Opferanwältin Klasnic wird klären, welchen Opfern etwas zukommt. Die Kirche springt ein, wenn die Täter nicht selbst haftbar sind.
Die von Kardinal Christoph Schönborn eingesetzte Opferanwältin für die Missbrauchsfälle, Waltraud Klasnic, hat eine Zusage zur Einrichtung eines Opferfonds durch die Kirche bestätigt. Aufgabe ihrer Kommission werde es sein, bindende Empfehlungen abzugeben, wem Geld für Therapien oder Entschädigungen zukommen werde. Klasnic plant in ihrer neuen Funktion eine "Österreich-Rundfahrt ", um sich ein Bild von der Situation zu machen.
Außer Täter noch haftbar
Wie hoch der Opferfonds
dotiert sein werde, konnte Klasnic noch nicht sagen. Sie vertraut Schönborn:
"Wenn der Vorschlag von uns kommt, dann wird es sozusagen auch eine Antwort
geben. Ich habe auch das Gefühl gehabt, das ist sehr klar in diesen Tagen
ausgesprochen worden." In erster Linie werde die Kommission versuchen,
herauszufinden, ob der Täter noch belangt werden kann. "Und ansonsten wird
die Kirche einspringen", so Klasnic. Wann der Opferfonds aufgebaut wird, ist
noch unklar. "Das ist nicht meine Sache."
"Es geht nicht alles zugleich"
Derzeit ist für die
"unabhängige Opferanwältin" erst einmal die "Zeit des Sammelns und des
Zusammentragens". Seit der Bekanntgabe der Telefonnummer der
Opferanwaltschaft hätten sich bereits etliche Menschen gemeldet. Vorerst
bekommen diese allerdings ein Tonband zu hören, eine Mitarbeiterin rufe dann
zurück. "Ich werde mich vielen persönlich widmen", so Klasnic, "es wird aber
selbstverständlich nicht alles zugleich gehen".
Kernteam von maximal 7 Menschen
Klasnic will eine Gruppe
zusammenzustellen, "mit der es möglich ist, dass sie in einem Team
arbeiten". Wobei es viele Angebote gebe. "Das eine sind Menschen, die sagen,
sie wollen mithelfen", so die Opferanwältin. Besonders in den Bundesländern
seien Mitarbeiter gefragt. "Aber es muss auch so etwas geben wie einen fixen
Kreis, was Kommission heißt oder Beratungsteam. Das werden fünf bis sieben
Personen sein und die werden in diesen Tagen schon kontaktiert. Mit denen
werde ich jetzt einmal selber sprechen." Auf Klasnics Wunschliste:
Psychologen, Richter, Juristen, Pädagogen und generell
kommunikationserfahrene Menschen.
Geldsumme noch offen
Bis Ende April soll die Kommission
vorgestellt werden. "Wenn diese Gruppe steht, müssen wir uns auch einen
Arbeitsmodus suchen. Wir müssen eine Richtlinie haben, wie wir miteinander
umgehen, wer was kann und in welcher Form das ermöglicht werden soll. Ich
bin jemand, der eigentlich sehr gern in einer Gruppe arbeitet", so die
Kommissionsvorsitzende. Ob alle im Team - wie Klasnic - ehrenamtlich
arbeiten werden, kann die ehemalige steirische Landeshauptfrau nicht
beantworten. So würden wohl Spesen anfallen, auch die Erstellung von
Gutachten könne man nicht ausschließen. Auch die Höhe der von Schönborn
zugesicherten "finanziellen Ausrüstung" ist noch offen.
"Muss nicht alles neu erfinden"
Um eine stärkere
Vernetzung mit den diözesanen Ombudsstellen zu erreichen, plant Klasnic eine
Tour durch die Bundesländer im Mai oder Juni. "Das habe ich mir
vorgenommen." Geplant ist zumindest ein Aufenthalt in den
Landeshauptstädten. Dort gelte es dann, ein "Gesprächsplatzerl" zu finden,
wo man in Ruhe reden könne. Im Vorhinein schließt Klasnic kirchliche Stellen
aus. Auch ein Runder Tisch mit den bestehenden Ombudsleuten ist in Planung,
"denn man muss ja nicht alles neu erfinden".
Lange überlegen hat Klasnic nicht müssen, als am Freitag vor einer Woche die Anfrage Schönborns im Zug von Wien nach Graz kam. "Meine Frage war, bin ich unabhängig, bin ich berichtspflichtig, gibt es Weisungen? Und nachdem der Herr Kardinal gesagt hat, 'Nein, Sie sind frei', ist mir das Ja leichter gefallen." Die Aufgabe sei unbefristet, Klasnic rechnet damit, dass sich in den ersten zwei Jahren sehr viel bewegen werde. "Vielleicht hilft es, wenn wir unsere Aufgabe in den nächsten Jahren gut erfüllen, dass das Vertrauen in die Kirche wieder gefestigt wird", so die Hoffnung.
Die plötzliche Welle an Missbrauchsmeldungen überrascht Klasnic nicht unbedingt. "Da ist es mir, glaube ich, gegangen wie vielen Menschen. Dass man nicht so blauäugig sein darf und glaubt, das ist nur in Amerika so." Die Opferanwältin hofft nun, "dass wir in der Gruppe für manche Systeme einiges an Vorschlägen erarbeiten können und Systemänderungen kommen". Der Zölibat ist nicht der größte Kritikpunkt der bekennenden Katholiken an ihrer Kirche. "Mein Hauptanliegen sind die geschiedenen Wiederverheirateten. Da hat die Kirche großen Handlungsbedarf."
Ihre Kritiker bittet Klasnic erst einmal um Geduld. "All jene, die schon vorher Kritik üben, bitte ich und lade ich ein, nicht nur mitzuhelfen, sondern auch die Ergebnisse abzuwarten." Man werde sich auch bemühen, mit diesen Kontakt herzustellen. Auch mit "Kirche In"-Herausgeber Rudolf Schermann, der sich einen "objektiven Atheisten" an Klasnics Stelle gewünscht hätte: "Ich habe schon nachgedacht. Es hat mir nur noch niemand gesagt, wo der Herr Pfarrer Schermann wohnt. Ich kenne ihn nicht. Und ich glaube nicht, dass er Atheist ist. Er ist Pfarrer."