Mikl-Leitner greift durch
Kahlschlag: 122 Polizei-Posten schließen
27.01.2014
Ministerin will der Polizei eine "neue Struktur" geben: 122 Dienststellen werden dicht gemacht.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) will in acht Bundesländern 122 Polizeidienststellen schließen. Das gab sie am Dienstag in einer Pressekonferenz bekannt. Zahlen für Wien gab es noch keine. "Das ist ein reines Sicherheitsprogramm. Wir sparen uns keinen einzigen Cent", betonte die Innenministerin. Die Anzahl der Polizisten in den Bezirken bleibe jedenfalls gleich.
Die Liste im Detail: Diese 122 Polizeiposten werden geschlossen:
Steiermark am stärksten betroffen
Die meisten Polizeiinspektionen werden in der Steiermark geschlossen, insgesamt 23 von 149. In Kärnten trifft es 22 Posten, in Niederösterreich und Oberösterreich je 21. Im Burgenland werden elf Dienststellen zugesperrt, in Tirol zehn, in Salzburg neun und in Vorarlberg fünf. Insgesamt soll mit der Reform "Moderne Polizei" die Zahl der Posten von 811 auf 689 reduziert werden. Damit soll Bürokratie abgebaut werden und "mehr Zeit für eigentliche polizeiliche Arbeit" bleiben, begründete Mikl-Leitner, sowie für "mehr Eigensicherung" gesorgt werden, Polizisten sollen nur noch zu zweit Streife fahren.
Laut Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, sind von den Postenschließungen "ungefähr 500 Bedienstete, die hier umziehen müssen", betroffen. Bei der Auswahl habe man laut Ministerin auf "regionale Begebenheiten" Rücksicht genommen. Die "Einsatzzeit ist zumutbar, innerhalb von 20 bis 30 Minuten erreichen wir jeden Punkt", so Kogler. Außerhalb vom Siedlungsraum gäbe es naturgemäß eine längere Anfahrtszeit. Die Ministerin ging davon aus, dass durch die Reform Polizisten schneller bei den Bürgern sein werden. Damit will Mikl-Leitner "die Außendienstpräsenz erhöhen".
Der Fahrplan
Die erste Zusammenführung von Polizeiinspektionen soll "in den nächsten Monaten" erfolgen, sagte Mikl-Leitner. Nach der Schließung soll es "keine Dienststellen mit vier Polizisten" geben, sagte Kogler. Bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2018 sollen zusätzlich "1.200 top ausgebildete Spezialisten" zur Verfügung stehen, so die Ministerin.
"Wir brauchen vor allem größere Dienststellen", sagte die Ministerin. "All den Forderungen (vom Rechnungshof, Anm.) kommen wir mit dem Projekt 'Moderne Polizei'" nach. "Nicht glücklich" ist die Polizeigewerkschaft mit den Plänen. Das sagte deren Vorsitzender Hermann Greylinger (FSG) am Dienstag.
Kärntner sind sauer
"Wir wissen, dass hier nicht alle jubeln, dass es Widerstand gibt", sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Die Konzepte seien - außer in Kärnten - "im Konsens fixiert worden". Im südlichsten Bundesland gab es massive Proteste, immerhin sollen dort nach der Steiermark die meisten Posten zusammengelegt werden. Damit sollen jedoch "gleiche Verhältnisse zu den anderen Bundesländern hergestellt werden", betonte Kogler. Denn Kärnten hätte "die kleinste Strukturierung". Zudem gebe es hier sogar "noch Luft nach oben", so der Generaldirektor.
Seitens der Landeshauptleute gebe es zwei Strategien, wie mit den Plänen umgegangen wird, erläuterte Mikl-Leitner. Entweder "ich heule mit den Bürgermeistern mit" oder man habe die Sicherheit der Bürger im Fokus, sagte die Ministerin. Zudem sei "jedes Bundesland gleich behandelt worden".
