Zuwenig Geld

Aufstand der Ärzte im Wiener AKH

29.11.2011

Im finanzmaroden Wiener AKH wird es ab 2012 noch schlimmer – auch für Patienten.

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Patienten, die Dienstagvormittag ins Wiener AKH kamen, staunten nicht schlecht: In der Aula im Haupteingangsbereich hatten sich Hunderte Ärzte zum öffentlichen Protest versammelt. Der Hintergrund: Neun Millionen Euro fehlen im Ärztebudget, deswegen hat der Rektor der Medizinischen Universität Wien einen sofortigen Ärztestopp für das AKH angeordnet – auch für bereits vakante Stellen.

Zu wenig Geld für das größte Spital Österreichs
Zusätzlich werden nächstes Jahr 24 Nachtdienste gestrichen. „Das alles bringt längere Wartezeiten in den Ambulanzen und 30 Prozent weniger Operationen“, warnt AKH-Betriebsratschef Thomas Szekeres. Der Sparkurs sei zudem nicht nachvollziehbar: „Wir fahren mit halber Kraft, aber die Betriebskosten des Hauses bleiben gleich hoch!“

Otto Schenk, Dogudan, Lauda und Meissner-Blau
Zur Unterstützung hatten die Ärzte am Dienstag Prominente ins AKH eingeladen. Und die heizten die Stimmung an. Allen voran Schauspieler Otto Schenk, der frenetischen Applaus der Ärzte erntete: „Ich habe in noch keiner Institution so aufopfernde Menschen wie im AKH erlebt. Das soll alles wegen neun Millionen Euro ruiniert werden? Die Politiker sollten zur Hirntransplantation ins AKH!“

Gastronom Attila Dogudan kam ebenfalls ins AKH und kritisierte den Finanzstreit zwischen Bund und Stadt Wien: „Das fehlende Geld muss sofort überwiesen werden!“
Auch Freda Meissner-Blau (ihr wurde im AKH ein Fremdherz implantiert) und Niki Lauda warnten als Ex-AKH-Patienten vor drohendem Qualitätsverlust.
Der für die AKH-Ärzte zuständige Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle zeigte Verständnis für die Sorgen der Ärzte, stellte jedoch (noch) keine Finanzspritze in Aussicht.

Sparkurs in allen Spitälern, überlaufene Ambulanzen
Die Situation im AKH ist symptomatisch für Österreichs Universitätskliniken. Auch in Graz und in Innsbruck kann es zu Einsparungen kommen. Zusätzlich gibt es in städtischen Spitälern ebenfalls Aufnahmestopps und Nachtdienst-Streichungen – bei sogar steigender Patientenzahl. Zudem sind alle Ambulanzen heillos überlaufen.
 

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15:55 Uhr: Auch wenn die Ärzte im AKH dem Bund zugeteilt seien, müsse sich SPÖ-Gesundheitsstadträtin Wehsely in dieser Causa endlich zu ihrer Mitverantwortung bekennen und sich besser heute als morgen mit den politisch Verantwortlichen, allen voran Wissenschaftsminister Töchterle, an einen Tisch setzen, um das Problem endlich zu beheben, so heute der Stadtrat der FPÖ-Wien, David Lasar in einer Reaktion.

15:40 Uhr: 
"Das AKH ist zweifelsohne eines der medizinisch bedeutendsten Krankenhäuser Europas. Aus diesem Grund muss auch die Stadt Wien einen zusätzlichen finanziellen Beitrag leisten, um den Versorgungsauftrag für die Wiener Bevölkerung aufrecht erhalten zu können!", erklärt die Gesundheitssprecherin der ÖVP Wien, LAbg. Ingrid Korosec.

15:10 Uhr:
'Für die Krankenbehandlung wird das gesamte ärztliche Personal im AKH Wien von der Medizinischen Universität Wien bereitgestellt' - das ist der zentrale Passus im Vertrag zwischen der Stadt und der Medizinischen Universität Wien. "Wissenschaftsminister Töchterle ist also vertraglich verpflichtet, die MedUni Wien mit dementsprechenden finanziellen Mitteln auszustatten. Darüber kann sich der Minister nicht hinwegdiskutieren", betonte Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely als Reaktion auf den Ärzteprotest.

14:53 Uhr:
AKH-Ärztebetriebsrat Szekeres kritisiert die Sparmaßnahmen heftig:  "Das ganze ist vergleichbar mit einem Autobus, der nur halb besetzt ist", so Szekeres. Die Betriebskosten blieben gleich, lediglich die Einnahmen würden geringer ausfallen. Der Ärztevertreter kündigte weitere Aktivitäten an: "Wir kämpfen weiter, bis die Politik das Haus finanziert."

14:25 Uhr:
Ärztekammer-Chef Dorner meint, beim AKH gehe es um die Existenz einer exzellenten medizinischen Einrichtung. Was auch der Rektor der Med-Uni, Wolfgang Schütz, so sah: "Dieses Gebäude hier ist ein Juwel." Er bekräftigte heute seine Forderung an die Politik, "diese Leistungsinstitution weiter zu finanzieren".

13:59 Uhr:
Der Gastronom Attila Dogudan versicherte, dass, falls er Politiker wäre, er noch heute aufstehen und die neun Mio. Euro überweisen würde - ohne auf einen Runden Tisch zu warten. Einen solchen soll es im Jänner geben, wie die Medizinische Universität angekündigt hat. Die Standesvertretung wünscht jedoch einen früheren Termin: Ärztekammerpräsident Walter Dorner berichtete in der heutigen Versammlung von seinen Bemühungen, bereits in den nächsten Tagen Vertreter der Uni, der Stadt und des Bundes an einen Tisch zu bringen.

