Verdino ein Interview. Es geht weiter mit einer Lokaleröffnung – der Gastronom des Bem Vindo ist ein Freund Haiders. Ihm gehört auch der Stadtkrämer. Ein aufgekratzter Haider – wenige Tage zuvor hatte er als Spitzenkandidat seines BZÖ einen Erfolg bei der Nationalratswahl gefeiert – fährt weiter nach Velden.

In der Diskothek Le Cabaret trifft er auf seinen damaligen Sprecher Stefan Petzner. Augenzeugen sehen, dass der Ex-FPÖ-Chef Alkohol trinkt.

Zu Hause im Bärental wartet seine Familie – die Frau Claudia, die Töchter Ulrike und Cornelia und die Mutter Dorothea. Sie alle sind da, weil am nächsten Tag der 90er der Mutter gefeiert werden soll. Sie ist aus Bad Goisern angereist – der Geburtsstätte Haiders. Um 23 Uhr verlässt der Landeshauptmann die Disco und fährt alleine zurück nach Klagenfurt und frequentiert das Lokal Stadtkrämer.

Dort trifft er einen jungen Mann – er wird fotografiert. Er bestellt eine Flasche Wodka und trinkt. Kurz nach 1 Uhr steigt er in sein Auto und fährt Richtung Bärental. Es ist nebelig. Er steigt aufs Gas. Mit Tempo 142 – das weiß man heute – überholt er und rast direkt in den Tod. Mit 1,8 Promille im Blut.

Die 1000 Gesichter des Jörg Haider

Er polarisierte, zündelte gegen Ausländer, deckte Skandale auf und scheiterte an sich selbst.

Die Geschichte Jörg Haiders, ist die eines Mannes mit vielen Gesichtern. Eines Mannes, der mit 58 Jahren so starb, wie er lebte: Schnell, extrem, rastlos.
Der vom kleinen, pummeligen Kind aus Bad Goisern, zum gefürchteten Rechtspopulisten Europas aufstieg. Vom Sohn illegaler Nazis, der zu Lebzeiten gegen Korruption wetterte, und nach dessen Tod der Hypo-Skandal sein Politerbe zertrümmerte.

  • 1986: Haider ist FPÖ-Chef: 1986 stürzt er beim legendären Innsbrucker Parteitag FPÖ-Vizekanzler Norbert Steger. SPÖ.Kanzler Franz Vranitzky beendet die Koalition mit ihm. Am FPÖ-Parteitag sind von einigen Haider-Anhängern die Insignien der Nazis stolz getragen worden. Ist Jörg Haider ein Nazi, fragt sich fortan die halbe Welt.
  • 1991 Abwahl als Kärnten LH: Bereits 1989 wird er Nummer zwei in Kärnten und als Landeshauptmann angelobt. Nur zwei Jahre später lobt er „die ordentliche Beschäftigungspolitik des Dritten Reich“ und wird wieder abgewählt.

Haider führt seine Partei nun bundesweit von Sieg zu Sieg: Er polemisiert gegen Ausländer, gegen „die da Oben“, deckt Skandale auf, die später seine Partei verursacht.

  • 2000 FPÖ zieht in Regierung: 1999 wird die FPÖ Nummer zwei bei der Nationalratswahl. Haider ist wieder Landeshauptmann in Kärnten und schickt seine FPÖ in die Regierung nach Wien. Er gibt den FPÖ-Vorsitz und den Vizekanzler an Susanne Riess-Passer ab.
  • Putsch und Spaltung: 2002 will er seine FPÖ zurück. Mittels Delegiertentreffen in Knittelfeld stürzt er Riess und die Regierung. Seine FPÖ fällt auf zehn Prozent zurück. Drei Jahre später spaltet er sich von der FPÖ mit dem BZÖ ab – um einen Putsch von Heinz-Christian Strache zuvorzukommen. 2008 pusht er das BZÖ wieder auf zehn Prozent. Wenige Tage später steigt er ein letztes Mal aufs Gas...

Familie gedachte Haider am Grab

Auch wenn rund um seinen 5. Todestag die Unfallstelle in Lambichl südlich von Klagenfurt wieder voller Grabeskerzen ist – das Gedenken an Jörg Haider erfolgt heuer nur noch im kleineren Rahmen: Witwe Claudia, die Töchter Ulrike und Cornelia samt Familien und Haiders Schwester Ursula Haubner ließen eine Messe in der Kapelle bei seinem Grab im Bärental lesen.

Seine politischen Weggefährten und Erben hielten nach Hypo- und anderen Skandalen nur mehr kleine Gedenkfeiern ab: Das vor zwei Wochen aus dem Nationalrat geflogene BZÖ gedachte seines Gründers zuerst am Grab im Bärental, dann wurde gemeinsam mit Haiders Schwester Haubner ein Kranz an der Unfallstelle niedergelegt.

Auch die Landesspitzen der FPÖ trafen in Lambichl zu einem kurzen Haider-Gedenken zusammen.

SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser legte für seinen verunglückten Vorgänger einen Kranz nieder

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