Weitere Erhöhungen drohen
Kaum Bewegung in Richtung Mietpreisbremse
14.03.2023Die nächste massive Mietsteigerung steht für viele bereits mit April ins Haus. Bei Richtwertmieten droht ab April weitere Erhöhung um fast 9 Prozent, nachdem sie 2022 bereits um fast 6 Prozent gestiegen sind.
Die nächste massive Mietsteigerung steht für viele bereits mit April ins Haus. ÖVP und Grüne verhandeln weiter über eine Mietpreisbremse. Die Koalitionsverhandlungen zur Eindämmung der Wohnkosten scheinen aber festgefahren - es gibt noch immer keinen Konsens. "Wir müssen das Thema Wohnen gesamthafter sehen und auch die Möglichkeit des Eigentumserwerbs erleichtern", machte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) Montagabend in der "Zeit im Bild 2" seinen Standpunkt klar.
Das Thema Wohnen sei "natürlich eine Herausforderung", räumte der Minister in der ORF-Nachrichtensendung ein. "Und deswegen sind wir dabei - auf parlamentarischer Ebene findet das statt, zwischen den Koalitionsparteien - hier zu überlegen, welchen Weg man gehen kann."
Noch immer keine Einigung
Um eine Einigung auf eine Mietpreisbremse wird also nach wie vor gerungen. Die ÖVP will im Zuge der Verhandlungen für die Vermieterseite, die die Einsparung finanziell tragen müsste, einen generellen 500.000-Euro-Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Erwerb einer Immobilie durchsetzen. Die Grünen haben sich gegen eine Verknüpfung ausgesprochen und fordern eine Beschränkung der Richtwertmieten. Es ist auch noch offen, wie mit den restlichen Mietverhältnissen - abseits von Richtwert- und Kategoriemieten - umzugehen wäre.
"Was die Mietpreisbremse betrifft, glaube ich, sollte man das im Detail diskutieren und auch seriös analysieren, weil es hier in der Diskussion ja hauptsächlich um Richtwertmieten geht - das sind zehn Prozent, ungefähr, aller Haushalte, die davon betroffen wären", so das wenig ermutigende Signal des Finanzministers in Richtung der demnächst von weiteren deutlichen Wohnkostenerhöhungen betroffenen Mieterinnen und Mieter.
"Mein persönlicher Zugang ist, dass wir das Ganze etwas gesamthafter sehen müssen und uns nicht nur auf die Richtwertmieten, die in manchen Bereichen, insbesondere natürlich Wiens, schon ein Thema sind, klar, konzentrieren müssen, sondern doch das etwas breiter sehen", meinte Brunner.
Rasche Lösung: Nicht in Sicht
Eine rasche Lösung zeichnet sich also vorerst noch nicht ab. Wenn die Regierung tatenlos bleibt, können die an die an die Inflation gekoppelten Richtwertmieten für neu abgeschlossene Verträge ab April laut aktueller Gesetzeslage um weitere 8,6 Prozent angehoben werden, nachdem sie schon im Vorjahr um fast 6 Prozent gestiegen sind. Für neu abgeschlossene Verträge gilt die Erhöhung ab April, für bereits bestehende Verträge ab Mai. Auch Kategoriemieten gehen ohne Einigung ab Juli weiter um 5 Prozent nach oben.
Die Regierung könnte das noch per Gesetz verhindern, steht dafür aber unter großem Zeitdruck. Mit regulären Sitzungsterminen geht sich das bis zum 1. April nicht mehr aus.
In Summe gibt es in Österreich Zahlen der Arbeiterkammer (AK) zufolge rund 376.000 Richtwert-Mietwohnungen (davon etwa 273.000 in Wien). Dabei geht um Mietverträge in Altbauten, die nach 1994 abgeschlossen wurden. Weiters bestehen etwa 135.000 Kategoriemietverträge (davon 127.000 in Wien), das sind Altbaumieten von vor 1994. Die AK will auch eine Mietpreisbremse für die bundesweit rund 500.000 Haushalte (davon etwa 150.000 in Wien) mit indexierten, freien Mieten.
''Zeit zu handeln''
"Zum Thema Mieten wurde genug diskutiert, jetzt ist es Zeit zu handeln", kritisierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch die Aussagen des Finanzministers in der "ZiB2". Die Regierung Nehammer müsse endlich den von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner vorgeschlagenen Mietpreisstopp für alle Mietwohnungen in ganz Österreich aufgreifen. Die SPÖ will laut Wohnbausprecherin Ruth Becher Erhöhungen für Richtwert-, Kategorie- und frei vermietete Wohnungen und Geschäftsräume von KMU bis Ende 2025 aussetzen. Danach sollen die Mieten jährlich um maximal 2 Prozent steigen dürfen. Letztlich müssten ihrer Meinung nach "alle Mietwohnungen in den Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes kommen (Universalmietrecht) und damit auch preisreguliert werden".
"Das Wohnen und generell das Leben in Österreich entwickelt sich 'Dank' ÖVP und Grünen zum sozialen Desaster", bezog die freiheitliche Sozialsprecherin und FPÖ-Klubobmannstellvertreterin NAbg. Dagmar Belakowitsch am Dienstag in einer Aussendung Stellung.
Einen "pragmatischen Kompromiss", der auch die Wohnungs- und Hauseigentümer berücksichtige, mahnte zuletzt der Vorsitzende des Fiskalrats, Christoph Badelt, ein. Die SPÖ-Idee eines zweiprozentigen Preisdeckels auf die Mieten hält der Ökonom und oberste heimische Schuldenwächter allerdings für "sachlich nicht gerechtfertigt", wie er kürzlich in der ORF-"Pressestunde" sagte.
Vor "Politbremsen in der aktuellen Mietpreis-Debatte" warnte zuletzt der Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, Klaus Schwertner. Die Zeit für Lösungen werde knapp, sagte er und plädierte für einen Mietenstopp. "Wer ernsthaft glaubt, in der aktuell kritischen Situation wären politische Kuhhandel angebracht, verkennt, wie hoch der finanzielle Druck für viele Menschen bereits heute ist", kritisierte Schwertner. Er befürchtet eine Zunahme von Delogierungen. Das Problem steigender Mieten sei "existenzbedrohend". Die Zahl der Delogierungen sei bereits im vergangenen Jahr um knapp 20 Prozent gestiegen. "Wenn die Politik hier nicht rasch zusätzliche Maßnahmen setzt, wird sich diese Situation in naher Zukunft weiter verschärfen."