Die Koalition will am zweiten Tag ihrer Klausur beide großen Themen abhaken. Gestern hat es keine Einigkeit gegeben.
Die vermeintliche Kuschel-Regierung hat ihre erste Arbeitsklausur im verschneiten Sillian mit einem Knatsch begonnen. SPÖ und ÖVP haben nach der ersten Arbeitssitzung die geplanten Maßnahmen zur Sanierung der Krankenkassen aufgeschoben. Uneinig ist man sich auch in Sachen Steuerentlastung für Selbstständige. Beides soll nun am zweiten Klausurtag - angeblich als Junktim - behandelt werden. Streitpunkte sind Zeitpunkt und Höhe der Geldspritzen für die Krankenkassen und das Volumen der Selbstständigen-Entlastung.
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Fonds fix - Höhe und Zeitplan strittig
Die Pläne von
Gesundheitsminister Alois Stöger (S) haben zur Sicherung der Liquidität der
Kassen als Sofortmaßnahme einen Ersatz von versicherungsfremden Leistungen
(Wochengeld, Krankengeld für Arbeitslose, etc.) in Höhe von bis zu 400 Mio.
Euro vorgesehen. Ab 2010 hätten die Kassen außerdem zum Abbau ihrer Schulden
je 150 Mio. Euro für die nächsten drei Jahre bekommen. Der Ersatz für die
versicherungsfremden Leistungen soll über einen Fonds geregelt und an
Sanierungsmaßnahmen gekoppelt werden. Der Fonds scheint so gut wie fix, über
die Höhe und Zeitpunkt des Geldflusses herrschte aber Uneinigkeit.
ÖVP bremst
Bundeskanzler Werner Faymann (S) hatte vor
Beginn der Arbeitssitzung klargemacht, dass die Dotierung geringer sein wird
als die genannten 400 Mio. Euro. Zwischendurch war nur mehr von 100 Mio.
Euro die Rede. Ungewiss war auch der Zeitrahmen, anfangs hörte man von Mitte
2009. Später hieß es, bis Mitte des Jahres soll es einen Sanierungsplan
geben, den Fonds erst Anfang 2010 und für 2009 Überbrückungshilfen. Die SPÖ
will den Kassen möglichst bald Geld zukommen lassen, die ÖVP bremst hier.
Auch über die Kontrolle der Gelder gab es unterschiedliche Angaben. Zunächst hätte das Gesundheitsministerium den Fonds betreuen sollen, späte war auch vom Wirtschafts- und Finanzministerium die Rede. Gespeist werden soll der Fonds aus dem Budget. Das Ergebnis der Diskussion war jedenfalls kein Ergebnis zum Thema Gesundheit.
Gewinnfreibetrag
Auch beim umstrittenen Gewinnfreibetrag, der
Unternehmern und Freiberuflern im Zuge der geplanten Steuerreform
zugutekommen soll, gab es Zwist. Hier legte sich die SPÖ quer, ihr ist das
Gesamtvolumen dieser Maßnahme von 422 Mio. Euro (inklusive
Gegenfinanzierung) zu hoch.
Die anschließende Pressekonferenz wurde auch nicht von Faymann und Vizekanzler Josef Pröll (V), sondern vom Bildungs-/Wissenschaftsduo Claudia Schmied (S) und Johannes Hahn (V) absolviert.
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Sie berichteten erneut über die bereits bekannten Bildungspläne der Regierung. Unter anderem soll im Zuge der geplanten Reform des Universitätsgesetzes (UG) 2002 der Zugang auf allen Ebenen neu geregelt werden. Für die gemeinsame Lehrerausbildung wurde eine Experten-Arbeitsgruppe vereinbart, die Vorschläge erarbeiten soll. Dass sich Bildungs- und Wissenschaftsminister der Presse stellten, begründete Hahn damit, dass man ein "eingearbeitetes Team" sei und die "Gesundheitspolitik kein Ende gefunden hat".
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Faymann und Pröll verließen den Austragungsort, das Sporthotel Sillian, wortlos und gingen zum nächsten Programmpunkt über. Nach einem Auftritt im Ortszentrum ging es am Abend mit der Gondelbahn "Thurntaler" zum Panoramarestaurant "Gadein". Überschattet wurde die Klausur von einem Lawinenunglück in der Nähe, das ein Todesopfer gefordert hat.