Neue Stützpunkte
Neben den Schließungen sehen die Pläne vor, dass Gemeinden sogenannte "Polizeistützpunkte" in öffentlichen Gebäuden, wie beispielsweise dem Gemeindeamt, angeboten werden. "Hier können sich Polizisten stundenweise aufhalten", sagte Mikl-Leitner. Ein fixer Ansprechpartner ist geplant. Zusätzliche Ausstattung sei dafür nicht erforderlich, diese Beamte sollen mit "einem mobilen Büro" unterwegs sein. Im Stützpunkt wird es laut der Ministerin möglich sein, Anzeige zu erstatten oder eine Ausschreibung zur Fahndung zu veranlassen. Wenn der Stützpunkt unbesetzt ist, kann mittels Notruftaste mit der nächsten Leitstelle Kontakt aufgenommen werden.
Hier eine Überblicks-Grafik der betroffenen Posten:
Wien
Die Bundeshauptstadt Wien nehme "eine Sonderstellung" ein. Hier soll bis Ende Februar ein Konzept zur Zusammenlegung von Dienststellen fertiggestellt werden. Bei dem mit dem Wiener Landeschef Michael Häupl (SPÖ) ausgehandelten Sicherheitspaket sei man "auf einem gutem Weg", bekräftigte Mikl-Leitner. Noch bis Ende 2015 soll es in der Bundeshauptstadt 1.000 zusätzliche Polizisten geben. "Wir werden das auf Punkt und Beistrich erfüllen", versprach die Ministerin.
Greylinger zweifelte daran, dass die Schließung der Polizeidienststellen nichts mit Einsparungen zu tun habe. Im Budget sind für das Innenministerium mehr als 38 Millionen Euro Einsparungen bei Ermessensausgaben vorgesehen. Dies soll mit Rücklagen aus den vergangenen Jahren bewältigt werden. "Im Innenressort wird der Rotstift nicht angelegt", sagte Mikl-Leitner.
Weitere Facts zu den Schließungen:
- Bei der Vorbereitung der Reform habe man auch Mietverträge aus dem 19. Jahrhundert entdeckt, sagte Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, bei der Pressekonferenz in Wien: Der älteste stammt aus dem Jahr 1854 und betrifft den Posten St. Gertraud im Bezirk Wolfsberg, der nicht geschlossen wird. Der älteste Mietvertrag einer Dienststelle, die aufgelassen wird, stammt aus dem Jahr 1873. Es ist jener der Gemeinde Rosegg im Bezirk Villach-Land.
- Im Verhältnis zu den Einwohnerzahlen gibt es nach Angaben des Innenministeriums im Burgenland die meisten Polizeidienststellen; sowohl vor als auch nach der Reform. Künftig wird es pro 5.500 Bürger eine Inspektion geben.
- Scharfe Kritik zu den geplanten Schließungen kam aus Kärnten. Das südlichste Bundesland folgt bezüglich der Posten in Relation auf Platz zwei. Hier kommen künftig knapp 8.000 Bürger auf eine Dienststelle
- In Niederösterreich, dass auch nach der Reform die meisten Polizeidienststellen haben wird, kommen auf eine Inspektion knapp 9.000 Bürger.
- In der Steiermark gibt es pro 9.600 Bürger eine Dienststelle, in Salzburg sind es im Verhältnis rund 11.200 Bürger.
- In Relation zur Bevölkerung die wenigsten Posten gibt es in Oberösterreich und Vorarlberg. In beiden Bundesländern kommen rund 12.000 Bürger auf eine Dienststelle.
- Schwechats Bürgermeister Gerhard Frauenberger (SPÖ) protestiert gegen die geplante Schließung der Polizei-Außenstelle Mannswörth. Das Innenministerium betreibe ein "gefährliches Spiel", betonte er. "Gefährlich für die Bevölkerung von Schwechat, die in einem sensiblen Bereich nahe der Ostgrenze, neben einem Flughafen und nahe hochrangiger Verkehrsverbindungen lebt."
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14:09 Uhr: Häupl meldet sich zu Wort - und fordert Gesamt-Konzept
Anders als in allen anderen Bundesländern gibt es für Wien noch keine Lösung in Sachen Polizeidienststellenschließungen. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) pocht nun darauf, dass zuerst ein Sicherheitskonzept erstellt werden müsse, bevor über konkrete Maßnahmen diskutiert werden könne. Bis Ende Februar soll ein Konsens gefunden werden. "Was wir brauchen ist ein Sicherheitskonzept, das der Entwicklung der Stadt Rechnung trägt", so das Stadtoberhaupt.
