Ministerin über Tirol, Koalition und Sanktionen

Karoline Edtstadler: ''Polit-Kontrolle ist nicht verhandelbar''

01.10.2022

ÖVP-Ministerin Edtstadler mit klaren Ansagen im großen oe24.TV-Interview. 

Zur Vollversion des Artikels

This browser does not support the video element.

Zur Vollversion des Artikels

oe24.tv: In Tirol wurde Schwarz-Grün abgewählt. Wird das Klima in der Koalition rauer?

Karoline Edtstadler: Man muss klar sagen, dass das eine Landtagswahl war – die ist auch klar so definiert worden. Man kann die Dinge nicht vermischen. Das Ergebnis ist kein Grund zum Jubeln, es ist eines, wo man nachdenklich in die Zukunft gehen muss. Meine Ableitung daraus ist, die Menschen noch besser abzuholen und auch zu kommunizieren, was wir schon vorangebracht haben und was wir weiter bereit sind zu tun.

oe24.tv: Zuletzt meinte die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer, es gäbe keine Asyl­krise. Was sagen Sie dazu?

Edtstadler: Ich kenne das Zitat nicht, aber weiß, dass wir eine schwierige Situation haben, was die Höhe der Migrationszahlen betrifft. Es ist immer die Frage, was man unter Krise versteht. Ich glaube, es ist eine wirklich ernste Situation, wo es Lösungen braucht, das ist auch keine Neuigkeit.

oe24.tv: Die Skepsis an den EU-Sanktionen gegen Russland wächst, wie sollte man mit ihnen umgehen? Können Sie das angesichts der Teuerung verstehen?

Edtstadler: Ich kann es nachvollziehen, weil vermeintlich viele negative Folgen auch auf Europa abfärben, für die man allgemein die Sanktionen verantwortlich macht. Wir müssen darüber reden, weil sie alternativlos sind. Was hätten wir denn tun sollen, als Russland in die Ukraine einmarschiert ist und auch laufend multiple Völkerrechtsbrüche begeht? Da brauchte es eine Antwort der EU – die haben wir gegeben, die Sanktionen sind ein scharfes Mittel. Dass sie nicht wirken, ist ein falsches, russisches Narrativ.

oe24.tv: Thema Bundesstaatsanwaltschaft: Sie forderten zuletzt mehr parlamentarische Kontrolle. Wie soll diese aussehen?

Edtstadler: Ich habe hier ganz klare Vorstellungen, die haben wir auch im Februar 2021 in einem Ministervortrag festgehalten. Dass es an der Weisungsspitze, auch wenn sie entpolitisiert wird, keine Kontrolle gibt, ist für mich nicht vorstellbar. Wir dürfen hier keine demokratiefreien Räume schaffen.

oe24.tv: Die Expertenkommission meint, dass die Unabhängigkeit des Bundesstaatsanwalts nicht gegeben ist, wenn das Parlament zu sehr kontrollieren kann. Wie wollen Sie das sicherstellen?

Edtstadler: Es ist ein großer Trugschluss, dass das Parlament zu einer Verpolitisierung führt. In unserem jetzigen System ist die Justizministerin die oberste Weisungsspitze und ist auch an parlamentarische Kontrolle gebunden, muss Rede und Antwort stehen. Das ist für mich nicht die Verpolitisierung der Sache, sondern die Kontrolle, die es in einem demokratischen Rechtsstaat braucht. Das kann nicht anders sein, wenn jemand anders die Weisungsspitze hat. Die parlamentarische Kontrolle ist das Wesentliche. Mir als Verfassungsministerin tut es im Herzen weh, wenn man jetzt sagt, dass Mitsprache vom Parlament etwas Schlechtes wäre. Für mich ist diese Kontrolle bei Bestellung, Abberufung und laufend während der Tätigkeit eine Conditio sine qua non. Ohne dem kann es keine Änderung des bestehenden Systems geben.

oe24.tv: Bis wann soll der Bundesstaatsanwalt eingesetzt werden?

Edtstadler: Das ist Teil eines Pakets, das wir derzeit verhandeln. Andere Bereiche haben noch zu folgen. Wir haben noch zwei Jahre Zeit und bis dahin sollte es passieren. Wenn von allen Seiten die Gesprächsbereitschaft da ist, noch in dieser Legislaturperiode.

oe24.tv: Zwei Jahre sind eine lange Zeit. Sollte das nicht schneller gehen?

Edtstadler: Es ist eine tiefgreifende Veränderung, die auch eine Verfassungsänderung mit sich bringt. Unser System funktioniert ja gut, ist aber im EU-Vergleich nur noch in wenigen Staaten so gegeben. Die Justiz ist so ein wichtiger Bereich, dass man da nicht hudeln sollte.  

Zur Vollversion des Artikels