Prozess-Finale

Angeblicher Kasachen-Spion enthaftet

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Ex-KNB-Chef Mussajew und Freund von Ex-Botschafter Alijew sollte entführt werden. Gegen Ildar A. war der Tatverdacht aber zu gering.

Knalleffekt im Prozess gegen den angeblichen kasachischen Spion, der im Vorjahr in Wien in die gescheiterte Entführung eines Vertrauten des ehemaligen Botschafters Kasachstans in Wien, Rakhat Aliyev, verwickelt gewesen sein soll: Der Angeklagte Ildar A. (61) wurde am Freitag am Wiener Straflandesgericht am Ende des dritten Verhandlungstags enthaftet.

Hintergründe zu der komplexen Causa hier.

Unter Bedingungen
Das Gericht leistete einem Enthaftungsantrag des Verteidigers unter mehreren Auflagen Folge. Ildar A. musste seinen Reisepass abgeben und das Gelöbnis leisten, an seinem bisherigen Aufenthaltsort wohnen zu bleiben. Der Mann besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft, ein Haus in Wien-Favoriten und ein weiteres in Klosterneuburg. Allfällige Adressänderungen hat er unverzüglich dem Gericht bekanntzugeben.

Verdacht zu gering
Richter Thomas Schrammel begründete die Enthaftung mit mangelndem Tatverdacht in den zentralen Punkten der Anklage: Ohne der Entscheidung der Geschworenen vorgreifen zu wollen, liege der dringende Tatverdacht nach Ansicht des Schwurgerichtshofs (der sich aus den drei Berufsrichtern zusammensetzt) in den Anklagepunkten Überstellung an eine ausländische Macht und geheime nachrichtendienstliche Tätlichkeit zum Nachteil der Republik Österreich nicht vor, formulierte Schrammel.

Anstiftung zum Amtsmissbrauch
Einzig im Anklagepunkt Bestimmung zum Amtsmissbrauch - Ildar A. soll einen Polizisten gegen Entgelt dazu angestiftet haben, im Polizeicomputer und im Zentralen Melderegister die Anschriften von Aliyev und seiner Vertrauten abzufragen - ging der Schwurgerichtshof von einem konkreten Tatverdacht aus. Da der dafür vorgesehene Strafrahmen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Haft liegt, wäre eine weitere Inhaftierung des im Vorjahr festgenommenen Mannes aber unverhältnismäßig gewesen.

Opfer ortet Pfuscher
Der dritte Verhandlungstag hatte Zweifel am Entführungsversuch am damaligen Alijew-Vertrauten Alnur Mussayev genährt. Das angebliche Opfer räumte nämlich im Zeugenstand ein, die drei ihn bedrängenden Männer hätten "sehr unprofessionell gehandelt". Sie hätten sich zwar in seine Richtung bewegt und ihn zu einem dunklen Fahrzeug gedrängt. Es habe aber "keine physische Einwirkung auf mich" gegeben. Er sei auch nicht daran gehindert worden, den Ort zu verlassen, sagte Mussajew, der ehemalige Chef des kasachischen Geheimdiensts KNB.

Auf unbestimmte Zeit vertagt
Die Entscheidung dürfte nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass der seit Ende September laufende Prozess gegen Ildar A. auf unbestimmte Zeit vertagt wurde und völlig unklar ist, ob die Verhandlung heuer überhaupt wieder aufgenommen werden kann. Das Gericht leistete nämlich einem Beweisantrag des Verteidigers Folge, der einen angeblich unmittelbaren Tatbeteiligten als Zeugen hören will.

Drei Männer sollen am 17. Juli 2008 versucht haben, sich des ehemaligen KNB-Chefs Alnur Mussajew zu bemächtigen, der damals als enger Vertrauter des beim kasachischen Staatspräsidenten in Ungnade gefallenen Alijew galt. Einer davon soll ein Mann mit russischen Wurzeln um die 50 sein, der den Strafverfolgungsbehörden seit längerem namentlich bekannt ist. Er soll die beiden jüngeren, bisher der Justiz unbekannt gebliebenen Mittäter dirigiert und während des angeblichen Entführungsversuchs mit Ildar A. telefoniert haben. Dabei soll er diesen als seinen Vorgesetzten angesprochen haben.

Der gebürtige Russe dürfte sich mittlerweile in Moskau aufhalten. Ein im vergangenen August an die russischen Behörden gerichtetes Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Wien, den Mann im Rechtshilfeweg als Beschuldigten zu vernehmen, blieb bis jetzt unbeantwortet. Das Gericht will sich dessen ungeachtet bemühen, den Mann ausforschen und zur zeugenschaftlichen Einvernahme nach Wien bringen zu lassen.

Haftbeschwerde eingelegt
Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter legte gegen die Entscheidung umgehend Haftbeschwerde ein. Dieser kommt allerdings keine aufschiebende Wirkung zu. Der angebliche Spion wird noch am Nachmittag die Justizanstalt Wien-Josefstadt verlassen, wo er sich seit mehreren Monaten in U-Haft befunden hatte.

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