13:45 Uhr: Grüne nicht ganz so kritisch
Der Vizeklubchef der Grünen, Werner Kogler, wollte in die kritischen Stimmen zu den Postenschließungen nicht einstimmen. Er könne nicht beurteilen, ob es zu viele gebe, sagte er bei der Klubklausur seiner Partei in Mauerbach. "Ich würde mich auch nicht vor jedem Polizeiposten anketten, nur weil er geschlossen werden sollte." Von Mikl-Leitner verlangte er jedenfalls die Offenlegung ihrer Kriterien zu den Schließungsplänen.
13:18 Uhr: Spindelegger begrüßt Schließungs-Pläne
Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) hat die Pläne von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zur Schließung von 122 Polizeiinspektionen in acht Bundesländern verteidigt. "Die Innenministerin hat dazu ein schlüssiges Konzept auf den Tisch gelegt", sagte Spindelegger. Die Zahl der Polizisten werde "in keiner Weise verringert", erklärte er nach dem EU-Finanzministerrat soeben in Brüssel.
12:53 Uhr: Niessl will "Ausgleichslösungen"
Als Ersatz für die elf Polizeidienststellen, die im Burgenland geschlossen werden sollen, wünscht sich Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) eine dauerhafte Polizeipräsenz in zahlreichen Gemeinden: Er wolle "für jeden geschlossenen Posten in drei weiteren Gemeinden eine Ausgleichslösung haben", so Niessl in einer weiteren Reaktion.
12:33 Uhr: Gewerkschaft nicht zufrieden
Die Polizeigewerkschaft ist mit den Plänen von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (SPÖ) zur Schließung von 122 Polizeiinspektionen in acht Bundesländern - die Pläne für Wien sollen bis Ende Februar folgen - "nicht glücklich". Das sagte deren Vorsitzender Hermann Greylinger (FSG).
Die Schließung bedeute unter anderem auch, dass es weniger Führungskräfte geben werde und damit auch die Aufstiegschancen für die Belegschaft gemindert würden, betonte der Gewerkschafter. "Die Frage ist auch: Wie sieht es mit den Betroffenen (z.B. den Ex-Inspektionskommandanten, Anm.) aus?" sagte Greylinger. Es werde zwar wohl Schonfristen bei der Entlohnung geben, der Gewerkschafter erwartet aber, dass die Zulagen wohl schrittweise abgebaut werden.
12:05 Uhr: 500 Beamte müssen umziehen
Von der Schließung von 122 Polizeidienststellen in acht Bundesländern sind laut Konrad Kogler, Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, "ungefähr 500 Bedienstete, die hier umziehen müssen", betroffen. Die "Einsatzzeit ist zumutbar, innerhalb von 20 bis 30 Minuten erreichen wir jeden Punkt", so Kogler. Außerhalb vom Siedlungsraum gäbe es naturgemäß eine längere Anfahrtszeit.
11:52 Uhr: Was neu wird..
Offiziell spricht man nicht von "Schließungen", sondern von "Zusammenlegungen". Die neuen Polizeistützpunkte sollen wie folgt ausschauen:
11:12 Uhr: Kritik von der FPÖ
Als schweren Anschlag auf die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher bezeichnete FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache die geplante Schließung von 122 Polizeidienststellen, wobei Wien in dieser Zahl noch nicht einmal enthalten ist. Dies sei ein geradezu gemeingefährliches Vorgehen von Innenministerin Mikl-Leitner, so Strache in einer ersten Aussendung.
11:01 Uhr: Die Pressekonferenz ist jetzt vorbei.
10:45 Uhr: Das Ziel soll sein, mehr Polizisten in den Außendienst zu bekommen.
10:30 Uhr: Hier die Schließungs-Übersicht für Österreich (Bundesland-Ansicht):
10:24 Uhr: Jetzt spricht der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler.
10:20 Uhr: FIX: 122 Polizei-Posten werden geschlossen.
Hier die Übersicht:
10 in Tirol
9 in Salzburg
23 in der Steiermark
22 in Kärnten
21 in Oberösterreich
21 in Niederösterreich
11 im Burgenland
5 in Vorarlberg
Wien wird noch diskutiert. Eine Entscheidung soll bis Ende Februar fallen.