13:38 Uhr: Auch Freda Meissner-Blau betonte, dass ihr im AKH - in dem sie sich einer Herztransplantation unterzogen habe - das Leben gerettet worden sei. Sie berichtete, dass sie bereits zuletzt Veränderungen bzw. Verschlechterungen bei der Betreuung feststellen musste. Ärzte und Pfleger stünden offenbar unter enormen Druck, so die Ex-Politikerin, die für diese Wortmeldung ebenfalls großen Applaus erntete.

© APA / Schlager

Freda Meissner-Blau im Wiener AKH - (c) APA/Roland Schlager

13:24 Uhr:
Der Minister verwies darauf, dass das Wiener AKH die einzige Universitätsklinik in Österreich sei, bei der das gesamte ärztliche Personal vom Bund bezahlt werde, wo also das Land keinen Beitrag leisten müsse. Aus seiner Sicht ist hier in Graz und Innsbruck eine bessere Lösung gefunden worden, wo sich die Steiermark und Tirol an diesen Kosten beteiligen.

Was Wien angeht, betonte Töchterle, dass man die Vereinbarung, die bis 2015 laufe, natürlich anerkenne. Wenn sich daraus aber Probleme ergäben, werde man noch einmal reden müssen. Konkret mehr Geld von der Bundeshauptstadt forderte der Wissenschaftsminister allerdings auf Nachfrage nicht.

13:15 Uhr:
Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) zeigt Verständnis für die Nöte der AKH-Leitung, die zu einer Einsparung von 14 Prozent der Journaldienste führen könnten. Nach dem Ministerrat erklärte er, dass mittlerweile 50 Prozent des Budgets für Patientenleistungen aufgewendet werden müssten, obwohl die Uni-Klinik grundsätzlich vor allem für Ausbildung und Forschung die Verantwortung trage. Töchterle will nun eine besser Koordinierung der Finanzierung des AKH.

13:06 Uhr:
Er verdanke dem AKH sein Leben, betonte der prominente Schauspieler und Regisseur Otto Schenk. Die Zeit als Patient hat er trotz schwerer Krankheit offenbar auch in guter Erinnerung: "Ich habe eine derartige Freundlichkeit und Aufopferung in keiner Institution je erlebt." Er sprach sich entschieden gegen Einsparungen wegen "lächerlicher neun Millionen Euro" aus: "Das ist doch heute gar nichts."

Und er scherzte: "Ich kann nicht versprechen, dass ich zur verbleibenden Dienstzeit der Unfallabteilung rechtzeitig am Glatteis ausrutsche."

13:00 Uhr:
Dass er ein Mann der Bühne ist, hat Otto Schenk am Dienstag auch bei der Betriebsversammlung im Wiener AKH bewiesen. Er konnte bei seinem Auftritt nicht nur frenetischen Applaus der versammelten Ärzteschaft verbuchen, sondern er zog auch Vergleiche mit seinem Berufsleben. "Ich kenne das aus der Josefstadt", verwies er auf seine Theatererfahrung: "Die Stadt sagt, sie zahlt nur, wenn der Bund zahlt. Der Bund sagt, er zahlt, wenn die Gemeinde zahlt. Und dann zahlen beide nix."

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Otto Schenk beim Ärzteprotest im Wiener AKH / (c) APA - Roland Schlager

12:48 Uhr: 
Zum Auftakt der Protestveranstaltung skizzierte der Vorsitzende des Betriebsrats des ärztlichen Personals, Ärztekammer-Vizepräsident Thomas Szekeres, noch einmal die drohenden Einschnitte. Er verwies etwa auf die geplanten Einsparungen bei den Journaldiensten und warnte vor verlängerten Wartezeiten bei Operationen. Werde das AKH "heruntergefahren", sei dies weder wirtschaftlich noch medizinisch sinnvoll, versicherte er.

11:55 Uhr: Auch zahlreiche Prominente, die im AKH behandelt wurden, unterstützen den Protest:  "Wir wollen doch nicht, dass es für das AKH 'Last Christmas' heißt", malte dabei etwa der Moderator Günther Frank ein düsteres Bild der AKH-Zukunft - mit Verweis auf den derzeit wohl berühmtesten "Bewohner" des Spitals, den ehemaligen "Wham!"-Sänger George Michael.

11:47 Uhr:
Unzufrieden mit der Einsparung von 14 Prozent der Journaldienste am Wiener AKH zeigt sich Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ). Die Uni-Krankenanstalten hätten die Aufgabe, den Menschen auch entsprechend medizinisch zu versorgen, erklärte er am Dienstag vor dem Ministerrat. Gleichzeitig dachte Stöger gesetzliche Änderungen an, wie man die Versorgung besser garantieren könne.

11:41 Uhr:
Während der Veranstaltung ist mit längeren Wartezeiten zu rechnen. Notfall- und Unfallpatienten werden aber wie gewohnt versorgt, wurde versichert. Die Veranstaltung in der Aula ist die erste, die auch von Besuchern bzw. Patienten des Spitals mitverfolgt werden kann.

11:35 Uhr:
Im großen Foyer des Wiener Allgemeinen Krankenhauses (AKH) dominiert die Farbe Weiß: Hunderte Ärztinnen und Ärzte sind gekommen, um an der ersten öffentlichen Protestversammlung im Zusammenhang mit der laufenden Spardebatte teilzunehmen.

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