Der scheidende Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) hat am Dienstag eine selbstbewusste Bilanz gezogen.
"Ich glaube nicht, dass mir etwas wirklich misslungen wäre", sagte Khol. Zwei Ausnahmen nannte er dann doch: Die Europatage des Nationalrats und sein Lob für eine Rede von Finanzminister Karl-Heinz Grasser vom Präsidentenpult aus. Die aktuelle Führungsdebatte in der ÖVP spielte Khol herunter.
Keine Obmanndebatte
"Es gibt keine Obmanndebatte in der ÖVP ", versicherte Khol, sondern lediglich Äußerungen von " früher verdienstvollen, aber jetzt nicht mehr aktiven Funktionären" . Zuletzt hatten ehemalige VP-Granden wie Ex-EU-Kommissar Franz Fischler und Ex-Generalsekretär Michael Graff Kritik am Verhalten der Partei geübt. Auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl forderte "neue, sympathischer Gesichter" für die ÖVP.
Kein Balkon-Muppet
Khol selbst betonte, er wolle kein " Balkon-Muppet" sein und werde der Partei auch nach Abschluss seiner Parlaments-Karriere keine ungebetenen Ratschläge geben. Dementsprechend wollte er auch keine Präferenz für den Posten des Zweiten Nationalratspräsidenten nennen, den die ÖVP am Sonntag besetzen will. Im Gespräch waren zuletzt ÖAAB-Obmann Fritz Neugebauer und Niederösterreichs AAB-Chef Michael Spindelegger.
Stolz auf Konsens
Stolz ist Khol nach eigenen Angaben darauf, dass er in der Nationalrats-Präsidiale ein "konsensuales Klima" schaffen konnte. Weniger zufrieden ist der scheidende Nationalratspräsident mit den "Europatagen", die allgemein als langweilig empfunden wurden. Außerdem bedauerte Khol sein Lob für eine Grasser-Rede vom Präsidenten-Pult aus ("Karl-Heinz, das war eine brillante Rede" ). Er habe damals vergessen, sein Mikrofon auszuschalten, rechtfertigte sich Khol - immerhin sei sein Sager aber weniger deftig ausgefallen, als jener von Anton Benya in einer ähnlichen Situation ("Halt's die Gosch'n da unten!").
Ordnungsrufe wirkungslos
Unzufrieden ist Khol mit der Praxis der Ordnungsrufe im Parlament: Diese seien als Sanktion wirkungslos, der Entzug des Rederechts dagegen "viel zu drastisch". In den vergangenen vier Jahren hat es übrigens 69 Ordnungsrufe vergeben - davon 40 von Khol selbst. Besonders ärgern Khol Abgeordnete, die während der Sitzung Zeitung lesen, telefonieren: " Das Parlament ist nicht wirklich fernsehgerecht."
Guter Wein
Zumindest kulinarisch sieht Khol das Parlament aber gut aufgestellt: " Ich bin der Meinung, dass ein Parlament immer so gut ist, wie der Wein in der Cafeteria - da können wir es mit dem französischen Parlament aufnehmen."