ÖSTERREICH-Interview

Kern: Doskozil soll Polizei übernehmen

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Bundeskanzler über Petzner, Sobotka, Türkei und die Polizei.

Kanzler Kern im Gespräch mit ÖSTERREICH-Chefredakteur Werner Schima.

ÖSTERREICH: Sind die Umbauarbeiten im Wahlkampfteam jetzt abgeschlossen?

Christian Kern: Ja, aber es hat sich nicht viel geändert, wir haben eines von 40 Teammitgliedern ersetzt.

ÖSTERREICH: Wollten Sie Stefan Petzner im Team haben?

Kern: Er wurde mir vorgestellt, wie andere auch. Er gilt bei vielen als guter PR-Manager. Aber er ist nicht Teil unseres Teams.

ÖSTERREICH: Ihr Biograph ­Robert Misik fürchtet, dass mit Pilz die Wahrscheinlichkeit von Schwarz-Blau gestiegen ist …

Kern: Es ist fraglich, ob Pilz überhaupt ins Parlament kommt. Natürlich ist die Konkurrenz größer geworden. Aber Schwarz-Blau wird er wohl keine Stimmen kosten.

ÖSTERREICH: Was sagen Sie jemandem, der Kern wählen wollte und jetzt zu Pilz schwankt?

Kern: Wir haben die Trendwende geschafft und dafür gesorgt, dass der wirtschaftliche Aufschwung zurückkommt. Jetzt geht es darum, dass dies auch bei allen ankommt und alle was davon haben. Darauf hat die SPÖ eine Antwort, Kleinstparteien können kritisieren, aber im Parlament kaum etwas umsetzen.

ÖSTERREICH: Ist die Causa Hübner für Sie erledigt?

Kern: Die ist erledigt und das ist eine Bereinigung, die ich begrüße. Das ist auch für unser Ansehen im Ausland wichtig.

ÖSTERREICH: Ist die FPÖ wieder ein seriöser Gesprächspartner?

Kern: So wie andere auch. Aber ich muss eines klarstellen: Wir haben einen klaren Fokus darauf, dass alle vom Wirtschaftsaufschwung profitieren und wir bestehen auf eine Erbschaftssteuer ab einer Million Euro. Die FPÖ hat sofort Nein gesagt, weil sie eine Partei der Großgrundbesitzer und Hausherrn ist. Von einem präferierten Koalitionspartner kann also auch weiter keine Rede sein.

ÖSTERREICH: Kurz freut sich über reichen Geldsegen. Haben Sie den Verdacht, dass sich da ein paar Superreiche von der Vermögenssteuer loskaufen wollen?

Kern: Fakt ist: Es wird dir nichts geschenkt im Leben. Man muss sich nur die Politikansätze der ÖVP ansehen, um zu erkennen: die nützen vor allem den Reichen.

ÖSTERREICH: Die SPÖ lehnt den ÖVP-Vorschlag zum Sicherheitspaket ab – Stichwort Bundes-Trojaner …

Kern: Also einen Bundestrojaner im großen Stil können wir uns nicht vorstellen und Sicherheitspolitik im Wahlkampf zu diskutieren, ist immer sensibel. Aber wir brauchen bessere Möglichkeiten für unsere Polizei, Verbrecher und potenzielle Terroristen zu verfolgen und zu ermitteln. Wenn ich mir anschaue, wie krass unterbesetzt die Polizei ist, wie die Überstunden explodieren und wie es nicht gelingt, Planstellen zu besetzen, dann haben wir dort ein Problem. Hans Peter Doskozil hat hervorragend das Bundesheer gemanagt, das würde ich mir auch für das Innenressort wünschen. Wir haben den Sicherheitsminister schlechthin und nach meinem Wunsch soll Doskozil nach der nächsten Wahl auch diese Aufgabe übernehmen. Doskozils Position muss aufgewertet werden, denn es geht nicht, dass wir Hunderte Planstellen genehmigen, aber die Polizisten nicht auf der Straße sind, weil die Aufnahmeprozesse nicht funktionieren. Das ist schlechtes Management und in Doskozil haben wir einen echten Praktiker, der nicht nur Pressekonferenzen macht, sondern handelt.

