Nach Tonbandenthüllung

Grasser: Steht jetzt er vor Anklage?

22.12.2010

Justizministerin holt Akte KHG. 5.000 Telefonate überwacht.

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© APA/TOPPRESS AUSTRIA/SCHÖNDORFER
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Seit gestern wird Karl-Heinz Grasser endgültig zur ,Causa Prima‘ der Republik. Die Staatsanwaltschaft Wien gab bekannt, dass sie in der Causa Grasser/Meischberger bisher „bereits 5.000 Telefongespräche überwacht“ und 40 Bank-Konten geöffnet hat.

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner kündigt im ÖSTERREICH-Gespräch an, dass sie sich nun „sämtliche „Buwog-Akten von der Staatsanwaltschaft“ kommen lassen werde. Die Justizministerin verspricht jetzt „volle Aufklärung“.

Tatsächlich arbeitet die Staatsanwaltschaft Wien im Fall Grasser auf Hochtouren: Es geht vor allem um den umstrittenen Buwog-Deal und zahlreiche aufklärungswürdige Provisionen an Grasser-Freunde. Besonders im Visier der Justiz stehen Grassers Trauzeuge Walter Meischberger, Immobilien-Tycoon Ernst Plech und PR-Mann Peter Hochegger.

Um diese drei engsten Grasser-Freunde rankt sich mittlerweile ein „Netzwerk“ prominenter Namen, das die Grasser-Freunde mit Provisionen versorgt hat. Mittendrin sind:

  • Der frühere FP-nahe Porr- und ÖBB-Chef Martin Huber, der in Wahrheit jener ominöse Porr-Manager H. aus dem Abhör-Protokoll ist, der erst Meischberger 600.000 Euro Provision von Porr und dann –- als ÖBB-Chef –- Hochegger 1,2 Millionen Provision von den ÖBB bezahlt hat.
  • Sowie der frühere Justizminister Dieter Böhmdorfer, der weitere 600.000 Euro Provision an Plech für die Übersiedlung eines Justizgebäudes überwiesen hat.

Immer mehr verstärkt sich der Eindruck, dass FPÖ-Mastermind Plech in der ÖVP-FPÖ-Regierung ein ganzes Korruptions-Netzwerk aufgezogen hat. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Grasser soll erneut einvernommen werden
Im Jänner, spätestens im Februar, soll Grasser ein drittes Mal von der Staatsanwaltschaft einvernommen werden. Dabei soll er auch befragt werden, warum er Meischberger Tipps für dessen Einvernahme gab.

Ein Justiz-IInsider geht davon aus, dass „Anklagen gegen Meischberger und Plech eigentlich fix sind“. Und auch für Grasser schaue es „düster“ aus. Zwar dürften 2011 zwei Verfahren gegen den Ex-Finanzminister – wegen mutmaßlichem Bruch der Amtsverschwiegenheit und wegen Amtsmissbrauch – eingestellt werden. Dafür droht Grasser nun eine mögliche Anklage „wegen Untreue“. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft. Für Grasser gilt die Unschuldsvermutung –- ihm wurde bisher kein Fehlverhalten nachgewiesen.

Zudem werden Grassers Finanzen aus seiner Zeit als Finanzminister jetzt auch auf „Steuerfreudigkeit“ geprüft.

Grasser selbst schweigt derzeit lieber.

Grassers Anwalt Manfred Ainedter über Veröffentlichung empört:
ÖSTERREICH: Wie stehen Sie zur Veröffentlichung der Telefonprotokolle von Karl-Heinz Grasser und Walter Meischberger?
Manfred Ainedter: Das Ganze ist ein Skandal, ein echter Skandal. Parlamentarier dürfen nicht ihre Befugnisse und ihre Funktion missbrauchen, um diese Protokolle zu veröffentlichen, so wie es hier der Fall war (die Grüne Abgeordnete Gabriele Moser hatte die Protokolle in einer parlamentarischen Anfrage veröffentlicht, Anm d. Red.).

ÖSTERREICH: Wie geht es in der Causa Grasser nun weiter? Werden Sie rechtliche Schritte gegen die Veröffentlichung der Telefonprotokolle ergreifen?
Ainedter: Nein, das werden wir nicht tun. Das bringt nichts. Ich möchte aber ausdrücklich festhalten, dass in diesen Telefonprotokollen nichts, aber auch gar nichts drinnen ist. Und die Aufforderungen der Abgeordneten an Justizministerin Bandion-Ortner sind im übrigen Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Dem sollten sich alle bewusst sein.

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