SPÖ-Chef Faymann im ÖSTERREICH-Interview: "Es gibt kein offizielels Signal Richtung Neuwahl."
ÖSTERREICH: Es verstärkt sich der Eindruck, dass Neuwahlen unmittelbar bevorstehen. Haben Sie Signale von der ÖVP erhalten, dass die Regierung vor der Auflösung steht?
Werner Faymann: Es gibt von der ÖVP offiziell keinerlei Signal Richtung Neuwahl. In unserem sehr konstruktiven Treffen am Sonntag ist eine Neuwahl auch von der ÖVP mit keinem einzigen Wort angesprochen worden. Sondern im Gegenteil: Beide Seiten waren der Meinung, dass diese Regierung viel zu arbeiten hat und als nächster Punkt die Erhöhung des Pflegegeldes angegangen werden soll. Trotzdem ist natürlich unübersehbar, dass von ÖVP-Seite, vor allem von Herrn Molterer in den Medien immer wieder eine Neuwahl nicht dementiert sondern diese mediale Darstellung eher geschürt wird. Das war zuerst wegen angeblicher personeller Fragen so, dann wegen der Pensionsautomatik, zuletzt wegen unserer EU-Linie. Das ist natürlich einer guten Zusammenarbeit abträglich.
ÖSTERREICH: Es gibt das Gerücht, dass Sie bei einem Scheitern der Großen Koalition für eine gewisse Zeit eine Minderheitsregierung mit Duldung der FPÖ überlegen.
Faymann: Da will ich gleich ganz deutlich sagen: Eine Koalition mit der Strache-FPÖ wird es für die SPÖ unter meiner Führung ganz sicher nicht geben. Ich gehe sogar noch weiter: Eine Koalition mit der Strache-FPÖ kommt für mich und die SPÖ nicht einen Tag in Frage. Auch eine Minderheitsregierung, die auf einer Duldung durch die Strache-FPÖ aufbaut, ist nicht einen Tag akzeptabel.Nicht einen einzigen Tag!
ÖSTERREICH: Das heißt: Eine Minderheitsregierung nach Bruch der Großen Koalition schließen Sie aus?
Faymann: Schließe ich für die SPÖ ganz klar aus. Wenn die ÖVP Neuwahlen will - und etwa nächste Woche dem Neuwahl-Antrag der Grünen zustimmen sollte, was ich nicht erwarte - dann wird es keine Minderheitsregierung sondern sofortige Wahlen geben.
ÖSTERREICH: Wäre nach einer Wahl eine Koalition der SPÖ mit der FPÖ denkbar?
Faymann: Hier gilt die seit Vranitzky vorgegebene Linie: Mit einer Strache-FPÖ kann man die Republik nicht führen. Das gilt insbesondere seit dem Grazer Wahlkampf, in dem die Strache-FPÖ ja gezeigt hat, zuwelchen Gehässigkeiten sie fähig ist. Das ist eine menschenverachtende Politik, mit der die SPÖ niemals eine Koalition eingeht. Und das gilt auch für meine neue Obmannschaft: Keinen Tag eine Koalition mit Strache und der FPÖ.
ÖSTERREICH: Viele haben gedacht, Ihr Schwenk in der EU-Politik würde die SPÖ näher an die FPÖ führen.
Faymann: Das ist ein großer Irrtum. Mit der neuen EU-Linie zeige ich, dass ich Respekt vor den Ängsten und Sorgen der Menschen habe - aber ich habe überhaupt keinen Respekt vor verantwortungslosen Politikern, die mit diesen Ängsten und Sorgen der Menschen ein Spiel betreiben.