10:14 Uhr: Die Bezirke..
In den Bezirken soll die Anzahl der Beamten gleich bleiben.
10:11 Uhr: Erste Details...MEHR SPEZIALISTEN
Mikl-Leitner will mehr "Spezialisten" bei der Polizei. Das führt sie nun weiter aus. Bis Ende der Legislaturperiode sollen 1.200 zusätzliche Top-Spezialisten eingesetzt werden.
10:08 Uhr: Mikl-Leitner ergreift das Wort:
"Wir wollen Österreich zum sichersten Land der Welt machen", beginnt die Innenministerin ihre Rede...
10:05 Uhr: Festsaal ist voll - es geht los!
Jetzt beginnt die eigentliche Pressekonferenz. Mikl-Leitner ist da. Der Film über die Wünsche der Polizeibeamte ist gezeigt worden. Jetzt warten alle gespannt, wie die "Polizei Modern" in Zukunft ausschauen wird.
09:57 Uhr: Mikl-Leitner zeigt Film
Ein achtminütiger Clip wird jetzt gezeigt: Thema: "Was sich Polizeibeamte von der Polizei erwarten".
09:55 Uhr: In Kürze geht es los
Das Medieninteresse ist gewaltig.
09:11 Uhr: Kritik von Burgenlands Landeshauptmann:
Niessl ist wütend: "Schließungen sind kein Konzept. Dazu gehört mehr als zu sagen: Ich sperr’ zu." Und weiter: Die Landeschefs hätten schon im Vorjahr über die Schließungen informiert werden sollen, um auch gemeinsam mit den Bürgermeistern ein Sicherheitskonzept für die Länder zu erarbeiten.
08:15 Uhr: Interview mit der Innenministerin:
"Wir wollen wieder mehr Polizeipräsenz"
ÖSTERREICH: Wie viele Dienststellen werden wirklich geschlossen? Laut Insider-Informationen sind es bis zu 141 Polizeiposten …
Johanna Mikl-Leitner: Wir werden das Konzept „Moderne Polizei“ am Dienstag präsentieren. Alle Zahlen, die kursieren, sind nur Gerüchte.
ÖSTERREICH: Warum müssen Dienstposten überhaupt eingespart werden?
Mikl-Leitner: Es ist kein Sparprogramm, wir müssen mehr Sicherheit für die Bevölkerung garantieren – weg von der Verwaltung, hin zu der eigentlichen Polizeiarbeit.
ÖSTERREICH: Was ist das Ziel dieser Reform?
Mikl-Leitner: Wir wollen die Außendienstpräsenz erhöhen, Personaleinsätze besser planen und die Eigensicherheit erhöhen.
ÖSTERREICH: Beamte befürchten, dass durch die Zusammenlegung der „Bezirkspolizist“ wegfällt und das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger leiden wird …
Mikl-Leitner: Es wird klare Ansprechpartner für die Bevölkerung geben. Jede Gemeinde, die von der Postenzusammenlegung betroffen ist, bekommt ein individuelles Sicherheitspaket.
Hintergrund: Treffen mit allen 9 Landespolizeichefs am Montag
Am Montag wurde bis zuletzt um jeden Posten gefeilscht – die Liste könnte also bei der heutigen Präsentation anders aussehen, könnte weniger Posten umfassen. Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, trommelte im Auftrag Mikl-Leitners die Landespolizeidirektoren zusammen, verhandelte Details des Sicherheitspakets. Mikl-Leitner selbst pokerte bis abends am Telefon – unter anderem mit Kärntens Landeschef Peter Kaiser (SPÖ), der polterte: „Die Streichung ist nicht nachvollziehbar.“
Gewerkschaft: »Subjektives Sicherheitsgefühl leidet«
Die heftigste Kritik kommt aber von der Polizei selbst: „Wir haben nicht zu viele Posten, sondern zu wenige Polizisten. Die Vorgangsweise der Ministerin ist inakzeptabel“, schäumt Gewerkschafter Hermann Greylinger. Er fürchtet, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger leiden wird, und warnt: „Langfristig gab es nach jeder Polizeireform einen schleichenden Personal-Abbau.“
J. Prüller, G. Plieschnig
Interview. J. Prüller