Debatte um Asyllager: Die SPÖ sei laut ÖVP-Generalsekretär "von allen guten Geistern verlassen."
In der Debatte um ein drittes Asyl-Erstaufnahmezentrum hat ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger am Samstag die SPÖ und ihren Vorsitzenden Werner Faymann scharf angegriffen. Dieser sei beim ersten Gegenwind umgefallen. "Man muss sich fragen, ob die SPÖ von allen guten Geistern verlassen ist", sagte er im Ö1-"Mittagsjournal". Dass man ein drittes Zentrum nicht brauche, stimme einfach nicht.
Kaltenegger wirft Faymann Wankelmütigkeit vor. Es stelle sich die Frage, ob der Kanzler in der Lage sei, seine Partei auf einen gemeinsamen Kurs einzuschwören. Die SPÖ sei bisher - wie im Koalitionspakt vereinbart - für ein drittes Zentrum gewesen. Am Freitag ging Faymann bei der SP-Klausur in Bad Tatzmannsdorf davon ab und meinte, dass auch ein Regierungsprogramm nicht in Stein gemeißelt sei. "Wenn kein drittes notwendig ist, das wäre mir am liebsten", sagte Faymann in der "ZiB2".
"Volksbefragung geht immer negativ aus"
Der
ÖVP-Generalsekretär sprach sich gegen Volksbefragungen beim Thema Asylwerber
aus. Unterstützung erhielt er vom Bürgermeister der oberösterreichischen
Gemeinde St. Georgen im Attergau, Wilhelm Auzinger (V), in dessen Ortsteil
Thalham sich seit fünf Jahren Österreichs zweites Erstaufnahmestelle neben
Traiskirchen befindet. "Wenn ich eine Volksbefragung über diese ganze
Asylfrage mache, die geht immer negativ aus", meinte er im "Mittagsjournal".
Ein drittes Zentrum ist aus seiner Sicht auf jeden Fall notwendig, selbst
dann, wenn alle Bundesländer ihre Betreuungsquoten erfüllen.
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas wies die Attacken von ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger zurück. Sie warf der ÖVP Allmachtsfantasien vor und plädierte für Volksbefragungen. Verärgert zeigte sie sich in einer Aussendung über den "völlig unangebrachten Ton" Kalteneggers.
Rudas: "Völliges Wirrwarr"
"Obwohl in der ÖVP in
Sachen Erstaufnahmezentrum Chaos und völliges Wirrwarr herrschen, sitzt die
ÖVP nach wie vor auf dem hohen Ross und glaubt, über die Bevölkerung
drüberfahren zu können", kritisierte Rudas: "Man kann nicht Menschen
befragen und dann unabhängig vom Ergebnis entscheiden." Unter Verweis auf
die Haltung von Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (V) und des
burgenländischen ÖVP-Chefs Franz Steindl empfahl sie dem Koalitionspartner
einen Einigungsprozess zum Thema Erstaufnahmezentrum.
Beim Thema Volksbefragungen empfahl sie der ÖVP und Kaltenegger die Lektüre des eigenen Grundsatzprogramms, in dem Folgendes festgeschrieben sei: "Die repräsentative Demokratie ist durch Elemente direkter Demokratie sinnvoll zu ergänzen. Sie sollen auf staatlicher Ebene bei Grundsatzentscheidungen, auf regionaler Ebene bei Fragen der unmittelbaren Betroffenheit zum Einsatz kommen."
BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner zeigte sich erfreut darüber, dass sich nach Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) auch Faymann der Linie des BZÖ anschließe. Ein drittes Asylzentrum sei nicht notwendig, wenn entsprechende Maßnahmen wie etwa die Beschleunigung der Asylverfahren gesetzt würden.