In Wien

Kampf gegen illegale Migration: EU-Chefs besuchen Nehammer

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In Wien hat am Freitagabend eines von mehreren Gipfeltreffen zu den Prioritäten der EU für die kommenden fünf Jahre begonnen. 

Staats- und Regierungschefs aus fünf Mitgliedsstaaten sowie der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, sind auf Einladung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in die Bundeshauptstadt gekommen. Nehammer nannte den Kampf gegen illegale Migration und die Stärkung der europäischen Wirtschaft wichtigste Schwerpunkte aus der Sicht Österreichs.

Neben Ratspräsident Michel nehmen laut Informationen aus dem Bundeskanzleramt die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, der maltesische Premierminister Robert Abela, der slowenische Ministerpräsident Robert Golob sowie Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis an dem Treffen teil. Die lettische Regierungschefin Evika Silina sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur LETA ihre Teilnahme wegen ihres vollen Terminplans ab. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico kam wegen eines fortgesetzten Besuchs in der Ukraine nicht nach Wien. Michel reiste aus Warschau an, wo am Donnerstag eine weitere informelle Runde von EU-Regierungschefs beraten hat.

Kanzler fordert sicheren EU-Außengrenzschutz

Nehammer forderte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Michel vor Beginn der Beratungen vor allem einen sicheren EU-Außengrenzschutz, Asylverfahren in Drittstaaten und weitere Partnerschaften mit Nicht-EU-Ländern wie Ägypten, Tunesien und der Türkei. Dies sei "ein Bohren harter Bretter" aber zugleich "unverzichtbar". Nur wenn es gelinge, dass die EU "eine richtige Außengrenze" habe, könne man davon ausgehen, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die EU wieder wachse und stärker werde, sagte der Kanzler. Zwar gebe es in Österreich im Vergleich zum Vorjahr einen dramatischen Asylrückgang, jedoch herrsche an den EU-Außengrenzen ein großer Migrationsdruck.

Michel sagte, die EU müsse auch gegen hybride Bedrohungen und die Instrumentalisierung von Migration vorgehen. In Hinblick auf Partnerschaften mit Drittstaaten sollte die EU die Türe für Länder wie Libanon öffnen, um gegen Schlepper zu kämpfen.

Michel nannte drei Schwerpunkte für die Strategische Agenda der EU: Sicherheit und Verteidigung, Migration und Wettbewerbsfähigkeit. Die EU müsse den Binnenmarkt, vor allem den Dienstleistungssektor, für mehr Investitionen vertiefen. Auf die Frage, ob die EU schuldenbasiert neue Investitionen, etwa in Verteidigung oder den Kampf gegen den Klimawandel finanzieren solle, winkte Nehammer ab: "Schuldenfinanziert heißt Schulden für die nächste Generation", dies sei nicht Österreichs Position. Unter den EU-Mitgliedstaaten sei dies eine "leidenschaftlich geführte Diskussion". Gleichzeitig sprach sich Nehammer dafür aus, den gemeinsamen Markt weiterzuentwickeln und die europäische Verteidigungsindustrie zu harmonisieren. Michel betonte, private Gelder sollten durch die EU-Kapitalmarktunion angezogen werden, auch die Europäische Investitionsbank (EIB) sei ein "nützliches Instrument". Er hoffe, dass die EU-Staaten ihre Meinungsdifferenzen in dieser Frage überwinden.

Im Vorfeld des Treffens sagte Nehammer: "Wir müssen unsere Wirtschaft wettbewerbsfähiger für den Weltmarkt machen - durch weniger Verbote, mehr Freiheiten und mehr Fokus auf Forschung und Innovationskraft unserer Wirtschaft." Dazu sei es notwendig, unfaire Handelspraktiken zu verhindern sowie Regulierungen und Bürokratie zu reduzieren, auch in der Landwirtschaft. Nehammer will Innovation und Forschung stärker fördern. Die strategische Bedeutung der Lebensmittel- und Agrarproduktion erfordert seiner Ansicht nach eine Stärkung des EU-Agrarsektors.

In einem Interview mit der APA sagte Michel, die EU müsse mehr militärische Kapazitäten und Verteidigungsbereitschaft entwickeln. Die Neutralität Österreichs stellte Michel nicht in Frage: "Wir werden immer die spezifische Situation unserer Mitgliedsstaaten respektieren."

Der Mainstream in der EU wolle zusammenarbeiten und "mehr europäische Kapazitäten entwickeln, um stärker zu sein und unsere geopolitischen Interessen zu verteidigen, und will sehen, wie wir in finanzieller Hinsicht mehr für Verteidigung und Sicherheit investieren können", sagte der EU-Ratspräsident. Die Strategische Agenda der EU für die kommenden fünf Jahre soll bei einem EU-Gipfel im Juni beschlossen werden.

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