Die Ergebnisse der Sprachstandserhebung an 25.000 Kindergartenkindern aus fünf Bundesländern zeigen erhebliche Mängel auf. 59 Prozent der Kindergartenkinder mit Migrationshintergrund haben einen sprachlichen Förderbedarf.
15 Monate vor Schuleintritt sprechen 23 Prozent der Kinder in Österreich so schlecht Deutsch, dass sie in der Schule "gröbere Probleme" zu erwarten haben; ein Drittel davon hat Deutsch als Muttersprache.
59% Förderbedarf
Unter den Kindergartenkindern hat jedes
zehnte mit deutscher Muttersprache Förderbedarf, bei Kindern mit
Migrationshintergrund sind es 59 Prozent. Insgesamt brauchen 5.600
Kindergartenkinder spezielle Sprachförderung. Das sind die auffälligsten
Ergebnisse der "frühkindlichen Sprachstandsfeststellung" in fünf
Bundesländern vom Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE), die heute,
Dienstag, in Wien präsentiert wurden.
Jedes zweite Kind mit Problemen
In Österreich besuchen derzeit
über 90 Prozent der Fünfjährigen einen Kindergarten oder eine ähnliche
Betreuungseinrichtung, der Rest wird in der Familie oder durch eine
Tagesmutter betreut. Unter den Vier- bis Fünfjährigen, die keinen
Kindergarten besuchen, haben sogar 16 Prozent mit Erstsprache Deutsch bzw.
81 Prozent jener mit nichtdeutscher Muttersprache Förderbedarf - insgesamt
hat jedes zweite Kind Deutschprobleme.
Kindergarten von Vorteil
"Man sieht ganz deutlich, dass der
Kindergarten positive Effekte hat", sagte BIFIE-Direktor Günter Haider. Das
verpflichtende Kindergartenjahr könne allerdings nur ein Anfang sein. Denn
je länger der Besuch, umso positiver der Effekt: Bei Kindern mit Deutsch als
Erstsprache können nach einem Jahr im Kindergarten 13 Prozent schlecht
Deutsch, bei mehr als einem Jahr sind es neun.
Türkische Kinder ziehen nach
Bei Kindern mit nichtdeutscher
Muttersprache haben im ersten Jahr 77 Prozent Sprachprobleme, bei mehr als
einem Jahr im Kindergarten 43 Prozent. Vor allem der Anteil extrem
leistungsschwacher Kinder (sie erreichen maximal zehn von 30 möglichen
Punkten) sinkt bei längerem Besuch stark: von 46 auf 18 Prozent. Besondere
Sprachprobleme wurden bei Kindern türkischer Herkunft beobachtet.
Erklärungsversuch laut Petra Schneider vom BIFIE: Deren Eltern haben im
Durchschnitt niedrigere Bildung und sozioökonomischen Status. Ein weiterer,
allerdings umstrittene Erklärungsansatz: die Sprachstruktur des Türkischen
mache das Erlernen des Deutschen schwerer als etwa für jemanden mit einer
slawischen Erstsprache.
25.000 Kinder beobachtet
Für die aktuelle Studie wurden die
Deutschkenntnisse von 24.600 Kindergartenkindern in fünf Bundesländern
(Burgenland, Kärnten, Salzburg, Steiermark, Wien) vier Wochen lang
systematisch erhoben, allerdings nicht in Form von Tests, sondern im Rahmen
des normalen Alltagsbetriebs (Bilderbuch oder Bildkarten ansehen, Spielen,
Kommunikation untereinander). Jene, die keinen Kindergarten besuchen, wurden
bei einem Schnuppertag bei den gleichen Beschäftigungen beobachtet (Tests
bei 580 Kindern in Salzburg, Steiermark, Wien).
Grundlage der "frühen Sprachstandsfeststellung" ist die so genannte 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern. Der Bund sorgte für die Entwicklung eines Testverfahrens, die Länder haben sich im Gegenzug verpflichtet, dieses durchzuführen und bei Bedarf Förderung anzubieten. Die erste Testung hat im Frühling 2008 stattgefunden.