Bei ihrer Studienreise sieht Nationalratspräsidentin Prammer keine großen Unterschiede zwischen Österreich und Finnland in Sachen Bildung.
Die Unterschiede zwischen dem viel gelobten Musterland Finnland und Österreich im Bildungs- und Erziehungsbereich sind auf ersten Blick nicht so groß. Zu diesem Schluss kam Nationalratspräsidentin Barbara Prammer nach dem Besuch von Schulen und Kinderbetreuungsstätten am Dienstag in Helsinki. Um die Unterschiede zu erkennen, müsse man schon "in die Tiefe gehen", sagte Prammer in der finnischen Hauptstadt.
Österreich besser ausgestattet
Klare Vorteile biete das
finnische System, indem es viel stärker auf Humanressourcen setze, so
Prammer. Bemerkenswert sei etwa, dass in den finnischen Kindergärten pro
sieben Kinder drei Leute Personal zur Verfügung stünden. In Schulen sei dies
ähnlich. In Österreich werde dagegen mehr auf "Immobilien" gesetzt: Die
Schulgebäude seien in Österreich in der Regel schöner und besser
ausgestattet.
"Wende zur Qualität"
Einen klaren Zusammenhang
sehe man in Finnland zwischen den internationalen Bildungserfolgen der
Schüler und der gemeinsamen Schule bis zur neunten Schulstufe
(="Gesamtschule"). Deren Einführung habe in Finnland eine "Wende zur
Qualität" zur Folge gehabt, dies sei ihr mehrfach bestätigt worden. Die
Nationalratspräsidentin gab sich weiters von der hohen Akademikerquote
Finnlands beeindruckt: Ein Drittel der Bevölkerung verfügt über einen
Hochschulabschluss.
Finnische Entscheidungsspielrräume
Wo es in Österreich an
der Grundeinstellung fehle, seien die großen Entscheidungsspielräume im
Bereich der finnischen Kommunen und der einzelnen Schulen. Diese könnten
ihre Schwerpunkte in einem groben Rahmen weitgehend selbst setzen. In
Österreich verfüge der Bund den Schulen dagegen ein "enges Korsett".
Bei Ganztagsschule weiter
Vorteile des österreichischen im
Vergleich zum finnischen System sieht Prammer dagegen bei der Einrichtung
von Ganztagsschulen und Horten in den Städten: "Da sind wir weiter", meinte
die Nationalratspräsidentin, die im Gespräch mit berufstätigen Müttern in
Finnland durchaus eine Nachfrage für derartige Betreuungsmodelle ortet.
Am Mittwoch wollte Prammer, die sich auf einer gemeinsamen Studienreise mit einer Delegation der SPÖ-Frauen befand, mehrere Politiker, darunter ihren Amtskollegen, Parlamentspräsident Sauli Niinistö, treffen. Am Montag hielt sich die Delegation in Norwegen auf, wo der Informationsschwerpunkt bei der mit Jahresanfang eingeführten Frauenquote von mindestens 40 Prozent in den Aufsichtsräten börsennotierter norwegischer Unternehmen lag.