Causa Grasser
Karl: "Ainedter wollte mich treffen"
31.05.2011
Justizministerin Beatrix Karl im großen ÖSTERREICH-Interview.
Justizministerin Beatrix Karl, ÖVP, hat sich betreffend der Ermittlungen gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser klar vor die Justiz gestellt und die von Grasser heftig kritisierten Hausdurchsuchungen verteidigt. Im ÖSTERREICH-Interview sagt Karl, die Hausdurchsuchungen waren Schritte im Ermittlungsverfahren. Und: Grassers Anwalt Manfred Ainedter wollte sie treffen. Hier das Interview:
Beatrix Karl: "Ainedter wollte mich treffen"
ÖSTERREICH: Frau Ministerin, Herr Grasser fühlt sich wegen der Hausdurchsuchungen als Justizopfer. „Jagen“ die Staatsanwälte Grasser?
Beatrix Karl: Die Staatsanwaltschaft muss in Ruhe ihre Arbeit erledigen. Die Hausdurchsuchungen waren Schritte im Ermittlungsverfahren. Herr Grasser wird behandelt wie jeder andere Bürger. Der Justiz ist es egal, ob jemand Grasser, Maier oder Müller heißt.
ÖSTERREICH: Aber er fühlt sich verfolgt …
Karl: Wenn Herr Grasser der Meinung ist, dass er unschuldig ist, wie er immer betont, dann kann er ja kein Problem mit Hausdurchsuchungen und Ermittlungen haben, oder?
ÖSTERREICH: Grasser überlegt eine Klage gegen die Republik.
Karl: Ich würde solch einer Klage gelassen entgegensehen.
ÖSTERREICH: Hat Grassers Anwalt Manfred Ainedter eigentlich versucht, Sie zu treffen, seit Sie Justizministerin sind?
Karl: Ja, er hat um ein Treffen mit mir angesucht. Aber ich werde Ainedter sicher nicht treffen. Das hat nichts mit Ainedter als Person zu tun. Aber ich werde sicher keinen Anwalt in einem glamourösen Wirtschaftsfall treffen. Da muss ich die Justiz schützen. Jeder Anschein einer versuchten politischen Einflussnahme muss verhindert werden.
ÖSTERREICH: Ihre Vorgängerin Bandion-Ortner wollte, dass die Grasser-Buwog-Ermittlungen bis Sommer abgeschlossen sind. Halten Sie sich daran?
Karl: Nein. Mir ist Qualität wichtiger als Tempo. Natürlich sollen Verfahren so rasch wie möglich abgewickelt werden. Aber in so komplexen Wirtschaftsfällen mit internationalen Verflechtungen und Rechtshilfeansuchen braucht man Zeit. Und die wird die Staatsanwaltschaft auch bekommen.
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Grassers Wutausbruch
Der Aufmarsch war gewaltig: 30 Journalisten, sechs Kamerateams, ein Dutzend Fotografen beobachteten gestern die spektakuläre Pressekonferenz-Show von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. KHG (blauer Anzug, blau getupfte Krawatte, Stecktuch) lud ins Nobelhotel Le Méridien – Raum Blending White (Strahlendes Weiß), um seine weiße Weste zu betonen. Das Publikum war davon weniger überzeugt, sogar zwei mit Grasser-Masken Verkleidete waren im Zimmer.
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Grasser und sein Rechtsanwalt Manfred Ainedter holten zu einem Rundumschlag aus. Die beiden hatten sich schon vorab im Café des Méridien getroffen. Umlagert von Fotografen ließ Grasser demonstrativ seine (inzwischen leicht grau melierte) Haarpracht wehen.
In der Pressekonferenz kritisierte KHG dann die Hausdurchsuchung in seinem Penthouse scharf, die Rechte seiner Familie verletzt hätte: „Mein 17-jähriger Sohn Nicholas öffnete in Unterhose und T-Shirt den Beamten die Tür, die sofort die Wohnung stürmten.“ Grasser kündigte rechtliche Schritte gegen diesen „Amtsmissbrauch“ an: „Ich werde wie ein Löwe für die Rechte meiner Familie kämpfen.“
Anwalt verglich Fall Grasser mit Kachelmann
Inhaltlich weist Grasser in seinem Steuerverfahren weiter alle Vorwürfe von sich. Er forderte die Politik auf, einen U-Ausschuss zu seiner Causa einzurichten. Darin sollten sowohl die Vorwürfe gegen ihn als auch das Vorgehen der Behörden untersucht werden.
