Schuld Österreichs am Holocaust betont
Kanzler Kurz gedenkt der Nazi-Opfer
10.06.2018Sebastian Kurz besuchte am Sonntag die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem.
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„Gott sei mit Dir, mein Österreich“, sagte Gideon Eckhaus mit Tränen in den Augen. Der knapp 100-jährige Holocaustüberlebende, der 1938 aus Wien vor den Nazis flüchten musste, erzählte zuvor, wie das geliebte Wien seiner Kindheit sich zum Monster verwandelt hatte und er die Liebe zur alten Heimat doch nie aufgegeben habe. Gestern Nachmittag besuchte Kanzler Sebastian Kurz den Klub der österreichischen Juden in Jerusalem. Sein dritter Besuch, aber „mein erster Besuch als Kanzler. Und ein Besuch, der mir besonders wichtig ist.“
Österreich spendet 1 Mio. für Schoa-Gedenken
Gedenken. Kurz, der gerade eine zweieinhalbtägige Visite in Jerusalem absolviert, stellte am gestrigen Tag das Gedenken in den Mittelpunkt. Dass er mit den Freiheitlichen regiert, wurde ihm weder von den Holocaustüberlebenden – die er gestern alle nach Wien eingeladen hat – noch bislang von israelischer Seite bei seinem Besuch vorgeworfen.
Der 98-jährige Wiener und Holocaustüberlebende Harry Dayan sagt ÖSTERREICH vielmehr: „Ich habe einen sehr positiven Eindruck von Kurz. Er ist ein Freund.“ Und die Altösterreicher scheinen ebenso wie die Israelis Zeichen zu registrieren, die Kurz setzt: Sein erster Programmpunkt war die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem. Dort verkündete Kurz nicht nur, dass der Ministerrat eine Million Euro für die Shoah Heritage Foundation beschließen werde, sondern er betonte ebenso, dass auch Österreich eine „schwere Schuld am Holocaust“ habe und sich die Republik „zu spät, aber mittlerweile ganz klar der historischen Verantwortung“ bewusst sei.
Kurz wird auf "30 FPÖ- Einzelfälle" angesprochen
Kritik. Nur im Tal der Gemeinde – vor der Inschrift Wien – wurde der türkise Regierungschef kritisch auf die „über 30 Einzelfälle in der FPÖ“ und Aussagen von Blauen angesprochen. Die Pädagogin Debbie Hartmann, die Kanzler samt Delegation durch Yad Vashem führte, mahnte ein, dass man „nicht nur Verantwortung hat, der Schoa zu gedenken, sondern auch gegen heutigen Antisemitismus klar vorzugehen“.
Der Präsident der jüdischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, verteidigte Kurz jedoch umgehend und sagte neben dem Kanzler und Bildungsminister Heinz Faßmann stehend: „Der Kanzler ist ein Garant gegen Antisemitismus. Deswegen begleite ich ihn auch bereits zum dritten Mal nach Israel.“
Treffen. Kurz betonte anschließend, dass er während der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs die Themen „Kampf gegen Antisemitismus“ und die Sicherheit für Israel „auf die Tagesordnung nehmen“ werde. Derzeit werde gerade überlegt, Israels Premier Benjamin Netanjahu, den Kurz am Montag treffen soll, zu einem EU-Gipfel nach Österreich einzuladen …
Kurz: "Brauchen mehr Verständnis für Israel"
Kurz will Verständnis der EU für „schwierige Sicherheitslage Israels“ stärken.
Montagmittag soll Sebastian Kurz von Israels Premier Benjamin Netanjahu in Jerusalem empfangen werden. Die zwei Herren wollen über die Sicherheitslage Israels, die Beziehungen der zwei Staaten und natürlich auch über den Iran reden. Nur eine Verlegung der österreichischen Botschaft nach Jerusalem sei „derzeit kein Thema“, sagt Kurz ÖSTERREICH. Der VP-Kanzler meint dafür, dass die EU „mehr Verständnis für die schwierige Sicherheitslage Israels“ brauche. Das Verhältnis zwischen Netanjahu und Kurz ist jedenfalls gut. Trotzdem geht in Israel keiner davon aus, dass die Israelis in naher Zukunft ihre Position zur FPÖ verändern könnten. Es gibt auch weiterhin keinerlei offizielle Kontakte zu den Freiheitlichen.