Gerichts-Panne
Justiz-Skandal bei Neonazi-Prozess
14.05.2012
Zu wenige Geschworene - Sagten sie aus Angst ab?
Peinlicher Start für den Prozess gegen den berüchtigten Rechtsextremen Gottfried Küssel (53) und zwei weitere Verdächtige, Felix B. (34) und Wilhelm A. (40), am Straflandesgericht in Wien. Zuerst wurden der Verteidiger Küssels, Michael Dohr, und die Angeklagten samt Eskorte aus dem Saal ausgesperrt und dann tauchten nicht genug Geschworene für den Prozess auf. Das Resultat: Die Richterin Martina Krainz musste das Verfahren auf den 21. Mai vertagen. Küssel und die beiden anderen sollen hinter der rechtsextremen Homepage alpen-donau.info stecken. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Zu wenige Geschworene für Prozess aufgetaucht
Das Gericht hatte schon damit gerechnet, dass nicht genug Geschworene auftauchen würden. Deshalb hatte man auch 22 statt der üblichen 12 ausgewählt. Schlussendlich tauchten aber Montag früh nur sieben auf. Nur fünf hatten sich im Vorhinein entschuldigt. Die sieben aufgetauchten Geschworenen waren einer zu wenig – erst ab acht Vertretern des Volks darf ein Prozess geführt werden.
Der Sprecher des Straflandesgerichts in Wien, Christian Gneist, sagte gegenüber ÖSTERREICH: „Leider kommt es immer wieder vor, dass geladene Geschworene nicht erscheinen. Dass deshalb ein Prozess nicht durchgeführt werden kann, ist aber äußerst selten.“
Ob Angst vor dem bekannten und bereits verurteilten Rechtsextremisten und Führer der rechten Szene auch eine Rolle gespielt habe? Dazu wollte Gneist nichts sagen. Fakt ist aber, dass der Name der beschuldigten Rechtsextremen in der Vorladung der Zeugen steht.
Gerichtssprecher: C. Gneist
ÖSTERREICH: Wurde auf die Geschworenen Druck ausgeübt oder wurden sie eingeschüchtert?
Christian Gneist: Sicher nicht. Warum auch?
ÖSTERREICH: Aber wie kann es sein, dass so viele der eingeladenen Menschen nicht kommen? Kann es sein, dass sie vor dem Thema des Prozesses zurückschreckten?
Gneist: Das kann ich nicht beurteilen, ich habe ja nicht mit den Menschen gesprochen. Die Namen der Angeklagten stehen aber auf der Einladung, die die Geschworenen zugestellt bekommen.
ÖSTERREICH: Gibt es für die nicht aufgetauchten Geschworenen jetzt Strafen?
Gneist: Geldstrafen sind möglich, wenn die Richterin so entscheidet.
Küssel-Anwalt Michael Dohr
ÖSTERREICH: Wurde auf die Geschworenen Druck ausgeübt?
Michael Dohr: Das kann ich mir nicht vorstellen, die Liste kennt doch nur das Gericht. Zwar könnte ich als Verteidiger die Laienrichter-Liste einsehen, ich habe sie aber nicht angefordert.
ÖSTERREICH: Was bedeutet der Eklat nun?
Dohr: Das ist eine Blamage für das Gericht. Die Richterin schaffte es nicht, acht Geschworene fristgerecht einzuladen – nach den Massenabsagen hätte sie zumindest zum Telefon greifen und die Geschworenen durchrufen können.
ÖSTERREICH: Wie geht es jetzt weiter?
Dohr: Die Verhandlung ist jetzt für kommenden Montag angesetzt.