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Sein Anwalt verglich Grasser mit Moderator Jörg Kachelmann, der vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden war. „Der Mann ist ruiniert, und bei Strauss-Kahn wird es nicht anders sein“, meinte Ainedter. Vergewaltigung sei eines der wenigen Delikte, das man Grasser noch nicht vorgeworfen habe, aber „da wird vielleicht auch noch etwas kommen“, so Ainedter.
Unterdessen wurde bekannt, dass Grassers Finanzbeamtin Anneliese Kolienz, die KHGs Stiftungskonstruktion geprüft und ihm einen Freibrief ausgestellt hat, beurlaubt wurde (siehe unten).
Grasser, sonst stets freundlich, zeigte bei der Pressekonferenz erstmals Nerven. Er warf den Steuerfahndern sogar vor, die Schularbeiten seines Sohnes zerstört und die Kleiderkästen seiner Töchter durchwühlt zu haben. Grasser: „Das überschreitet alle Grenzen.“
Seite 3: Finanz-Beamtin gab KHG Stiftungs-Freibrief
Blond, fachlich versiert und offenbar in einem Naheverhältnis zum Umfeld von Ex-Finanzminister Grasser. Anneliese K., Fachvorständin des Finanzamtes Wien 1/23, gab ihrem Minister (und damit Ex-Chef) einen Freibrief für seine Stiftungs- und Firmenkonstruktionen in Liechtenstein und stufte seinen Steuerfall als Promi-Akt ein. Jetzt hat sie ein Verfahren wegen Amtsmissbrauch am Hals. K. soll mit Grasser in Klagenfurt studiert haben und mit seinem Steuerberater Peter Haunold bekannt sein. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Beurlaubt
Ist sie der Dreh- und Angelpunkt in der Grasser-Affäre? Fakt ist: Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt nun auch gegen eine Finanzbeamtin, berichtet der Falter. Die Frau bearbeitete den Steuerakt von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Nun hat sie ein Verfahren wegen Amtsmissbrauch am Hals. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Anneliese K. soll Grasser die Freigabe zu seiner steuerschonenden Firmenkonstruktion gegeben haben (auf sie berief sich der Ex-Minister auch in TV-Auftritten – „alles von der Finanz geprüft“). Die Beamtin soll zudem ein Naheverhältnis zu KHGs Steuerberater Peter Haunold haben – was dieser dementiert („rein beruflicher Kontakt“).
Grasser-Steuerfall war Prominenten-Akt
K., die bereits wegen Befangenheit von Grassers Fall abgezogen wurde, wird beschuldigt, den Fall zum „Promi-Akt“ erklärt und in ihrem Zimmer versperrt zu haben. Sie soll Grasser eine „Unbedenklichkeitsbestätigung“ ausgestellt haben. Gleichzeitig informierte sie die „Steueroasenabteilung“ des Ministeriums, die den Fall bewerten sollte, nur unzureichend. Sie schilderte den Fall, verschwieg aber den Namen Grasser.
Wichtige Infos, etwa dass Grassers Stiftungen KHG günstige Darlehen gewährten, ließ sie unter den Tisch fallen. Die Beamtin wurde bereits einvernommen und weist alle Vorwürfe energisch von sich.
Weitere Finanzbeamte im Visier der Justiz
Auch der Vorarlberger Ex-Finanzbeamte Edelbert M. wird mit Amtsmissbrauchsvorwürfen konfrontiert. Grasser soll sich in Absprache mit M. für die steuerschonende Ansiedlung eines deutschen Unternehmens starkgemacht haben. M. weist Vorwürfe zurück.
Grasser nannte bei seiner Pressekonferenz auch den Namen der hochrangigen Finanzexpertin Elisabeth König, verteidigte aber das Handeln der Beteiligten. Dass sein Akt als Prominentenakt geführt und gesondert verwahrt wurde, sei ihm auch „relativ wurscht“. Grasser beteuert, alles offengelegt zu haben. Liechtenstein habe er nur aus Diskretionsgründen als Stiftungsland gewählt.