ÖSTERREICH: Das heißt, sie wollen Doskozil als nächsten Innenminister und ihn zum Sicherheitsminister aufwerten?

Kern: Die genaue Ausformung werden wir sehen. Ich habe aber in Salzburg gesehen, wie voll motiviert die Bundesheer-Truppe ist, das wünsche ich mir auch für den Polizeiapparat.

ÖSTERREICH: Haben Sie Ihren Vorschlag, sich mit Eurofighter außergerichtlich zu einigen, mit Doskozil abgesprochen? Er hat ja geklagt …

Kern: Selbstverständlich. Unser Ziel muss ja sein, unser Geld wiederzubekommen. Am Prozessweg kann das Jahre dauern. Aber EADS hat uns bereits mitgeteilt, dass man an so einem Vergleich nicht interessiert ist. Das nehme ich zur Kenntnis, dann wird das bei Gericht entschieden werden.

ÖSTERREICH: Im ÖSTERREICH-Interview haben Sie eine Volksabstimmung über ihre Verwaltungsreform angekündigt. Können Sie Eckpunkte verraten?

Kern: Wir wollen in Zukunft mehr in Gesundheit, Pflege und Bildung investieren. Dazu müssen wir an anderer Stelle sparen. Das müssen wir ernst nehmen. Und damit das wieder nicht nur hinter Polstertüren verhandelt wird und eh wieder nichts weitergeht in diesem Land, brauchen wir eine Volksabstimmung, um genügend Druck aufzubauen bei einer Frage, die jahrzehntelang hängen geblieben ist.

ÖSTERREICH: Sie glauben, mit diesem Druck auch die Länder zu überzeugen?

Kern: Ich bin überzeugt, dass es so sein muss. Wir wollen beispielsweise die Umweltverträglichkeitsprüfungen oder das Wirtschaftsrecht vereinheitlichen. Derzeit ist es so, dass eine Tanzschule neunmal eingereicht werden muss, weil neun mal verschiedene Gewerbebehörden zuständig sind. Das kostet nur sinnlos Geld, sinnlos Energie und beschäftigt sinnlos Bürokraten. Natürlich wehren sich die Länder und wollen ihre Machtbereiche erhalten, deshalb brauchen wir diesen Druck einer Volksabstimmung. Letztendlich geht es aber nicht um Bund gegen Länder, sondern darum, wie wir einen effizienten Staat schaffen.

ÖSTERREICH: Sie waren der Erste, der für das Ende der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eingetreten ist. Sehen Sie sich bestätigt?

Kern: Ja, und das Unverständliche ist, dass die EU auch noch Beitrittszahlungen in der Höhe von drei Milliarden Euro leistet, damit die Türkei unsere Rechtsnormen und unsere Rechtstaatlichkeit übernimmt. Genau das wird aber jetzt mit Füßen getreten – und Europa zahlt weiter. Das kann man den europäischen Steuerzahlern so nicht erklären. Wir brauchen andere Kooperationsformen mit der Türkei.

ÖSTERREICH: Sie sind auch dafür, das finanzielle Druckmittel bei Ländern wie Ungarn oder Polen einzusetzen?

Kern: Ja, Europa ist auch eine Wertegemeinschaft und wir können es nicht akzeptieren, dass diese Länder Schritt für Schritt die Demokratie auflösen, die Pressefreiheit einschränken und die Gewaltenteilung aufheben. Da müssen wir Konsequenzen ziehen. Auch weil das Länder sind, die maßgebliche Profiteure der EU sind, denn sie kassieren Netto-Milliardenbeträge von den europäischen Steuerzahlern. Und da darf man eine entsprechende Gegenleistung verlangen – zumindest, dass sich diese Länder an die Regeln halten.

ÖSTERREICH: Soll das beim nächsten EU-Budget Thema sein?

Kern: Unbedingt.

ÖSTERREICH: Sie haben gesagt, notfalls in die Opposition zu gehen. Würden Sie auch den Vizekanzler machen?

Kern: Da ich davon ausgehe, dass wir gewinnen, ist das rein hypothetisch. Damit setzte ich mich nicht auseinander.

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