Der entlassene Innenminister Herbert Kickl bringt im oe24.TV-Talk „FELLNER! Live“ das BVT als Drahtzieher für das Strache-Video ins Spiel.
Der entlassene Innenminister Herbert Kickl bringt im oe24.TV-Talk „FELLNER! Live“ das BVT als Drahtzieher für das Strache-Video ins Spiel.
oe24.TV: Waren Sie von dem Ibiza-Video geschockt?
Herbert Kickl: Natürlich. Und es ist auch eine gewisse Enttäuschung da. Einen Eigenbeitrag hat HC Strache ja geleistet. Zusammen mit Johann Gudenus hat er den Elfmeter aufgelegt, den andere jetzt verwerten wollen. HC Strache hat aber seine Konsequenz gezogen. Jetzt stellt sich eine ganz andere Frage: Warum wird nicht in dieser Causa ermittelt?
oe24.TV: Was meinen Sie?
Kickl: Es ist bekannt, wer das Video technisch gemacht hat. Man kennt den Anwalt, der es beauftragte. Worauf warten die Ermittlungsbehörden – wo jede Stunde Verdunkelungsgefahr besteht? Die Justiz und die Ermittlungsbehörden im Innenministerium schlafen den „Schlaf der Ungerechten“. Das sollte uns alle stutzig machen.
oe24.TV: Sie hätten als Innenminister was getan?
Kickl: Ich hätte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Ermittlungen in Gang zu bringen. Es ist doch seltsam: Ich soll ein paar Stunden nach Auftauchen des Videos das Innenressort räumen – in der Zwischenzeit sitzt dort ein Platzhalter für alte ÖVP-Seilschaften. Aus dem Innenministerium erfolgen keine Ermittlungshandlungen. Das kann Zufall sein, ich glaube aber nicht, dass es Zufall sein muss.
oe24.TV: Sie mussten Ihr Ministerium deshalb räumen?
Kickl: Es war mit der ÖVP vereinbart: HC Strache zieht sich zurück, wir definieren einen Zeitplan – und versuchen, mit einem Vizekanzler Norbert Hofer die Koalition weiterzuführen. Die Rücktrittserklärung Straches kam wie vereinbart, die Kurz-Erklärung nicht.
oe24.TV: Wann haben Sie gehört, dass der Kanzler Ihren Rücktritt fordert?
Kickl: Am Samstag wurde nach dem vereinbarten Rücktritt von HC Strache plötzlich vonseiten der ÖVP zu Norbert Hofer gesagt, Kickl muss aus dem Innenministerium weg. Die ÖVP hat den Moment genutzt, um das Innenministerium in ihre Hand zu bekommen. Wer waren die maßgeblichen Treiber? Die ÖVP Niederösterreich: Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka – und auch die steirische ÖVP, die Freunde vom Abgeordneten Amon. Wir sehen also den massiven Druck der ÖVP aus Niederösterreich nach dem Erscheinen des Videos. In vielen Medienberichten hieß es außerdem sofort: „Das kann die Arbeit eines Geheimdienstes gewesen sein.“ Vielleicht bin ich der Einzige, der eine mögliche Verbindung zum BVT-Skandal sieht. Ich will niemandem etwas unterstellen – ich zähle aber eins und eins zusammen.
oe24.TV: Das BVT soll das gewesen sein?
Kickl: Spannend ist doch, dass der Anwalt des Auftragsgebers des Videos auch der Anwalt der Herren Kloibmüller und Zöhrer* ist, gegen die im BVT-Skandal ermittelt wurde.
oe24.TV: Es ist also nicht auszuschließen, dass dahinter das BVT steht, das die Strippen gezogen hat? Hauptproduzent ist einer, der auf seiner Homepage Innenministerium und das Bundeskriminalamt als Partner nennt.
Kickl: Ich versuche nur, eins und eins zusammenzuzählen: Es gibt eine seltsame Ansammlung zeitlicher und personeller Verbindungen. Ich stelle die Frage: Könnte es eine Verbindungslinie zum BVT geben? Und die nächste Frage: Soll vielleicht das BVT diese mögliche Verbindung ermitteln? Meine Befürchtung ist jetzt, dass Ermittlungen abgedreht werden könnten. Das wäre ein perfider Machtplan, der da aufgeht. Ich weiß nicht, ob Sebastian Kurz involviert ist. Die federführenden Kräfte sitzen aber in der ÖVP Niederösterreich.
oe24.TV: Sie mussten weg, damit es keine Aufklärung gibt?
Kickl: Es gibt eine Reihe von Indizien, die das nahelegen. Und die zweite Ebene: Wir sind innerkoalitionär immer mehr aneinandergeraten, wenn es um meinen konsequenten Asylkurs ging. Da haben schwarz angemalte Grüne gegen die Regierungspolitik gearbeitet.
oe24.TV: Was sagen Sie jetzt zur Neuwahl?
Kickl: Diese Wahl hat niemand gebraucht. Kurz hat die Koalition ohne Not gesprengt. Das kostet viele Millionen Euro. Die neuen Minister haben sich zudem nie einer Wahl gestellt, und im Hintergrund arbeiten knallharte schwarze Machtstrategen, um die Infrastruktur und die Apparate der Regierung für sich auszunutzen. Die ÖVP hat halt wieder die Sprengtaste gedrückt.
oe24.TV: Alle Kabinettschefs sind ÖVP-Mitarbeiter?
Kickl: Message Control in Reinkultur! Die Experten sind ja nur für die Auslage. Und der Bundespräsident hat sich überrumpeln lassen. Zuerst habe ich gesagt „übertölpeln“ – dafür entschuldige ich mich jetzt.
oe24.TV: Sie haben aber doch in letzter Sekunde Ihren Spezi Goldgruber installiert?
Kickl: Das war nicht in der letzten Sekunde. Der Bestellungsprozess lief seit Wochen und endete eben an diesem Freitag, dem Tag, als das Video erschienen ist. Ich habe Kurz schon davor informiert, dass Goldgruber sich durchsetzen könnte. Das war für ihn kein Problem.
oe24.TV: Jetzt zum Misstrauensantrag: Werden Sie am Montag zustimmen?
Kickl: Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit. Wer einem Misstrauen ausspricht, darf sich kein Vertrauen erwarten. Die staatspolitische Verantwortung besteht jetzt darin, dass man das Machtspiel der ÖVP durchkreuzt. Kurz soll da keinen Blödsinn von Koalitionen mit der SPÖ reden. Die gibt es nicht.
oe24.TV: Peter Pilz will einen Misstrauensantrag gegen den Kanzler. Planen Sie einen gegen die gesamte Regierung?
Kickl: Es sind verschiedene Varianten im Gespräch. Ich wäre für einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung. In der Regierung sitzen ja keine Politiker außer Kurz und Gernot Blümel. Alle anderen werden von ihnen gesteuert. Will man verhindern, dass etwas vertuscht wird, müsste man wirklich unabhängige Personen einsetzen.